# taz.de -- Manipulationen im italienischen Fußball: Schlafmittel für den Verteidiger
       
       > In Italien weitet sich der Wettskandal aus: Nach Spielern sollen auch
       > Politiker und die Mafia verwickelt sein. In einem Büro wurden Schecks in
       > Höhe von 400.000 Euro gefunden.
       
 (IMG) Bild: Eskortiert von zwei Polizisten: Giuseppe Signori.
       
       "Wetten wir, dass wir gewinnen?" Dieser Spruch schwebte am Freitag über
       einer Play-Out-Begegnung der Serie B zwischen Piacenza und Albinoleffe.
       Piacenza ist einer der Leidtragenden des aktuellen Betrugsskandals im
       italienischen Fußball. Der Operation "Last Bet" zufolge wurden mindestens
       18 Spiele der abgelaufenen Saison manipuliert.
       
       Atalanta - Piacenza im März 2011 ging mit gütiger Mithilfe von Piacenzas
       Verteidiger Carlo Gervasoni 3:0 für Atalanta aus. Gervasoni hatte
       Atalanta-Angreifer Cristiano Doni stümperhaft im Strafraum gefoult und so
       zur zwischenzeitlichen 2:0-Führung der Bergamasken beigetragen.
       
       Gervasoni und Doni sollen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Cremona zu
       einer Großgruppe von Wettbetrügern gehören, die eine Over-Wette über mehr
       als zwei Tore auf ihrem Tippschein ankreuzte und dafür einige zehntausend
       Euro einsetzte. Gervasoni war am Freitag angesichts der aufgebrachten Fans
       lieber nicht im Stadion.
       
       ## "Er ist spielsüchtig"
       
       Cristiano Doni hingegen verfügt noch über Rückhalt. "Er ist eine Säule des
       Vereins. Er würde uns so etwas nicht antun. Und wartet ab, es wird ausgehen
       wie vor zehn Jahren", meldete sich ein Atalanta-Tifoso in der Gazzetta
       dello Sport zu Wort. Vor zehn Jahren schon war der siebenfache
       Nationalspieler in einen Wettskandal verwickelt, wurde dann aber
       freigesprochen.
       
       "Er ist spielsüchtig", charakterisierte ihn ein anonym bleiben wollender
       Fußballfunktionär in der römischen Tageszeitung Repubblica. Der Anonymus
       holte weiter aus: "Das gesamte System ist krank. Es gibt Profis, die am
       Samstag auf die Spiele wetten, die sie am Sonntag bestreiten, um ihren
       Geliebten Geschenke machen zu können. Auch Spielervermittler, Trainer und
       sogar Präsidenten zocken."
       
       Vermutungen über den Sumpf im Wettgeschäft konnte man schon lange
       anstellen. 2010 deckte die Operation "Golden Goal" ein Netzwerk von
       korrupten Spielern und Exspielern und von der Mafia kontrollierten
       Wettannahmestellen auf. Der Betrugsprozess gegen Juventus-Manager Luciano
       Moggi, der 2006 zum Zwangsabstieg der alten Dame führte, begann ebenfalls
       mit Hinweisen auf Wettmanipulationen. Beim jüngsten Fall wird das schiere
       Entsetzen noch von einem Staunen über die gewaltigen Potenziale von
       Niedertracht und Selbsttäuschung überboten.
       
       ## Munterer Reigen der Spieleverschieber
       
       "Nur aus Liebe zur Mannschaft und zum Verein" habe sich der Sportdirektor
       vom italienischen Drittligisten Ravenna Calcio an einigen
       Spielmanipulationen beteiligt, gab dessen Anwalt der Presse bekannt. Nur
       aus Geldgier muss sich Ex-Nationalspieler Giuseppe Signori aus Bologna
       darauf eingelassen haben. In einem Büro, das zu der laut Staatsanwaltschaft
       von Signori angeführten Bologneser Wettgruppe gehörte, wurden Schecks in
       Höhe von 400.000 Euro gefunden. Sie dienten als Sicherheit für die
       Wetteinsätze.
       
       Als betrügender Betrogener geht Gervasoni in die Annalen ein. Er erlitt im
       Herbst letzten Jahres nach der Heimfahrt von einem Spiel seines damaligen
       Vereins Cremonese einen Autounfall, weil ein Mitspieler ihm Schlafmittel in
       die Drinks gemischt hatte. Wenige Monate später lenkte der zu Piacenza
       gewechselte Profi dann das Spiel gegen Atalanta in die von den
       Hintermännern gewünschte Richtung.
       
       Im munteren Reigen der Spieleverschieber taucht mit Ismet Mehmeti auch ein
       Politiker auf. Der Gründer der albanischen Kleinpartei LKSH prahlte
       zwischen den Wettabsprachen mit einem Empfang beim italienischen
       Außenminister Franco Frattini. Weil der Staatsanwaltschaft zufolge im
       Hintergrund Geldwäscher der Mafia agiert haben sollen, waren alle Elemente
       der üblichen Aufführung von "Korruption im Bel Paese" mit von der Partie.
       Verwundert ist da niemand mehr.
       
       6 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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