# taz.de -- Sturm Graz' dritter Meistertitel: Zurück unter Österrreichs Großen
> Erst die Höhenflüge der 90er, dann die Insolvenz. Sturm Graz musste auf
> die Talente seiner Klub-Jugend vertrauen. Mit Erfolg: Nach 12 Jahren ist
> man wieder Meister.
(IMG) Bild: Triumph nach dem Spiel am Mittwoch: Grazer Team mit Meisterscheibe.
Es war, als hätte man gerade den Weltmeistertitel geholt. Spieler, Trainer,
Funktionäre, Fans lagen sich vor Freude in den Armen, als durch
Schiedsrichter Oliver Drachta der Schlusspfiff im Spiel gegen Wacker
Innsbruck ertönte. Mit einem 2:1-Sieg hatte sich Sturm Graz in der 36. und
letzten Runde der österreichischen Bundesliga zum dritten Mal in der
Klubgeschichte den Meistertitel gesichert.
Mittelfeldspieler Mario Kienzl brachte es auf den Punkt: "Wir haben
gezittert bis zum Schluss. Wir haben die drei großen Vereine Salzburg,
Austria und Rapid hinter uns lassen können, das macht die Sache umso
schöner." Sturm hat zwölf Jahre keine Meisterschaft mehr gewonnen, "es ist
wieder Zeit geworden". Verteidiger Ferdinand Feldhofer ergänzte: "Es ist
ein Märchen, wir haben heute Geschichte geschrieben."
Ein negativer Beigeschmack bleibt jedoch nach dem 2:1 gegen Wiener Neustadt
in der vorletzten Runde. Die Staatsanwaltschaft prüft den Fall des
Ex-Sturm-Spielers Edin Salkic, der den Grazern mit einem merkwürdigen
Handspiel einen Elfmeter kurz vor Ende des Spieles bescherte. Das Spiel
steht unter Betrugsverdacht, da auf dem asiatischen Wettmarkt auffällig
hohe Summen auf einen Sturm-Sieg gesetzt wurden.
Der Titel heuer kam überraschend, wenn man die Situation der letzten Jahre
betrachtet. Nach den großen Erfolgen Ende der 90er-Jahre mit den ersten
beiden Meistertiteln, drei Cupsiegen und den beachtlichen Darbietungen in
der Champions League folgte der totale Zusammenbruch, sowohl finanziell als
auch sportlich. Der Konkursantrag im April 2006 war der Tiefpunkt des
Klubs.
Auch sportlich spielte man zwischenzeitlich gegen den Abstieg. Wegen der
Millionenverluste läuft im Moment ein Gerichtsverfahren gegen den
ehemaligen Sturm-Präsidenten Hannes Kartnig, dem unter anderem Betrug und
Steuerhinterziehung vorgeworfen werden. Nach dem freiwilligen
Sanierungsverfahren im Oktober 2006 setzte man aufgrund der geringen
finanziellen Mittel zwangsläufig auf junge Talente aus dem eigenen
Nachwuchs.
Dass man für Erfolge keine teuren Legionäre erwerben muss, bewies schon der
Cupsieg im Vorjahr. Der Nachteil an solchen Coups ist allerdings, dass
viele dieser Nachwuchsspieler den Verein aufgrund verlockender Angebote
anderer Klubs schnell verlassen. Franco Foda, seit 2006 Trainer bei Sturm,
musste in jeder Saison wegen der vielen Abgänge ein neues Team mit
vorwiegend jungen Spielern formen.
## Zum Ausbildungsverein geworden
"Sturm Graz ist ein Ausbildungsverein geworden. Ziel ist es, junge Talente
nach oben zu bringen, und irgendwann wagen sie den nächsten Schritt", sagt
der gebürtige Mainzer. "Der Titel in dieser Saison ist weit höher
einzuschätzen als damals, weil es jetzt einfach nicht vorhersehbar war und
die Möglichkeiten ganz andere waren als in den 90er-Jahren, als sich Sturm
noch viele Nationalspieler leisten konnte."
Am Tag des Triumphs sprach niemand mehr von der damaligen Krise. Tausende
Fans feierten ihre Helden im Stadion und in der Stadt. Neben dem
sportlichen Erfolg scheint nun auch die finanzielle Zukunft gesichert. Mit
dem Automobilzulieferer Magna wurde jetzt für drei Jahre eine
Zusammenarbeit fixiert. Präsident Gerald Stockenhuber bestätigte ein
Jahresbudget von 11 Millionen Euro für die kommende Saison.
Bei einer Qualifikation für die Champions League würde sich das Budget um
weitere 1 bis 2 Millionen Euro erhöhen. Dass der Meistertitel selbst rund
550.000 Euro inklusive Meisterfeier kostet, ist laut Stockenhuber schon
eingeplant.
Sturm Graz darf also wieder besseren Zeiten entgegenblicken. Die Frage ist
nur, ob der Verein wegen des momentanen Höhenflugs nicht wieder in den
altbekannten Leichtsinn verfällt.
26 May 2011
## AUTOREN
(DIR) Richard Mussbacher
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