# taz.de -- Eishockey-Liga NHL: Baum vorm Tor
       
       > Mit 4:0 haben die Boston Bruins gegen die Vancouver Canucks gewonnen – im
       > entscheidenden siebten Finalspiel. Also ist ein zweiter Deutscher nach
       > Uwe Krupp Cup-Gewinner.
       
 (IMG) Bild: Dennis Seidenberg mit dem Pott.
       
       BERLIN taz | Er sieht aus wie ein Holzfäller aus den Rockies. Einen rot
       schimmernden Vollbart hat sich Tim Thomas im Laufe der NHL-Playoffs wachsen
       lassen. Und wenn sie nicht wüssten, dass so etwas verboten ist, dann hätten
       die Vancouver Canucks darauf wetten können, dass Thomas ein paar mächtige
       Stämme aus den Wäldern Nordamerikas vor seinen Kasten gerollt hat.
       
       Sie haben den Puck einfach nicht hineinbekommen ins Tor, das der
       vierschrötige Altmeister (37), der eigentlich aus Flint, Michigan, stammt,
       bravourös gehütet hat.
       
       Im letzten Spiel der Finalserie rannten die Canucks gegen die Boston Bruins
       an, schossen 37-mal aufs Tor von Thomas, doch es kam kein zählbarer Erfolg
       dabei heraus. 0:4 verlor Vancouver in eigener Halle. Ein Sieg in der
       Fremde, dazu im alles entscheidenden Spiel, ist noch keinem Team in den
       diesjährigen Playoffs gelungen. Boston hat die Canucks in dieser Finalserie
       regelrecht blamiert. In der Summe haben sie mit 23:8 Toren gewonnen: ein
       Kantersieg. Die Offensive der Canucks mit den Brüdern Daniel und Henrik
       Sedin und dem US-Amerikaner Ryan Kesler enttäuschte auf der ganzen Linie.
       Auch der Deutsche Christian Ehrhoff ließ sich in Spiel sieben zweimal
       entscheidend umkurven. Keeper Roberto Luongo machte wieder nicht den
       sichersten Eindruck und ließ einen haltbaren Puck durch die Beine rutschen.
       Keine Frage: Der Sieg der Bruins ist verdient.
       
       ## Ehre der kanadischen Fans angekratzt
       
       Seit 1993 warten die kanadischen Eishockeyfans auf den Sieg eines ihrer
       Teams. Aber die Bruins haben erst die Montreal Canadiens aus dem Weg
       geräumt und nun die Canucks vernichtend geschlagen. Das kratzt natürlich an
       der Ehre des kanadischen Hockeyfreundes. Die Enttäuschung brach sich in
       einem "Riot", also einer Straßenschlacht, Bahn. Über 100.000 Fans der
       Canucks marodierten auf den Straßen in Vancouver Downtown Eastside. Sie
       zündeten Zivil- und Polizeiwagen an, bewarfen Sicherheitskräfte mit
       Bierflaschen, zerschmetterten Schaufenster. Die Polizei setzte Tränengas
       und Pfefferspray ein. Es kam zu zahlreichen Festnahmen.
       
       Das Szenario erinnerte stark an die Stanley Cup Riots des Jahres 1994, als
       die Canucks gegen die New York Rangers im entscheidenden Spiel sieben
       verloren hatten und der Mob tobte.
       
       ## Fantastische Finalquote
       
       Tim Thomas dürfte nur am Rande etwas von den Ausschreitungen mitbekommen
       haben, zu sehr waren er und seine bärtigen Teamkollegen, unter ihnen der
       Deutsche Dennis Seidenberg, mit dem Feiern beschäftigt. Thomas hatte ja
       auch allen Grund dazu, denn er hat Geschichte geschrieben: mit einer
       fantastischen Finalquote von 96,7 Prozent gehaltener Schüsse: 246-mal haben
       die Canucks abgezogen, 238-mal wurde es nichts. Es versteht sich von
       selbst, dass Thomas als wichtigster Spieler der Finalserie mit der Conn
       Smythe Trophy ausgezeichnet wurde. "Ich war ziemlich nervös", bekannte
       Thomas, "aber ich habe das versucht zu kaschieren, die ganze Serie über."
       Von schlotternden Knien und fahrigen Bewegungen war freilich nichts zu
       sehen, Thomas stand wie ein Baum im Tor.
       
       Er mag den Bärenanteil am Sieg der Bruins tragen, aber sein Scherflein hat
       auch der verletzte Nathan Horton beigetragen. Er hatte vorm Spiel eine
       Flasche Bostoner Wasser aufs Eis in Vancouver gekippt. "Ich wollte sie zu
       unserer Eisfläche machen", erklärte Horton. Sein Zauber hat gewirkt.
       
       16 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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