# taz.de -- Anonymisierte Bewerbungen: "Wie offen ist unser Unternehmen?"
       
       > Es ist ein Pilotprojetk: Acht Arbeitgeber testen anonyme Bewerbungen. Nun
       > ist die erste Bilanz da - und die ist ziemlich positiv.
       
 (IMG) Bild: Bewerbung ohne Gesicht: Mit anonymen Unterlagen wollen Unternemhen testen, wie offen sie wirklich sind.
       
       BERLIN taz | Die Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes sieht erste
       Erfolge bei den Ende November gestarteten anonymisierten
       Bewerbungsverfahren. Die Rückmeldungen der Personalleiter, die an dem
       Pilotprojekt teilnehmen, seien positiv, sagte Christine Lüders, die
       Leiterin der ADS, am Donnerstag in Berlin.
       
       Tamara Hilgers gehört zu ebenjenen Personalern, auf deren Urteil die erste
       Bilanz beruht. Hilgers ist Personalchefin bei dem Geschenkdienstleister
       Mydays, einem von fünf Unternehmen, die sich am Pilotprojekt der
       Antidiskriminierungsstelle beteiligen. "Wir wollen überprüfen, ob wir
       wirklich so ein offenes Unternehmen sind, wie wir glauben", sagt sie.
       
       Das mittelständische Unternehmen hat 80 Mitarbeiter und hat im Rahmen des
       Pilotprojekts fünf Stellen ausgeschrieben. Die Bewerber verzichteten im
       ersten Auswahlschritt auf Namen, Alter, Geschlecht, Herkunft und
       Familienstand. Wie ihre KollegInnen bewertet Hilgers positiv, dass durch
       das Weglassen der Bewerbungsfotos mehr Aufmerksamkeit auf die Qualifikation
       gelenkt werde.
       
       Das Fehlen persönlicher Angaben sei kein Problem, weil es sich nur auf die
       erste Auswahlhürde beschränke. Vor dem eigentlichen Vorstellungsgespräch
       erhalten die Personaler Einblick in die zuvor anonymisierten Daten. Die
       Kritik vieler Mittelständler an anonymisierten Bewerbungsverfahren, man
       suche keine Zahlen, sondern Menschen, teilt Hilgers deshalb nicht.
       
       ## Nicht überall halten Unternehmen anonyme Bewerbungen für sinnvoll
       
       Neben Mydays beteiligen sich die Deutsche Post, die Deutsche Telekom,
       LOréal, Procter & Gamble sowie drei öffentliche Arbeitgeber an dem Projekt.
       Nach Informationen der ADS haben die beteiligten Arbeitgeber bisher 4.000
       anonymisierte Bewerbungen bearbeitet und 111 Stellen und Ausbildungsplätze
       vergeben.
       
       Kritik, dass in großen Unternehmen wie der Telekom oder der Post
       vergleichsweise wenige Stellen mittels anonymisierter Bewerbung besetzt
       wurden, wies Lüders zurück. Man wolle den Unternehmen nicht hineinreden, in
       welchen Bereichen anonymisierte Bewerbungen sinnvoll seien. Es gehe
       vielmehr darum, den Beweis zu erbringen, "dass anonymisierte
       Bewerbungsverfahren auch in Deutschland mit seiner traditionellen
       Bewerbungskultur durchführbar sind", bekräftigte Lüders.
       
       Bereits jetzt könne gesagt werden, dass sich die Behauptung der Wirtschaft,
       das Verfahren sei zu aufwendig und praktisch nicht umsetzbar, "als nichtig
       erwiesen hat", sagte Lüders. In den Vereinigten Staaten sind
       teilanonymisierte Bewerbungen seit den 60er Jahren Standard. Auch in
       Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und Schweden werden anonymisierte
       Bewerbungen erprobt.
       
       Erkenntnisse darüber, ob mitunter benachteiligte Gruppen wie Menschen mit
       Migrationshintergrund, Ältere und Frauen mit Kindern es auch öfter in
       Vorstellungsgespräche und Jobs schaffen, würden erst im Frühjahr 2012
       vorliegen, sagte Lüders. Dann, wenn mit Abschluss des Projekts eine
       endgültige Bilanz gezogen wird.
       
       Indes kündigte die Stadt Celle vorzeitig an, auch nach Abschluss der
       Testphase an den anonymen Bewerbungsverfahren festzuhalten. "Wir haben uns
       immer bemüht, objektiv zu sein", sagt Jockel Birkholz, Personalchef der
       Stadt. "Aber auch wir konnten uns nicht vom Bewerbungsbild oder der
       Aufmachung frei machen." Acht Stellen hat die Stadt innerhalb des
       Pilotprojektes ausgeschrieben. Vier Personen habe man einstellen können.
       Bei möglichst vielen Stellenausschreibungen wolle man in Zukunft das
       "objektivere" anonymisierte Verfahren anwenden.
       
       17 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lukas Ondreka
       
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