# taz.de -- Bank-Analyst über EU-Rettungspakete: "In Griechenland investieren"
       
       > Hilfen für Griechenland und Portugal rentieren sich für Deutschland, sagt
       > Bank-Analyst Folker Hellmeyer. Die EU-Kommission sollte große Firmen zu
       > einem "Runden Tisch Investitionen" einladen.
       
 (IMG) Bild: Griechenland ist nicht verschwenderisch, sondern spart sich um Kopf und Kragen. Deutschland profitiert.
       
       taz: Herr Hellmeyer, in der Eurokrise plädieren Sie dafür, Griechenland
       weiter zu unterstützen. Warum sollen deutsche Steuerzahler dem zustimmen,
       wenn gleichzeitig griechische Beamte feudale Gehälter erhalten? 
       
       Folker Hellmeyer: Das Bild der verschwenderischen Griechen stimmt nicht
       mehr. Dort wird gegenwärtig die härteste Reform durchgesetzt, die sich ein
       Industrieland seit Langem zumutet. Erfolge in der Defizitreduktion und
       Deregulierung sind bereits gegeben.
       
       Den Deutschen verlangen die Bundesregierungen seit zehn Jahren
       Sparmaßnahmen ab. Das Stichwort ist Hartz IV. Erscheint es da politisch
       nicht ratsam, von Griechenland Ähnliches zu fordern, statt mehr Geld zu
       bewilligen? 
       
       Mit einem Medikament allein ist Griechenland nicht zu helfen. Deutschland
       kann als Modell dienen, um die internationale Konkurrenzfähigkeit
       wiederherzustellen. Das weiß die griechische Regierung, sie orientiert sich
       am deutschen Vorbild. Mit Erfolg: Die griechischen Exporte steigen. Im
       ersten Quartal verzeichnete die Wirtschaft sogar ein leichtes Wachstum.
       Doch man darf die Sparpolitik nicht übertreiben.
       
       Was schlagen Sie vor? 
       
       Die EU-Kommission sollte einen runden Tisch mit den großen europäischen
       Konzernen einberufen und beraten, wie sich deren Investitionen in
       Griechenland verstärken ließen. Damit könnte man der dortigen Wirtschaft
       unter die Arme greifen.
       
       Warum sollten die Unternehmen diesem Ruf Folge leisten? 
       
       Angesichts des starken Wachstums unter anderem in Deutschland ist es für
       manche Firmen allmählich schwierig, Fachkräfte in ausreichender Zahl
       anzuwerben. In Griechenland sind augenblicklich dagegen viele Arbeitskräfte
       erwerbslos. Die EU könnte außerdem Anreize für derartige Investionen aus
       ihren bestehenden Fonds zahlen.
       
       Was werden die deutschen Arbeitslosen sagen, wenn wir nicht nur Geld,
       sondern auch noch Arbeitsplätze in die Schuldenländer schicken? 
       
       Bei uns sinkt die Erwerbslosigkeit schnell - dieses Jahr unter drei
       Millionen. Durch Investitionen in Griechenland oder Portugal würde dieser
       Prozess nicht verlangsamt. Die weltweite Nachfrage nach deutschen Produkten
       ist so groß, dass alle davon profitieren könnten.
       
       Griechenland spielt für den deutschen Export kaum eine Rolle. Warum
       plädieren Sie dafür, das Land zu retten? 
       
       Fällt Griechenland, steht die Integrität der Eurozone infrage. In diese
       Länder aber verkaufen wir 60 Prozent unserer Exporte. Deshalb ist es
       lebenswichtig, einen Flächenbrand zu verhindern.
       
       Wie muss man sich diese Kettenreaktion vorstellen? 
       
       Würde Athen zahlungsunfähig und stiege möglicherweise aus der Eurozone aus,
       bestünde eine ähnliche Gefahr durch spekulative Attacken am Finanzmarkt für
       Irland, Portugal, Spanien und Italien. Wenn uns aber diese Euromärkte
       verloren gehen, sind wir in Deutschland schnell wieder bei fünf Millionen
       Arbeitslosen.
       
       Wie viel sollen wir uns die Rettung kosten lassen - noch mal 30 oder 40
       Milliarden Euro? 
       
       Bisher bezahlt Deutschland gar nichts, sondern erhält Zinsen für seine
       Hilfskredite. Vielleicht braucht Griechenland zusätzliche 90 Milliarden
       Euro, was die Hilfen auf insgesamt 200 Milliarden erhöhen würde. Wenn man
       die Hälfte davon tatsächlich als Verlust verbuchen müsste, was
       voraussichtlich nicht nötig sein wird, bedeutete dies gemäß dem
       europäischen Verteilungsschlüssel für Deutschland Kosten von rund 20
       Milliarden Euro. Im Falle einer Systemkrise Europas dagegen würden wir viel
       mehr verlieren.
       
       16 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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