# taz.de -- "Die Welt von Vice" auf ZDF.kultur: Harry Potters Hoden
       
       > Das ZDF zeigt die besten Reportagen der letzten Jahre aus dem
       > "Vice"-Universum. Zum Start gehts in einen New Yorker
       > Schwulen-Lederfetischclub, danach nach Nordkorea.
       
 (IMG) Bild: Auch für Journalisten ist Nordkoreas Grenze schwer zu durchdringen. Nicht so für die "Vice"-Reporter.
       
       "Es passiert nichts Normales in dem Land", sagt Shane Smith über Nordkorea.
       Vorher hat der amerikanische Journalist sein Hotelzimmer schon mal
       vorsorglich nach Wanzen durchsucht und festgestellt, dass seine Etage, die
       einzig bewohnte ist – von 47. Überall wo er sonnenbebrillt mit Kameramann,
       Dolmetscher und Sicherheitsteam im Laufe seiner Recherche auftaucht, ob
       Teeladen, Karaoke-Bar oder Restaurant, trifft er auf Menschen, die tun als
       sei dies eine nette, spontane Überraschung und doch über jeden Handgriff
       und Schritt minutiös instruiert worden sind.
       
       Dass es Smith, der 1994 gemeinsam Gavin McInnes und Suroosh Alvi in
       Montreal das Vice-Magazin gründete, gelungen ist in das wohl am besten nach
       außen abgeschottete Land der Welt zu reisen und dort auch noch die Kamera
       laufen zu lassen, grenzt schon an eine kleines journalistisches Wunder.
       Wobei die ebenso subjektiven wie provokanten Reportagen von Vice seit jeher
       genau dahin schauen, wohin sich die etablierte Berichterstattung eher
       selten verirrt, ob in die Bürgerkriegsgebiete Afrikas oder überfüllte
       mexikanische Gefängnisse.
       
       Über die Jahre hat sich das werbefinanzierte kostenlose Magazin - heute
       sind es über 30 Büros weltweit - eine bemerkenswerte globale
       Publikationsbasis geschaffen. Von dem dichten Netzwerk, profitieren über
       900.000 Leser zwischen Brasilien und Russland. Anhängig sind noch ein
       eigener Fernsehsender im Netz "VBS.tv", sowie diverse Aktivitäten in den
       Bereichen Film und Musik bis hin zum eigenen Verlag "Vice Books". Die
       deutsche Ausgabe von Vice gibt es seit 2005 mit monatlich bis zu 100.000
       Lesern.
       
       ## Blick in einen Schwulen-Lederfetischclub
       
       Umso bemerkenswerter, dass gerade das als Seniorenheimat verschriene ZDF
       nun Formate des Szenemagazins auf dem jüngst gestarteten digitalen
       Spartenkanal ZDF.kultur adaptiert hat: "Die Welt von Vice" startet mit
       einer etwas behäbigen, aber nicht uninteressanten Folge über New York am
       Sonntag um 23 Uhr. Der Zuschauer darf einen Blick in den
       Schwulen-Lederfetischclub "Eagles Nest" werfen, indem Vice-Reporter Thomas
       Morton gleichmal gründlich der "Harry-Potter-Look" ausgetrieben wird. Aber
       dafür darf Morton dann später seinen Hoden kamerawirksam in ein enges
       Lederkorsett zwängen. Danach werden die Künstler Vito Acconci und Genesis
       P. Orridge jeweils zu Schaffen und Stadt befragt.
       
       Am 12. Juni folgt dann der herrlich absurde Nordkorea-Besuch von Shane
       Smith, den dieser letztlich mit den Worten kommentiert: "This is a time
       machine". Ohnehin scheint die zweite Folge repräsentativer für die gesamte
       Reihe zu sein. Im Lauf der zehnteiligen Reihe – jeweils ortsgebunden, nach
       Nordkorea geht es nach Israel/Palästina und Liberia – werden "die besten
       Reportagen aus den letzten fünf Jahren" gezeigt, ausgewählt von der
       deutschen Redaktion um Chefredakteur Tom Littlewood, der auch den Moderator
       gibt. Bereits für die diesjährige Doku-Reihe "Wild Germany" auf ZDF_neo gab
       es eine Kooperation zwischen Magazin und Sender.
       
       Der Senderchef von ZDF.kultur, Daniel Fiedler betont bei der "wichtigen
       Kooperation mit Vice", dass es eben "nicht nur um Inhalt, sondern auch um
       Haltung" geht. Beides werden die mal absurd-lustigen, mal verrückten und
       oft auch bitteren Bilder der Vice-Kamera mit Sicherheit liefern.
       
       "Die Welt von Vice", ab 5.6., 23 Uhr, ZDF.kultur
       
       5 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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