# taz.de -- Aufgewertetes Hammerbrook: Kunst in der Bredouille
       
       > Im ehemaligen Kraftwerk Bille haben sich Künstler angesiedelt. Nun will
       > Eigentümer Vattenfall das Areal neu vermieten um Hammerbrook weiter
       > aufzuwerten.
       
 (IMG) Bild: Das Gelände des ehemaligen Kraftwerks Bille: Noch sind Künstler unterwegs.
       
       Mitten im Hammerbrooker Industriegebiet, gegenüber der Stadtreinigung,
       liegt am Bullerdeich das alte Kraftwerk Bille. Steht man vor der
       Gebäudefront, kommt man nicht auf die Idee, dass sich hinter dem alten
       Klinkerbau ein Komplex mit sechs Häusern auf 16.250 Quadratmetern(
       )erstreckt. Es handelt sich um ein Labyrinth aus dunklen Kellern und
       riesigen Hallen - größtenteils marode und nicht mehr begehbar. Im Laufe der
       Zeit siedelten sich mehrere kleine Betriebe, Werbeagenturen, Musiker und
       Künstler in den Gebäuden an.
       
       Diese Gebäude will die Eigentümerin Vattenfall jetzt verpachten und hat
       einen Wettbewerb für mögliche Nutzungskonzepte ausgerufen. Die
       Bewerbungsfrist läuft am 1. Juni ab. Gesucht wurden Nutzungskonzepte für
       den ganzen Standort, die Künstler haben aber weder die Möglichkeiten noch
       das Know-how, ein solch komplexes Konzept zu erstellen und fürchten um ihre
       Atelierplätze. Im Juli soll die Entscheidung getroffen werden.
       
       Der Gebäudekomplex wurde im Jahr 1900 von den Hamburger Electrizitätswerken
       errichtet. Vattenfall übernahm die Gebäude 2002 mit dem Kauf von HEW. Jetzt
       stehen große Teile leer.
       
       Die Malerin Tanja Hehmann hat zusammen mit den anderen Künstlern eine
       Initiative gegründet, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen. Von den
       ehemals 40 Künstlern sind nur noch 20 geblieben, deren Ateliers überall auf
       dem Gelände verteilt sind. Die 20 Künstler seien gegangen, weil die
       Situation so ungewiss sei und es keine neuen Verträge gebe, sagt Hehmann.
       
       Seit Jahren schon wolle Vattenfall die alten Gebäude sanieren, aber die
       gelegentlichen Arbeiten seien wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Der
       Energiekonzern habe wohl gehofft, dass sich die Sanierung durch die Mieten
       finanzieren ließe, aber das Geld hätte längst nicht gereicht.
       
       Vor allem klagen die Künstler, dass sie in den Wettbewerb kaum eingebunden
       worden seien. Ihre Situation sehen sie als exemplarisch für die Situation
       der freien Szene in Hamburg: "Hamburg ist auf dem besten Weg, seine
       Vielfalt zu verlieren und langweilig zu werden", sagt Christoph Rauch,
       ebenfalls Mitglied der Initiative. "Die Kultur hier geht den Bach runter,
       es geht nur noch ums Geldverdienen." Erst vor Kurzem hätten wieder Künstler
       ihre Ateliers im Ausschläger Weg verlassen müssen, weil dort ein Hostel
       gebaut werde.
       
       Das Ziel Vattenfalls ist es, die Gebäude am Bullerdeich "zu einem Ort der
       Impulse mit besonderer Ausstrahlung für ganz Hamburg" zu machen. Es gehe
       nicht um Gewinnmaximierung, sondern darum, den Geschichtscharakter des
       Komplexes zu erhalten, sagte Projektleiter Bastian Gottschling. "Wir
       stellen uns eine Mischung aus Wissenschaft, Energie, Sport und Kultur vor,
       dabei wird die Kunst nicht zwangsweise im Vordergrund stehen."
       
       Die eingereichten Konzepte würden mit einem Kriterienkatalog abgeglichen,
       indem auch der Anspruch der Mieter berücksichtigt werde, sagt Gottschling.
       Natürlich könne man nicht garantieren, dass der auserwählte Nutzer die
       Künstler dort bleiben ließe, da es dafür keine vertragliche Bindung geben
       werde.
       
       Bei der Frage, warum Vattenfall die Nutzung auf zehn bis 15 Jahre begrenzt
       hat, gehen die Meinungen auseinander. Christoph Rauch sieht einen
       Zusammenhang mit den Plänen der Stadt, Hammerbrook weiter aufzuwerten: "Sie
       brauchen nur jemand zur Zwischennutzung und dann verkaufen sie." Der
       Künstler will nicht Teil dieses Prozesses sein: "Die Künstler werden selber
       zu Stadtentwicklern, indem sie bei Projekten, die der Stadt helfen, Viertel
       aufzuwerten, mitmachen - Ich würde mich schämen."
       
       Nachdem mit dem Bürostandort "City Süd" am Heidekampsweg neue Büros und
       Geschäfte entstanden sind, wird auch das übrige Hammerbrook immer
       gefragter. Vattenfall wirbt mit in seinem Exposé damit, "einen
       zukunftsweisenden Impuls für nachhaltige Stadtentwicklung des Hamburger
       Südostens im 21. Jahrhundert" zu setzen. Der Energiekonzern begründete
       seine Entscheidung, die Pacht zeitlich zu begrenzen damit, sicher gehen zu
       wollen, dass seine Vision des Ortes auch umgesetzt werde.
       
       Anfang Mai hat die Künstlerinitiative Bullerdeich ein Schreiben
       herausgegeben, in dem sie den Verbleib aller Künstler zu den derzeitigen
       Mietkonditionen fordert. Darüber hinaus setzen sie sich für zusätzliche
       Flächen für Künstler ein. Kunst habe schon immer zum Werteerhalt von
       ehemaligen Industriearealen beigetragen und dem Image der Stadt Hamburg
       würde es gut tun, ein Haus zu haben, in dem sich Kunst etablieren könne.
       
       Ihr Profil schickte die Initiative an mehrere Politiker und an alle
       Wettbewerbsteilnehmer, von denen sie wussten. Bisher kam noch keine
       Antwort.
       
       31 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lea Zierott
       
       ## TAGS
       
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