# taz.de -- Kommentar Ausschreitungen Ägypten: Eine kollektive Schande
       
       > Nach den Ausschreitungen in Kairo muss die Mehrheit die Minderheit als
       > gleichberechtigte Bürger akzeptieren. Das ist eine kulturhistorische
       > Aufgabe.
       
       Es ist eine tiefe Schande für die arabisch-muslimische Welt, wie die
       Christen in der Region behandelt werden. Auf dem Papier sind diese meist
       gleichberechtigte Staatsbürger, in Wirklichkeit aber gelten sie als
       "suspekte Elemente". 50 Jahre nach dem Ende des Kolonialismus werden
       Christen wieder misstrauisch beäugt als späte Zöglinge der Kreuzritter, als
       willfährige Handlanger westlicher Imperialisten, denen man jede Untat
       zutraut.
       
       Für Islamisten, Salafisten oder Wahhabiten sind sie Agenten des Westens,
       deren vornehmstes Ansinnen es ist, den Ruhm des Islams zu beflecken und die
       Herrschaft des Korans zu brechen. Es reicht das Gerücht, dass eine
       Konvertitin gegen ihren Willen in einer Kirche festgehalten werde, um ein
       Gotteshaus in Brand zu setzen und Menschen zu töten.
       
       Diesem Irrsinn aus religiöser Verblendung, abgrundtiefem Aberglauben und
       kalkuliertem islamistischem Terror fallen seit Jahrzehnten immer wieder
       Kopten in Ägypten zum Opfer. Das ist nicht allein die isolierte Gewalt
       einiger Verblendeter, es ist vielmehr das Versäumnis einer ganzen
       Gemeinschaft, einer ganzen Region und Religion, dass solche Taten geschehen
       können.
       
       Die Christen in der arabischen Welt werden seit Jahrzehnten gezwungen, ihre
       Heimat zu verlassen. Im Irak sind sie nur noch eine minimale Minderheit, in
       Saudi-Arabien und den Golfstaaten sind sie kaum geduldet, in Palästina und
       Israel zwingt sie israelischer Besatzungsterror und muslimischer
       Konformitätsdruck zur Flucht. Nie war der Exodus der arabischen Christen so
       dramatisch wie heute.
       
       Die christlich-muslimischen Beziehungen waren im Laufe der Geschichte mal
       konfrontativ, mal kooperativ, Verfolgung und Wertschätzung lösten einander
       ab. Heute geht es darum, dass die muslimische Mehrheit die arabischen
       Christen als gleichberechtigte Bürger akzeptiert und aufhört, sie zum
       Sündenbock zu stempeln. Das ist eine kulturhistorische Aufgabe für die
       arabische Revolution.
       
       8 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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