# taz.de -- Energiepolitik nach Fukushima: Japan steht zur Atomkraft
       
       > Drei Reaktoren im AKW Hamaoka werden abgeschaltet, das war's dann aber
       > auch schon. Trotz Fukushima und Erdbebengefahren hält die japanische
       > Regierung unbeirrt an der Kernkraft fest.
       
 (IMG) Bild: Die Gefahren kann man nicht sehen: Videostandbild aus Fukushima Daiichi.
       
       TOKIO dapd | Trotz der Havarie im Kernkraftwerk Fukushima bekennt sich die
       japanische Regierung weiterhin zur Kernenergie. "Unsere Energiepolitik hält
       an der Atomkraft fest", sagte der stellvertretende Regierungssprecher,
       Yoshito Sengoku, am Sonntag im Rundfunksender NHK. Pläne, weitere Reaktoren
       neben denen im Atomkraftwerk Hamaoka stillzulegen, habe die Regierung
       nicht.
       
       Wegen des großen Erdbeben- und Tsunami-Risikos hatte der japanische
       Ministerpräsident Naoto Kan den Kraftwerksbetreiber Chubu am Freitag
       aufgefordert, drei Reaktoren in Hamaoka abzuschalten, bis zusätzliche
       Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Rechtlich bindend war das Ersuchen jedoch
       nicht.
       
       Die Aufforderung an Chubu sei eine Ausnahme und bedeute keine Abkehr der
       japanischen Regierung von der Kernenergie, sagte Sengoku. Bei den anderen
       Atomkraftwerken des Landes gebe es keine Sicherheitsbedenken. "Das ist
       unsere wissenschaftliche Schlussfolgerung im Moment", erklärte Sengoku.
       
       Chubu vertagte seine Entscheidung über die Stilllegung der drei Reaktoren
       in Hamaoka vorerst. Man sei bei einem Treffen am Samstag zu keiner
       Entscheidung gekommen und wolle die Frage nach dem Wochenende erneut
       diskutieren, sagte Unternehmenssprecher Mikio Inomata.
       
       ## Sicherheitsüberprüfung aller 54 Atomkraftwerke
       
       Nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami am 11. März und der
       anschließenden Atomkrise in Fukushima hatte die japanische Regierung die
       Überprüfung der Sicherheitssysteme aller 54 Atommeiler des Landes
       angeordnet.
       
       Das Kernkraftwerk Hamaoka liegt in der Präfektur Shizuoka 200 Kilometer
       westlich von Tokio und bereitet den Behörden seit Jahren Sorgen. Kan
       verwies darauf, dass der Region nach Berechnungen von Experten mit
       90-prozentiger Wahrscheinlichkeit in den nächsten 30 Jahren ein schweres
       Erdbeben droht. "Das macht Hamaoka zu einem außergewöhnlichen Fall", sagte
       der Regierungschef am Sonntag. Er bat die Geschäftsführung von Chubu um
       Verständnis.
       
       Der Energiekonzern befürchtet jedoch mögliche Engpässe bei der
       Stromversorgung, sollten die drei Reaktoren abgeschaltet werden. Sie seien
       für über zehn Prozent der Leistung des Unternehmens verantwortlich, sagte
       Sprecher Inomata. Chubu erwartet im Sommer eine Nachfrage von 26 Millionen
       Kilowatt. Mit den drei Reaktoren könnte das Unternehmen bis zu 30 Millionen
       Kilowatt in die Stromnetze einspeisen.
       
       "Es könnte eng werden", sagte Inomata. Das Unternehmen erwäge nun, den
       Ausstoß seiner Gas-, Öl- und Kohlekraftwerke zu erhöhen und
       Stromkontingente von anderen Versorgern zu kaufen.
       
       Die japanische Regierung befürchtet vor allem, dass das an der Küste
       gelegene Atomkraftwerk Hamaoka einem erneuten Tsunami schutzlos
       ausgeliefert sein könnte. Bislang verfügt die Anlage über keine Betonmauer
       gegen eine mögliche Springflut.
       
       ## Sandhügel sollen Atommeiler vor Tsunami schützen
       
       Nach Angaben von Chubu seien die zehn bis 15 Meter hohen Sandhügel zwischen
       Küste und Kraftwerk jedoch hoch genug, um den Atommeiler vor den
       Wassermassen zu schützen. Der Tsunami, der am 11. März in der Nuklearanlage
       Fukushima-Daiichi erhebliche Schäden anrichtete, war nach Angaben des
       Kraftwerksbetreibers Tepco rund 14 Meter hoch.
       
       Unterdessen genehmigte die Regierung in Tokio am Sonntag die Pläne von
       Tepco, nach denen Arbeiter in den kommenden Tagen ein neues Kühlsystem im
       Gebäude von Reaktor 1 in Fukushima-Daiichi installieren sollen. Die
       Strahlenwerte seien mittlerweile so weit gesunken, dass Techniker in
       Schutzanzügen die Anlage zumindest zeitweise betreten könnten, hatte Tepco
       zuvor erklärt. Bereits am Donnerstag hatten Arbeiter mehrere Luftfilter im
       Gebäude des Reaktors 1 eingesetzt.
       
       "Unserer Einschätzung nach hat sich das Umfeld derart verbessert, dass
       Menschen die Anlage nun betreten und dort arbeiten können", teilte der
       Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde, Hidehiko Nishiyama, am
       Sonntag mit. Bis zum frühen Montag werde nun das Haupttor des Gebäudes
       offen gelassen, sagte Tepco-Sprecher Junichi Matsumoto. Dadurch könne
       Radioaktivität entweichen, die Strahlung sei jedoch zu gering, um
       gesundheitliche Schäden zu verursachen.
       
       Den Glauben an die Unbedenklichkeit der Atomkraft haben die Demonstranten
       in Tokio schon lange verloren. Am Samstag gingen in der japanischen
       Hauptstadt erneut Tausende Menschen gegen die Kernenergie auf die Straße.
       Sie zogen durch das Einkaufsviertel Shibuya und skandierten Parolen wie
       "Keine Atomkraftwerke!"
       
       8 May 2011
       
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