# taz.de -- Pakistans Enthüllungsjournalist Shahzad: Verfolgt, überwacht, getötet
       
       > Der Journalist Shahzad deckte die Beziehungen zwischen pakistanischem
       > Militär und al-Qaida auf. Kaum war sein Buch erschienen, brachte man ihn
       > um.
       
 (IMG) Bild: Zwischen Wut und Entsetzen: Journalisten fordern in Hyderabad die Bestrafung der Mörder von Shahzad.
       
       ISLAMABAD taz | In seinem [1][letzten Artikel] hat Syed Saleem Shahzad am
       vergangenen Freitag über die enge Verbindung zwischen Pakistans Militär und
       dem Terrornetzwerk al-Qaida geschrieben. Drei Tage zuvor war sein jüngstes
       Buch mit dem Titel "Inside al Qaida and the Taliban: Beyond Osama bin Laden
       and 9/11" erschienen.
       
       Am Sonntagabend wurde der bekannte pakistanische Journalist in Islamabad
       entführt. Er war auf dem Weg zu einer Fernsehtalkshow, in der er von seinen
       Recherchen berichten sollte. Am Dienstag wurde seine Leiche rund 150
       Kilometer südöstlich der Hauptstadt in einem Straßengraben gefunden. Sein
       Körper wies schwere Folterspuren auf.
       
       Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte er vor kurzem
       erzählt, er werde vom pakistanischen Geheimdienst ISI bedroht, verfolgt und
       überwacht. Auch bei anderen Adressen machte sich der dreifache
       Familienvater mit seinem investigativen Journalismus keine Freunde. 2006
       war er bereits im südafghanischen Helmand von den Taliban als angeblicher
       Spion entführt worden. Die ließen ihn aber nach einer Woche wieder frei.
       
       Shahzad hatte sehr gute Kontakte zu islamistischen Terrorgruppen, aber auch
       hervorragende Quellen im pakistanischen Geheimdienst und Militär. Er
       schrieb für die in Hongkong registrierte Online-Publikation Asia Times und
       für die italienische Nachrichtenagentur Adnkronos (AKI).
       
       Im Oktober 2008 schrieb er auch einen Text für die von der taz
       herausgegebene deutschsprachige Ausgabe der Monatszeitung Le Monde
       diplomatique über die pakistanischen Taliban und ihren Einfluss in
       Afghanistan. Durch die Tätigkeit für ausländische Medien hatte er mehr
       Freiheiten als anderen pakistanische Journalisten.
       
       ## Direkter Kontakt zwischen Marine und al-Qaida
       
       Shahzads letzte Geschichte, die als Zweiteiler angelegt war, beschreibt
       detailliert, wie al-Qaida die pakistanische Marine infiltriert. Der
       Anschlag auf einen Stützpunkt der Marineflieger am 22. Mai in Karatschi war
       danach ein Racheakt al-Qaidas für die Verhaftung einiger Marine-Offiziere,
       die mit der Terrororganisation sympathisierten.
       
       Shahzad berichtete auch davon, dass al-Qaida und die Marine in direktem
       Kontakt standen und Verhandlungen führten, die die Armee vor
       Vergeltungsschlägen der Islamisten schützen sollte. Der zweite Teil der
       Geschichte von Shahzad stand noch aus.
       
       Pakistans Militär und sein Geheimdienst werden immer wieder beschuldigt,
       islamische Terrorgruppen systematisch zu unterstützen.
       
       Trotz der langen Liste von getöteten Journalisten in Pakistan – seit Januar
       2010 sind es laut "Reporter ohne Grenzen" einschließlich Shahzad 16, was
       Pakistan zu einem der gefährlichsten Länder für Journalisten macht, stellt
       der Mord an ihm eine neue Qualität dar. Shahzad ist international anerkannt
       und war auch in der Vergangenheit immer wieder ermahnt worden, nichts zu
       schreiben, was gegen die nationalen Interessen Pakistans verstoßen könnte.
       
       ## Clinton mischt sich ein
       
       Nun erregt sein Fall über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit.
       US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte Shahzads Entführung und
       Ermordung und erklärte: "Seine Berichterstattung über Terrorismus und
       Geheimdienstthemen in Pakistan haben die Probleme verdeutlicht, die der
       Extremismus für Pakistans Stabilität bedeutet."
       
       Clinton begrüßte die von Pakistans Regierung angekündigte Untersuchung.
       Premierminister Yusuf Raza Gilani hatte zuvor versprochen, die
       Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Zugleich setzte die Regierung
       eine Belohnung von umgerechnet 30.000 Dollar aus.
       
       Bei Shahzads Beerdigung in seiner Heimatstadt Karatschi am Mittwoch zeigten
       sich pakistanische Journalisten vom Versprechen der Regierung
       unbeeindruckt. Sie verwiesen darauf, dass bei solchen Untersuchungen noch
       nie etwas herausgekommen ist. Kein Wunder, steht der Militärgeheimdienst
       ISI, der jetzt als Hauptverdächtiger gilt, doch in der Praxis sowohl über
       dem Gesetz wie über der Regierung.
       
       Umso ungewöhnlicher war, dass der ISI zu Shahzads Ermordung Stellung nahm.
       Der Vorfall "sollte nicht dazu benutzt werden, auf den Sicherheitsdienst
       des Landes zu zielen und ihn schlechtzumachen", mahnte ein Sprecher, der
       nicht genannt werden wollte. Er nannte die Vorwürfe "haltlos" und
       bezeichnete entsprechende Medienberichte als "unprofessionell". Shahzad
       dagegen bezahlte professionelle Recherchen mit dem Leben.
       
       3 Jun 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.atimes.com/atimes/South_Asia/ME27Df06.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Tandler
 (DIR) S. Hansen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Handy von Bin Ladens Kurier ausgewertet: Osamas geheime Ladenhüter
       
       Ein sichergestelltes Handy von bin Ladens Kurier verrät Kontakte des
       Al-Qaida-Chefs zum pakistanischen Geheimdienst. Clinton droht Pakistan mit
       dem Entzug von Militärhilfe.
       
 (DIR) Raketenangriff in Pakistan: US-Drohne tötet al-Qaida-Anführer
       
       Ilyas Kashmiri ist einer der meistgesuchten Terroristen weltweit. Der
       Pakistaner kam angeblich durch eine US-Drohne ums Leben. Kein Kommentar
       dazu aus dem Weißen Haus.
       
 (DIR) Kommentar Pakistan: Pakistans ISI-Problem
       
       Saleem Shahzad wurde vermutlich vom pakistanischen Geheimdienst ISI
       entführt und ermordet. Dieser Geheimdienst ist zu einer Bedrohung geworden
       – für Pakistan.
       
 (DIR) Pakistans Geheimdienst: Die Schattenregierung
       
       Hat Pakistans Geheimdienst Osama bin Laden gedeckt? Oder hat er nur
       geschlafen? Kritiker sehen ihn ihm ein Machtmittel des Militärs, um
       Islamisten zu fördern.