# taz.de -- Kommentar Transatlantische Beziehungen: Die Kehrseite der Medaille
> Was nützt gespielte Freundschaft? Wir brauchen eine redliche
> Bestandsaufnahme, um reale Gemeinsamkeiten zu definieren. Ja, es gibt
> sie. Aber sie müssen benannt werden.
Es ist selten ein gutes Zeichen für eine Beziehung, wenn man tief in die
Vergangenheit und weit in die Zukunft blicken muss, um halbwegs überzeugend
Harmonie demonstrieren zu können.
Das war beim Besuch der Bundeskanzlerin in Washington der Fall. Vom
Freiheitsdurst der jungen Angela Merkel in der DDR war viel die Rede.
Außerdem drückte Barack Obama die Hoffnung aus, dass Deutschland eine große
Rolle beim Wiederaufbau Libyens nach dem Sturz Gaddafis spielen werde.
Als ob das gegenwärtig in diesem Zusammenhang die dringlichste Frage wäre.
Beide Seiten haben keinen Aufwand gescheut, um den Eindruck von
Zerstrittenheit abzumildern. Aber eine geschickte Inszenierung genügt
nicht, wenn Konflikte unübersehbar sind. Das gilt derzeit für die
Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Übrigens weitgehend über
Parteigrenzen hinweg. Also unabhängig davon, wer in Washington oder in
Berlin gerade regiert.
Die Interessen sind eben nicht mehr so deckungsgleich, wie sie das zwischen
Westeuropa und den Vereinigten Staaten in der Zeit des Kalten Krieges
waren. Deshalb gewinnen nun begrenzte Meinungsverschiedenheiten, die es ja
bereits früher gegeben hat, an Bedeutung.
Das zeigt sich am Beispiel Libyens, aber auch an der Griechenland-Krise, wo
eine Umschuldung unter Einbeziehung privater Gläubiger nicht zuletzt
Investmentbanken in den USA bedroht.
Nötig wäre vor diesem Hintergrund eine redliche Bestandsaufnahme - mit dem
Ziel, reale Gemeinsamkeiten zu definieren. Es gibt sie, aber sie müssen
benannt werden. Ebenso wie die realen Interessengegensätze. Andernfalls
wirken alle Freundschaftsbekundungen schal. Und daran können noch so schön
glänzende Medaillen nichts ändern.
8 Jun 2011
## AUTOREN
(DIR) Bettina Gaus
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