# taz.de -- Militärbischof über Töten und Moral: "Merkels Satz war unbedacht"
       
       > Militärbischof Martin Dutzmann findet es befremdlich, dass die Kanzlerin
       > Freude über den Tod von Osama bin Laden geäußert hat. Denn auch dessen
       > Würde sei unantastbar.
       
 (IMG) Bild: Darf man sich über Bin Ladens Tod freuen, so richtig? Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Pfarrerstochter.
       
       taz: Herr Dutzmann, haben Sie sich gefreut über die Tötung von Osama bin
       Laden? 
       
       Martin Dutzmann: Nein, ich kann mich über den Tod eines Menschen nicht
       freuen, egal wie er heißt, wer er ist oder was er gemacht hat. Das
       verbietet uns auch der christliche Glaube - ebenso wie das Grundgesetz, das
       erklärt, die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt auch für Osama
       bin Laden.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat öffentlich gesagt: "Ich freue mich
       darüber, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten." Schockiert Sie ein
       solcher Satz einer Kanzlerin? 
       
       Ich finde diesen Satz befremdlich. Wir leben in einem demokratischen
       Rechtsstaat. Das Grundgesetz und seine Präambel sollten uns leiten.
       Deswegen sind wir auch aus gutem Grund gegen die Todesstrafe. Es steht dem
       Menschen nicht zu, Leben zu nehmen. Ich kann allerdings verstehen, dass die
       Angehörigen der Opfer vielleicht in gewisser Weise nun erleichtert sind.
       Die Nachricht vom Tod bin Ladens könnte eine Zäsur in ihrer
       Leidensgeschichte sein.
       
       Sollte sich die Kanzlerin für ihren Satz entschuldigen? 
       
       Ich fände es gut, wenn sie zu erkennen gäbe, dass sie eigentlich eine
       differenziertere Meinung zur Tötung bin Ladens hat.
       
       Zeugt das von einer Prinzipienlosigkeit oder Herzenskälte, wenn man sagt,
       man freue sich über den Tod eines Menschen? 
       
       Das Wort "Herzenskälte" finde ich hier falsch. Merkels Aussage war wohl
       schlicht unbedacht. Dieser Satz kam wahrscheinlich aus dem Impuls, sagen zu
       wollen, dass der Tod bin Ladens ein entscheidender Schritt im Kampf gegen
       den Terror sein könnte. Die Kanzlerin hat da zu wenig bedacht, dass dabei
       ein Mensch gestorben ist.
       
       Aber das ist doch seltsam für eine Pfarrerstochter. 
       
       Die Atmosphäre war an diesem Tag so aufgeheizt, das würde ich ihr
       zugutehalten. Ich bin sicher, die Kanzlerin ist zum Tode bin Ladens zu
       einer differenzierten Aussage fähig.
       
       Darum bemüht sich derzeit ihr Regierungssprecher. 
       
       Es ist gut, dass die Bundesregierung sich jetzt um eine erkennbar ethisch
       verantwortete Sprachregelung bemüht. Aber ich würde daraus jetzt keine
       Staatsaffäre machen.
       
       Der Vatikan hat erklärt: "Angesichts des Todes eines Menschen freut sich
       ein Christ nie." Stimmen Sie dem zu? 
       
       Selbstverständlich. Eine gute Nachricht wäre es gewesen, wenn bin Laden
       festgenommen und einem ordentlichen Gerichtsverfahren zugeführt worden
       wäre.
       
       Erleben Sie das als Militärbischof bei Bundeswehrsoldaten, dass die sich
       freuen, wenn ein Feind getötet wurde? 
       
       Das habe ich noch nie erlebt.
       
       5 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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