# taz.de -- Arabische Revolution: Der Protest wird zur Routine
       
       > Wieder sind Tausende nach dem Freitagsgebet auf der Straße – in Ägypten
       > für Einheit von Muslimen und Christen, in Syrien und Jemen gegen das
       > Regime.
       
 (IMG) Bild: Solidarität mit den Palästinensern auf dem Tahrir-Platz in Kairo.
       
       KAIRO taz | Es ist die übliche Choreografie der arabischen Revolution. Nach
       den Freitagsgebeten brodelt es allerorten. In der Kairoer Innenstadt
       versammeln sich wieder tausende von Demonstranten. Sie haben bereits viel
       erreicht. Mitte der Woche wurde die U-Haft des gestützten Pharaos Mubarak
       um weitere 15 Tage verlängert.
       
       An diesem Freitag geht es den Demonstranten um zwei Themen: Solidarität mit
       den Palästinensern ist das eine. Gleichzeitig wird aber auch vor der
       eigenen Tür gekehrt und nach den Anschlägen auf Kirchen letztes Wochenende
       im Kairoer Armenviertel Imbaba die nationale Einheit beschwört. Schilder
       mit Halbmond und Kreuz gehören zur Grundausstattung. Zahlreiche Holzkreuze
       zeugen vom neuen Selbstbewusstsein der vor allem jungen koptischen
       Christen.
       
       "Früher wollten meine Kinder immer auswandern. Jetzt haben sie als Christen
       das erste Mal das Gefühl dazuzugehören. Das hat die Revolution erreicht",
       meint der koptische Intellektuelle Kamal Zakhr. "Die Anschläge auf die
       Kirchen drohen dieses neue Gefühl zunichte zu machen und uns wieder an den
       Nullpunkt zurückzubringen", fürchtet er.
       
       Genau das ist der Grund, warum an diesem Tag wieder viele in Kairo auf die
       Straße gehen. "Der Angriff auf die Kirchen und auf die Christen wird als
       ein Angriff auf die Revolution betrachtet. Auch der Imam, der auf dem
       Tahrirplatz die Freitagspredigt hält, zieht diese Schlussfolgerung: "Ist es
       nicht absurd, dass der Tahrir und das Palästinaproblem uns hier eint und
       zusammenbringt, während das Thema Konfessionen uns trennen soll?", fragt er
       in seiner Predigt.
       
       Während Ägypten und Tunesien ihre Revolution verteidigen, stellt sich im
       Rest der arabischen Welt die Frage, welcher Diktator als Nächster stürzt
       und wie lange und blutig dieser Prozess sein wird. Ganz oben auf der
       Abschussliste stehen der Syrer Baschar al-Assad, der Jemenite Abdullah
       Saleh und der Libyer Muammar al-Gaddafi.
       
       ## Kultur des Widerstands in Syrien
       
       Das syrische Regime knöpft sich derzeit eine aufständische Stadt nach der
       anderen vor. Dort marschieren zunächst die Sicherheitskräfte ein. Dann
       folgt die Verhaftungswelle. Das UN-Menschenrechtsbüro spricht inzwischen
       von 700 bis 800 Toten in Syrien. Trotzdem brechen immer wieder neue
       Aufstände aus, der letzte in der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo, wo es
       bisher ruhig geblieben war.
       
       In Syrien hat sich inzwischen eine Kultur des Widerstands durchgesetzt, die
       Baschar al-Assad nicht mehr in den Griff bekommt. Aber das Regime in
       Damaskus hält noch viele Karten in der Hand. Wenn es wirklich in der Ecke
       steht, kann es an der konfessionellen und ethnischen Vielfalt des Landes
       zündeln. Das hätte verheerende Folgen. Es wird voraussichtlich ein langer
       blutiger Sommer in Damaskus.
       
       Im Jemen steht Präsident Abdullah Saleh mit dem Rücken zur Wand. Laut einem
       Plan des Golfkooperationsrats soll er binnen von 30 Tagen abtreten, dann
       erhält er Straffreiheit. Innerhalb von zwei Monaten soll dann gewählt
       werden. Noch zögert Abdullah und zählt auf seine Repressionsinstrumente.
       Allein in den letzten zwei Tagen kamen 19 Menschen ums Leben. Aber auch
       hier scheint die Repression nicht fähig, die Proteste zu unterdrücken.
       
       Später am Nachmittag auf dem Tahrirplatz, irgendwo zwischen den Protesten
       für einen palästinensischen Staat und für die nationale Einheit in Ägypten,
       verbreitet sich wie ein Lauffeuer die Nachricht, dass Suzanne Mubarak nun
       ihrem Söhnen in die U-Haft folgt. Die ehemalige First Lady muss sich wegen
       schweren Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten. Die Tausenden auf
       dem Platz jubeln noch einmal fast so laut, wie damals bei Mubaraks
       Rücktritt. Und das ist gerade einmal 92 Tage her.
       
       13 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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