# taz.de -- Chinas Facebook-Clon "Renren" an der Börse: Das Prinzip Hoffnung
       
       > Die Chinesen sind Marc Zuckerberg voraus. Ihren Facebook-Klon haben sie
       > jetzt an die Börse gebracht. Und versprechen sich davon vor allem eins:
       > viel Geld.
       
 (IMG) Bild: Ist zwar geklont, macht aber nix: Applaus für den Börsenstart.
       
       Das chinesische Online-Netzwerk [1][Renren] ist am Mittwoch an der New
       Yorker Börse gestartet. Der Wert der Unternehmens-Aktien stieg schon am
       ersten Tag um ein Drittel. Nur wenige Tage zuvor war [2][Qihoo 360
       Technology], das drittgrößte chinesische Internet-Unternehmen, erfolgreich
       an die Börse gegangen.
       
       Das chinesische Internet-Portal hatte, wie [3][US-Medien übereinstimmend
       berichteten], die Deutsche Bank sowie die Investmentbanken Morgan Stanley
       und Credit Suisse beauftragt, den Börsengang vorzubereiten.
       
       Die Strategie chinesischer Unternehmen, sich einen Platz in der ersten
       Reihe zu sichern, um auch ausländische Investoren zu gewinnen, ist
       verständlich, hat doch der Branchenprimus Facebook angekündigt, bald eine
       [4][chinesische Version] anzubieten. Facebook will mit der chinesischen
       [5][Suchmaschine Baidu] kooperieren.
       
       Facebook und andere "social-network"-Unternehmen planen ebenfalls den
       Börsengang. Die Chinesen sind ihnen jetzt eine Nasenlänge voraus. Ob ihnen
       das jedoch von Nutzen sein wird, ist strittig. Der Marktwert von
       Unternehmen, deren Geschäftsidee zum großen Teil auf der Datenspionage
       besteht und daraus, das Online-Verhalten von Nutzern kommerziell
       auszubeuten, ist mehr eine Spekulationsblase als von Fakten untermauert,
       was ihrer Attraktion bei Finanzjongleuren jedoch keinen Abbruch tut.
       
       ## Der "Mark Zuckerberg Chinas"
       
       Renren ist das größte chinesische "social networking"-Unternehmen im
       Internet. Die Gründer waren Stundenten aus China, die an Universitäten in
       den USA ausgebildet worden waren, wie [6][Wang Xing] , der "Mark Zuckerberg
       Chinas", wie er genannt wird. Wang verkaufte sein Portal Xiaonei, das bei
       der Gründung 2005 vor allem für Studenten gedacht war, schon nach einem
       Jahr an das chinesische Konsortium Oak Pacific Interactive. Vor zwei Jahren
       wurde Xiaonei ("studentisches Netz") dann in Renren ("Netz für alle")
       umbenannt.
       
       Im April 2011 hatte RenRen nach [7][eigenen Angaben] 31 Millionen aktive
       Nutzer. Allein sieben Millionen sollen im ersten Quartal dazugekommen sein.
       Diese Angaben scheinen äußerst zweifelhaft, da der steile Anstieg der
       Nutzerzahlen "zufällig" vor dem geplanten Börsengang nicht zu der
       Entwicklung in der Vergangenheit passt und Renren seine eigenen Angaben
       schon mehrfach nach unten korrigiert hatte. Ein Experte der chinesischen
       [8][Firma Analysys], die die Marktchancen von Unternehmen im Internet
       analysiert, hält zehn Millionen Nutzer bei Renren für wahrscheinlicher, da
       viele mehrere Accounts besäßen, ein Problem, das Facebook ebensowenig lösen
       kann - und auch nicht will.
       
       Die Hälfte aller US-Bürger, die online sind, haben auch einen Account bei
       Facebook - mehr als 100 Millionen. In China sind zwischen 280 und 500
       Millionen Menschen online - verlässliche Quellen gibt es nicht. Von denen
       sind aber weniger als zehn Prozent bei Renren. Der Bösengang lebt also auch
       vom Prinzip Hoffnung, die Dinge könnten sich in China ähnlich entwickeln
       wie in den USA.
       
       ## Renren verdient fast nur an Online-Games
       
       Facebook und Renren trennen zudem mehr Dinge als sie gemeinsam haben.
       Facebook erlaubt externen Firmen, mit ihren eigenen Zusatzangeboten -
       mittlerweile mehr als 100.000 - technisch anzudocken. Renren hingegen
       verhält sich sehr restriktiv und hat bisher nur rund 1.000 "Applications"
       zugelassen. Auch bei den Spielen, die das chinesische "Netz für alle",
       anbietet, setzt man primär auf eigene Entwicklungen. Ein wesentlicher Teil
       der Einnahmen von Facebook generiert sich über den Anteil an den Profiten
       der Drittanbieter, bei Renren sind es mehr die Einnahmen über die eigenen
       Online-Games.
       
       Renren muss sich daher weniger vor Facebook als vor Konkurrenten aus dem
       eigenen Land fürchten, wie etwa [9][Kaixin], das ebenfalls in diesem Jahr
       den Gang an die Börse plant. Kaixin ist vor allem deshalb in China populär,
       weil es ein internes Spiel anbietet, das dem Browser-Spiel FarmVille von
       Zynga gleicht, einer virtuellen Bauenhof-Simulation in Echtzeit.
       
       Facebook hat FarmVille mittlerweile integriert und damit ein Vielfaches an
       Nutzern gewonnen als die technische anspruchsvollere 3D-Welt Second Life.
       Das chinesische FarmVille bei Kaixin war aber früher da als die
       US-amerikanische Variante - wer hier vom wem abgekupfert hat, kann nicht
       mehr festgestellt werden.
       
       ## Wer schert sich schon um Moral?
       
       Der Börsengang Renrens macht vor allem Sinn vor dem Hintergrund der
       massiven Internet-Zensur in China. Der Zugang zu Facebook ist den Chinesen
       versperrt. US-amerikanische Investoren interessieren sich aber für den
       riesigen chinesischen Markt, den sie daher nur über ein chinesisches
       "Social Network" erreichen können.
       
       Die Internet-Zensur hat für Chinas Markt die Funktion von Schutzzöllen. Da
       sich der Profit auch im kapitalistischen China um Moral nicht schert, kann
       sich die chinesische Regierung langfristig darauf verlassen, dass
       ausländische Unternehmen in chinesische Internet-Firmen investieren, nicht
       trotz, sondern gerade wegen der Zensur.
       
       Dieses Modell muss aber nicht automatisch funktionieren. Nach dem Hype in
       der 3D-Welt "Second Life" im Frühjahr 2007 hatte China sofort seine eigene
       Version [10][HiPiHI] angeboten, Avatare, die in Mandarin chatten. Während
       die Nutzerzahlen von Second Life seitdem langsam aber stetig stiegen,
       dümpelt HiPiHi, bei dem zudem Cybersex verboten ist, erfolglos vor sich
       hin.
       
       5 May 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.renren.com
 (DIR) [2] http://finance.yahoo.com/q?s=QIHU
 (DIR) [3] http://www.bloomberg.com/news/2011-02-19/renren-china-s-largest-social-networking-site-is-said-to-plan-u-s-ipo.html
 (DIR) [4] http://www.bloomberg.com/news/2011-04-11/facebook-reaches-deal-for-china-site-with-baidu-sohu-com-says.html
 (DIR) [5] http://it.sohu.com/map.shtml
 (DIR) [6] http://images.businessweek.com/ss/08/10/1008_asia_young_entrepreneurs/19.htm
 (DIR) [7] http://online.wsj.com/article/SB10001424052748704729304576286903217555660.html#ixzz1KqsoJPb8
 (DIR) [8] http://english.analysys.com.cn/
 (DIR) [9] http://www.kaixin001.com/
 (DIR) [10] http://www.hipihi.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Burkhard Schröder
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Twitter / X
       
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