# taz.de -- Kommentar Afghanistan: Die Uhr läuft
       
       > Dass die Nato nicht in der Lage ist, zivile Opfer zu vermeiden, sorgt für
       > berechtigte Empörung. Zugleich säen die Taliban mit ihren Attentaten das
       > Misstrauen unter den Truppen.
       
       Diese Eskalation war vorauszusehen. Wie jedes Jahr um diese Zeit ist die
       Frühjahrsoffensive der Taliban mal wieder im vollem Gange - und die Nato
       schlägt blutig zurück. Für Afghanistan war es deshalb ein rabenschwarzes
       Wochenende.
       
       Im Norden kamen bei einem Selbstmordattentat am Samstag neben zwei
       afghanischen Polizeichefs auch zwei Bundeswehrsoldaten ums Leben. In der
       Südprovinz Helmand sowie im Nordosten des Landes wiederum sollen insgesamt
       52 Zivilisten und Polizisten "aus Versehen" durch Nato-Feuer getötet worden
       sein: 52 Menschen, zu deren Schutz das westliche Militärbündnis mal
       ausgerückt war.
       
       Dass die Nato nicht in der Lage ist, zivile Opfer zu vermeiden, sorgt für
       berechtigte Empörung und schürt den Widerstand gegen sie. Zugleich säen die
       Taliban mit Selbstmordattentätern, die sich unerkannt unter heimische
       Sicherheitskräfte mischen, das Misstrauen unter den Truppen.
       
       Westliche Strategen behaupten, die Taliban stünden in ihren Hochburgen im
       Süden und Osten des Landes so stark unter Druck, dass sie jetzt in den
       Norden auswichen. Doch mit ihren Selbstmordattentätern, die sich mit
       afghanischen Uniformen tarnen, legen sie die Schwachstellen der Nato und
       ihrer lokalen Partner erbarmungslos offen. Mit dem Polizeichef Mohammed
       Daud Daud gelang es den Taliban einen Warlord zu töten, dem beim Rückzug
       der Nato aus dem Norden eine Schlüsselrolle zugedacht war: Er dürfte schwer
       zu ersetzen sein.
       
       Friedensgespräche mit den Taliban sind kaum über erste Anfänge
       hinausgekommen. So lange das so bleibt, demonstrieren beide Seiten erst
       einmal ihre Stärke. Sollten der Trend zu "Kollateralschäden" der Nato sowie
       zu Selbstmordattentaten der Taliban anhalten, könnte dies den Abzugsplan
       der Nato durcheinanderbringen, die Niederlage wäre dann bald unabwendbar.
       Denn zu einer weiteren Eskalation dürfte kaum ein westliches Land mehr
       bereit sein. Für die Nato läuft am Hindukusch die Uhr.
       
       29 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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