# taz.de -- French Open 2011: Glutenfrei ins Glück
       
       > Weil er bewusster trainiert und gesünder isst, ist der Serbe Novak
       > Djokovic zum Favoriten der French Open geworden. Seriensieger des Jahres
       > ist er bereits.
       
 (IMG) Bild: Manchmal doch noch ein bisschen der Clown: Novak Djokovic bei einem Showmatch vor dem Start der French Open.
       
       In Serbien kann man den Beginn der French Open kaum erwarten. Denn in
       Paris, wo er am Sonntag seinen 24. Geburtstag gefeiert hat, erwartet man
       von Novak Djokovic nichts weniger, als dass er auf den Tennisthron steigt.
       Schon der Einzug ins Finale würde dem Belgrader reichen, um die 405 Punkte,
       die ihn von Rafael Nadal in der Weltrangliste trennen, aufzuholen.
       
       Doch die Serben wollen mehr: Sie wollen alles von Djokovic. Es geht nicht
       mehr allein um Turniersiege, es geht um Rekorde, um Tennisgeschichte. Kann
       Djokovic den Argentinier Guillermo Vilas übertreffen, der seit 1977 den
       bisher längsten Lauf im Tennis mit 46 Siegen en suite hält? Kann er alle
       vier Grand Slams in dieser Saison holen? Die Australian Open hat er schon
       gewonnen.
       
       Nach sieben Turniersiegen seit Jahresbeginn, nach 37 Siegen hintereinander
       - saisonübergreifend sind es sogar 39 Siege -, nachdem er dreimal den
       Schweizer Roger Federer und viermal Nadal geschlagen hatte, scheint alles
       möglich zu sein. Zuletzt schlug der Serbe den "Sandplatzkönig" Nadal auf
       dessen Lieblingsbelag in Rom und Madrid klar in zwei Sätzen. Logisch, dass
       Novak Djokovic auch in Paris als der Favorit schlechthin gilt.
       
       ## Vollkommen überlegen
       
       Momentan sieht es tatsächlich so aus, als ob Djokovic, der "ein Tennis wie
       von einem anderen Planeten spielt", wie Kritiker loben, und auch physisch
       vollkommen überlegen erscheint, von niemandem aufzuhalten ist.
       
       Vor dem Turnier in Paris machte er einen Zwischenstopp in Cannes, wo er
       anlässlich der Vorführung von Jodie Fosters Film "The Beaver" mit Freundin
       Jelena Ristic auf dem roten Teppich posierte; und mit Topmodel Naomi
       Campbell nahm er bei einer Modeschau für Wohltätigkeitszwecke teil.
       
       So tennisbesessen war Serbien nicht einmal, als Ana Ivanovic 2008 die
       French Open gewann und kurzfristig die Nummer eins geworden war. Wenn Novak
       Djokovic in diesem Jahr spielt, steht in Serbien alles still: Auf den
       Straßen ist kaum Verkehr, Geschäftstermine werden verschoben. Alle hocken
       vorm Fernseher und durchleben jeden Schlag mit "Nole", so sein Spitzname,
       selbst diejenigen, die sich sonst für Sport nicht interessieren.
       
       Wenn der "Imperator von Rom" und "Bezwinger von Nadal" auf den Platz tritt,
       sind die soziale Misere im Lande, die unstabile politische Lage vergessen.
       Man identifiziert sich mit "Novak dem Schrecklichen". Wenigstens er zeigt
       es der ganzen Welt. Der Tennisprofi ist ein Nationalheld geworden.
       
       ## Vom Clown zur todernsten Kampfmaschine
       
       Djokovic sei ein völlig anderer Spieler als in der vergangenen Saison,
       jubelt die serbische Presse. Er geriet früher oft außer Atem, hatte
       Probleme bei langen Ballwechseln, bei hohen Temperaturen, war nicht schnell
       genug. Nur die Tennislegende John McEnroe erkannte schon vor zwei Jahren in
       Djokovic den möglicherweise besten Spieler aller Zeiten.
       
       Seit er glutenfreie Produkte zu sich nehme, habe sich alles verändert,
       erklärt Djokovic: seine Kondition, er habe an Masse verloren, an
       Schnelligkeit gewonnen und habe weniger Probleme mit Heuschnupfen. Doch
       auch charakterlich hat er sich geändert: statt des Witzbolds steht auf dem
       Platz eine todernste Kampfmaschine.
       
       Die Nation platzt vor Stolz. "Manche Länder haben Erdöl, und wir haben
       Nole", sagte Serbiens Außenminister Vuk Jeremic, der zufällig in in Rom
       war, als Djokovic im Finale spielte. Zu Hause gilt Djokovic als großer
       Patriot, eine Kappe oder T-Shirt mit serbischen Staatssymbolen hat er immer
       parat. Niemanden stört es, dass er seine Steuern in Monte Carlo zahlt. Man
       gönnt ihm die rund 25 Millionen Euro allein an Preisgeldern.
       
       Djokovic stehe für ein "positives, lachendes und erfolgreiches" Serbien, er
       verändere das seit zwei Jahrzehnten schlechte Kriegsimage des Landes, heißt
       es von Analytikern der "Nole-Mania". Auf der Tennistour überspannt er nie
       die von Sponsoren geforderte politische Korrektheit. Stets fair, höflich
       und bescheiden, immer mit einem Lob für die Kontrahenten, ist Djokovic für
       serbische Medien der "beste Botschafter, den Serbien je hatte". Fehlt nur
       noch der Diplomatenpass. Aber der ist wohl schon in Auftrag gegeben.
       
       23 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Ivanji
       
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