# taz.de -- Buch über Tierphilosophie: Der kulturell sezierte Frosch
       
       > Bernd Hüppaufs Buch "Vom Frosch. Eine Kulturgeschichte zwischen
       > Tierphilosophie und Ökologie" fesselt zu Beginn. Später enttäuscht es
       > jedoch durch Stereotype.
       
 (IMG) Bild: Wofür steht der Frosch?
       
       BERLIN taz | Groß und grün prangt er auf der Jutetasche, andächtig küsst
       ihn die Schildkröte, über den beiden schweben rote Herzen: "Schützt unsere
       Umwelt", steht darunter. Der Frosch ist ein Symbol für ökologisch korrektes
       Verhalten.
       
       Dass das nicht immer so war, lesen wir in Bernd Hüppaufs Buch "Vom Frosch.
       Eine Kulturgeschichte zwischen Tierphilosophie und Ökologie". Das
       "zwischen" ist wörtlich zu nehmen. Denn das komplexe Feld der
       Tierphilosophie wird in der Einleitung nur kurz angerissen, und auch das
       letzte Kapitel, "Der Ökofrosch", fällt deutlich knapper aus als die übrigen
       Abschnitte des Buches, in denen sich Hüppauf mit der Bedeutung des Frosches
       in Theologie und Magie, Literatur sowie der Wissenschaft befasst.
       
       So erfahren wir, dass sich die Menschen im Mittelalter, mit der Praxis der
       Obduktion noch nicht vertraut, die Gebärmutter als Frosch oder Kröte
       vorstellten, die im Körper herumwandere, weil der Frosch neben der
       Metamorphose vom Wasser- zum Landtier vor allem mit Fruchtbarkeit
       assoziiert wurde. Außerdem stellt Hüppauf heraus, dass Frosch und Kröte nur
       in der westlichen Kulturgeschichte mit Ekel und dem Empfinden der
       Hässlichkeit besetzt sind. Er schlägt einen Bogen vom Frosch als Tier des
       Teufels in der Theologie bis zur antisemitischen Projektion, die vom Frosch
       als Tier des "Gewimmels", der subjektlosen Masse, ausgeht.
       
       Aber das Aha-Erlebnis, das zu Beginn fesselt, verliert leider schnell an
       Wirkung. In Hüppaufs Buch wimmelt es von kollektiven Projektionen. So ist
       der "Mensch im Frosch" all das Perverse, Niedrige, Ekelerregende, das der
       Mensch an sich selbst nicht sehen will. Und dem "Frosch in der Hand", also
       der konkreten Erfahrung, geht der "Frosch im Kopf", das
       kulturgeschichtliche, symbolisch aufgeladene Bild, das wir uns vom Frosch
       machen, voraus.
       
       Für die These vom derart aufgeladenen Froschbild sucht Hüppauf Belege, und
       er findet sie, so verblasen sie auch daherkommen. Das Kapitel "Der
       literarische Frosch" ist ein Sammelsurium an Anekdoten, das in der
       Behauptung gipfelt, Günter Grass Roman "Die Blechtrommel" spreche "nicht
       vom Frosch, aber ist der Roman als Frosch. Er weckt starke Gefühle und
       erzeugt Brechreiz."
       
       ## Der Autor und der Frosch
       
       Aus dem Vorwort wissen wir, dass der Autor als Kind viele glückliche
       Stunden an einem Froschteich verbracht und dass er es genossen hat, Frösche
       in der Hand zu halten - wobei er sie auch mit großem Interesse sezierte,
       wie er peinlich berührt bekennt. Es stellt sich also der Verdacht ein, der
       Autor habe seine eigenen Erlebnisse zusammen mit der Literatur- und
       Wissenschaftsgeschichte durch den Fleischwolf der Psychoanalyse gedreht.
       
       Hüppauf plädiert für eine "Fundamentalökologie", für eine Ethik, die sich
       nicht auf autonome Personen als Objekte unserer Verantwortung beschränkt,
       und damit befindet er sich durchaus auf der Höhe des tierphilosophischen
       Diskurses. Dass der Mensch das einzige Lebewesen ist, das zu Moral fähig
       ist, kann nicht zur Folge haben, dass er sich nur anderen Menschen
       gegenüber nach moralischen Maßstäben verhalten muss.
       
       Hüppauf schlägt vor, in der Kulturgeschichte unbewusst oder mit
       Widerstreben erlebte Verwandtschaften von Frosch und Mensch im Ethikdiskurs
       zum Ausgangspunkt für ein verändertes Verhältnis zum Tier zu machen. Denn
       wir können unseren Haustieren nicht Whiskas mit Petersilie garniert auf dem
       silbernen Tellerchen servieren, uns anderen Tieren gegenüber aber
       gleichgültig oder sogar grausam zu verhalten. Moral ist etwas anderes als
       persönliche Präferenz. Der Frosch ist insofern ein geeigneter Kandidat, als
       er für den Menschen keinen "Nutzen" hat. Für solche Überlegungen freilich
       braucht es Hüppaufs Reader nicht.
       
       6 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Rath
       
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