# taz.de -- Suche nach dem Ehec-Erreger: Biologen als Detektive
       
       > Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in
       > Oldenburg sucht nach dem Ehec-Erreger - eine äußerst komplizierte
       > Fahndung.
       
 (IMG) Bild: Forschung hinter verschlossenen Türen: Ehec-Suche im Laves.
       
       OLDENBURG taz | Ins Landesamt für Verbraucherschutz und
       Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg zu kommen, stellt normalerweise
       kein Problem für Journalisten dar. Es ist aber Ehec-Zeit, und der
       gefürchtete Erreger hat vor allem hier die Routine gehörig
       durcheinandergebracht: In dem Institut wird derzeit intensiv nach ihm
       gesucht, "rund um die Uhr", wie die Pressestelle mitteilt, und jetzt
       stünden auch noch die Seehund-Zählflüge auf dem Programm und bänden weitere
       Kapazitäten.
       
       "Hier kommt keiner mehr rein", sagt Silke Klotzhuber, stellvertretende
       Leiterin der Stabsstelle für Öffentlichkeitsarbeit, die das Telefon gerade
       erst aufgelegt hat - der NDR hatte um ein Interview gebeten.
       
       Das Medienaufkommen sei enorm, und anfangs habe man angesichts des
       "berechtigten öffentlichen Interesses" noch Rundgänge und Fototermine
       ermöglicht. Das werde jetzt aber zurückgefahren: Es gelte, die "Kollegen im
       Labor nicht weiter zu belästigen und in Ruhe arbeiten zu lassen".
       
       Sofern man dort von "Ruhe" sprechen kann. Nach wie vor wird im Laves eine
       Probe nach der anderen auf Spuren des Erregers untersucht - ein bis zu
       36-stündiges molekularbiologisches Prozedere aus Keimanreicherungen,
       Toxinbildungstests und DNA-Analysen. Nach wie vor konnte bei keiner der
       untersuchten Proben der Erreger nachgewiesen werden - und die Aussichten
       auf einen positiven Test schwinden zusehends.
       
       "Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn wir gar nichts mehr finden", sagt
       Klotzhuber. Das betreffe insbesondere die Ehec-Erkrankung mit ihrer langen
       Inkubationszeit: Viele Lebensmittel aus dem fraglichen Zeitraum sind längst
       verzehrt oder weggeworfen. Und selbst wenn noch jemand etwas in seinem
       Kühlschrank fände, wäre der Nachweis aufgrund der langen Kühlzeit oft nicht
       mehr möglich, erklärt Klotzhuber.
       
       Zudem müsse nicht nur der Ehec-Erreger, sondern vor allem dessen mutierter
       Stamm O104 auf einem Lebensmittel nachgewiesen werden, um weitere Schritte
       einzuleiten. Zwar ist das soeben bei dem Gurkenrest in einer Magdeburger
       Mülltonne erstmals geschehen - wie der Erreger dorthin kam, ist allerdings
       nicht bekannt und vermutlich auch kaum rekonstruierbar.
       
       Die Konstruktion einer entsprechenden "epidemiologischen Beweiskette" rücke
       damit in den Vordergrund. Man könnte auch sagen: Detektivarbeit. Der
       fragliche Hof in Bienenbüttel, von dem die verdächtigen Sprossen stammten,
       rückt immer mehr in den Mittelpunkt. "Die Hinweise verdichten sich", sagt
       Klotzhuber.
       
       Das Laves hat eine Grafik veröffentlicht, nach der bekannte Erkrankungen
       sich bis zu diesem Hof zurückverfolgen lassen, das
       Landwirtschaftsministerium teilte mit, diese Indizienkette sei "durch
       weitere Klärung von Verbindungen zu Erkrankungsfällen weiter abgesichert"
       worden.
       
       Neben Sprossen stehen auch weiterhin Tomaten, Gurken und Salat auf der
       Verdächtigenliste, weil diese Gemüse von Erkrankten häufig verzehrt wurden,
       und auch in diesen Fällen werde nach epidemiologischen Zusammenhängen
       gesucht.
       
       Beweiskette, Indizien, Verdachtsmomente - es kommt nicht von ungefähr, dass
       sich die Wortwahl in Ehec-Berichten der Kriminalsprache entlehnt. Die Suche
       nach dem Erreger ist zwar in erster Linie wissenschaftliche Forscherarbeit
       - aber eben auch so etwas wie eine Fahndung.
       
       9 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maik Nolte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA