# taz.de -- Kolumne Meer: Salat macht schwach
       
       > Männer essen Hack, Frauen essen Salat. Ob das grüne Zeug gesund ist, weiß
       > kaum jemand. Salat macht schlank, schwach und zementiert
       > Geschlechterrollen.
       
 (IMG) Bild: Dünner Hals, Kopf leicht abgeknickt: Püppchen spielt die Rolle der schwachen Frau perfekt.
       
       Mehrheitlich erkranken und sterben Frauen an Ehec. Auch wenn noch unklar
       ist, wie der Erreger wirkt und ob es andere geschlechtsspezifische
       Implikationen gibt – eines ist klar: Die Durchschnittsfrau [1][isst mehr
       Salat] als der Durchschnittsmann.
       
       Das dicke Mädchen aus der Nachbarschaft erzählt stolz von der neuen
       Diät-Idee: Eisbergsalat. Der ist so schön süß und hat keine Kalorien. Ach,
       ein bisschen Majonäse drauf, sonst schmeckt es ja nach gar nichts.
       Majonäsenmädchenrechnung.
       
       Ob das leckere grüne Zeug gesund ist, weiß niemand so richtig. Nicht mal
       sonderlich viele Ballaststoffe soll Salat enthalten. Er sei so gesund "wie
       ein Blatt Papier mit Wasser", sagen manche Ernährungswissenschaftler.
       
       Papier, lecker! Manche essen das gern mal, um was im Bauch zu haben und
       eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Oder mit Orangensaft getränkte
       Wattebällchen. Millionen Menschen in Deutschland, immer noch mehrheitlich
       Frauen, essen ihr Leben lang reduziert. Machen Diäten. Machen sich Gedanken
       über ihr Gewicht. Kotzen, leiden, sind mit ihrem Körper nicht im Lot. Sind
       unfrei.
       
       Auch weil es in einer patriarchal geprägten Mediengesellschaft Mainstream
       ist, dass Frauen schön sind. Und weiterhin gilt: schlank ist schön. Ein
       fetter Mann kann mit dem Finger auf die fette Frau zeigen, ohne dass ihm
       das vorgeworfen wird. Ein fetter Mann kann gut Karriere machen, eine fette
       Frau hat es da schon schwerer. [2][Lookismus], wie in der linken Szene
       dieses Diskriminierungsmerkmal genannt wird, betrifft in erster Linie
       Frauen.
       
       Frauen gehen auf hohen Absätzen. Damit können sie auf kleinere Menschen
       herabsehen. Absätze machen auch eine "gute Haltung". Besonders beliebt:
       lange, schlanke Beine auf Stiletto-Absätzen. Da kann so manchem Hetero-Mann
       einer abgehen. Und anderen auch. Solches "sexy" oder zumindest "ästhetisch"
       zu finden, ist unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung weit
       verbreitet.
       
       So schön solche Model-Bilder sind: Fest stehen und schnell und lange
       laufen, das geht mit Absätzen nicht. Bei längeren Strecken ist – oft
       männliche – Hilfe nötig.
       
       Gerhard Schröder und Joschka Fischer sind körperlich klein. Absätze
       brauchen diese beiden Macker nicht. Mächtige Männer sind sie dennoch, erst
       in der Politik, dann in der Wirtschaft. Über Helmut Kohl sagte man, er
       besiege seine politischen Gegner, indem er sie "unter den Tisch" esse.
       
       ## Absätze machen schwach. Lebenslanges Hungern auch
       
       Absätze machen schwach. Lebenslanges Hungern auch. Die Bilder, die Frauen
       schwach machen und die ihnen solche Rollen zuweisen, sitzen tief. Sie
       werden überall vermittelt, oft von früh an. In den Medien, in der Peer
       Group, als Spielzeug.
       
       Nur mit beherztem Handeln lassen sich solche Bilder überwinden. Wir
       brauchen mehr Eat-Ins! Frauen, und alle, die sich als solche fühlen: Esst
       mehr Junk! Esst mehr Fett! Trinkt mehr Öl! Be pesticide!
       
       1 Jun 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://thehairpin.com/2011/01/women-laughing-alone-with-salad/
 (DIR) [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Lookism
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Seeliger
       
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