# taz.de -- Plagiatsaffäre an der Universität Hamburg: Der Fall des Dr. Uwe B.
       
       > Der Hamburger SPD-Politiker Uwe Brinkmann hat Teile seiner juristischen
       > Dissertation abgeschrieben. Er gibt seinen Doktortitel zurück. Ob er
       > Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr bleibt, ist ungewiss.
       
 (IMG) Bild: Plagiat und Original: Brinkmann 2010 (l.), Roeser 1988 (r.).
       
       HAMBURG taz | Etwa ein Viertel der Dissertation des Hamburger Jura-Dozenten
       und SPD-Politikers Dr. Uwe Brinkmann besteht aus Textelementen, die andere
       schon vor ihm verfasst hatten. Seine juristische Doktorarbeit über "Die
       Harmonisierung des europäischen Rüstungsmarktes" an der
       Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg ist zu etwa einem
       Viertel ein Plagiat.
       
       Das belegt eine Auswertung der Internet-Plagiatssucher von vroniplag.
       Danach enthalten von den 254 Seiten der Arbeit 66 Seiten einen
       Plagiatsanteil von bis zu einem Viertel, fünf Seiten von bis zu drei
       Viertel, zwei Seiten sogar noch mehr.
       
       Anders als Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg sucht Brinkmann jedoch
       die Vorwärtsverteidigung. In einer von der taz erbetenen Stellungnahme
       teilte er am gestrigen Sonntag mit, seine Promotionsurkunde sei bereits auf
       dem Postweg zurück an die Universität Hamburg.
       
       Brinkmann war von 2000 bis 2006 Mitarbeiter und Büroleiter des Hamburger
       SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs in Berlin. Der 48-Jährige gilt
       als Rüstungsexperte: Er ist Mitglied im Verteidigungsausschuss des
       Bundestages und sitzt zudem im Präsidium des "Förderkreis Deutsches Heer
       e.V., Bonn". In der SPD ist er als Sprecher des "Seeheimer Kreises" ein
       Exponent des rechten SPD-Flügels.
       
       Brinkmann hatte zeitweise selbst mit einem Mandat in der Hamburger
       Bürgerschaft geliebäugelt: "Das ist ja eine Art Feierabend-Parlament, da
       kann ich vielleicht die Doktorarbeit nebenher machen", zitiert ihn der
       Spiegel 2003 in einem Feature über Nachwuchs-Politiker in Berlin. Die
       Dissertation gab Brinkmann aber erst sieben Jahre später ab, Tag der
       mündlichen Prüfung war der 27. Oktober 2010.
       
       In seiner Arbeit schreibt Brinkmann zum Beispiel auf Seite 9
       (Hervorhebungen v. d. Red.): "Seit den 50er Jahren hatte die
       Bundesregierung Rüstungsmaterial beschafft, das auch andere NATO-Staaten
       parallel beschafften. Sobald die wieder entstehende deutsche
       Rüstungsindustrie dazu in der Lage war, wurden solche Rüstungsgüter von
       deutschen und ausländischen Firmen gemeinsam hergestellt. Zunächst waren
       die deutschen Firmen Lizenznehmer oder Unterauftragnehmer ausländischer
       Firmen. Beispiele hierfür sind der G-91 Jettrainer, der HS-30
       Schützenpanzer oder das F-104G Kampfflugzeug."
       
       Im Original lautet diese Passage (Michael Brzoska, Bonn 2002) nur
       unwesentlich anders:
       
       "Seit den 50er Jahren hat die Bundesregierung Rüstungsmaterial beschafft,
       das auch andere NATO-Staaten parallel beschafften. Sobald die wieder
       entstehende deutsche Rüstungsindustrie dazu in der Lage war, wurden solche
       Rüstungsgüter von deutschen und ausländischen Firmen gemeinsam hergestellt.
       Zunächst waren die deutschen Firmen Lizenznehmer oder Unterauftragnehmer
       ausländischer Firmen (G-91 Jettrainer, HS-30 Schützenpanzer, F-104G
       Kampfflugzeug)."
       
       "Das ist dreist", kommentiert der Verfasser, Prof. Dr. Michael Brzoska,
       heute Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik
       an der Universität Hamburg: "Das ist ein Verstoß gegen die Regeln
       wissenschaftlichen Arbeitens."
       
       Allein fast 20 Passagen hat Brinkmann mehr oder minder wörtlich der
       Dissertation "Völkerrechtliche Aspekte des internationalen Handelns mit
       konventionellen Waffen" entnommen, die der Jurist Thomas Roeser 1986 an der
       Universität Kiel einreichte, 1988 erschien sie in Buchform in einem
       Berliner Verlag.
       
       Offenbar hat sich in den mehr als zwei Jahrzehnten danach - trotz deutscher
       Wiedervereinigung, Auflösung des Warschauer Paktes und Osterweiterung von
       EU und Nato - aus wissenschaftlicher Sicht nicht so viel im europäischen
       Rüstungshandel geändert, als dass diese Textpassagen nicht auch noch im
       Jahr 2010 Bestand haben konnten.
       
       Geradezu lässlich mutet demgegenüber an, dass sogar Schreibfehler wie
       "Liefereranten" übernommen wurden - ein zusätzliches Indiz fürs Kopieren.
       Diesen Verdacht legt auch der Umstand nahe, dass eine kurze Passage aus dem
       Rüstungsexportbericht 2005 der Bundesregierung gleich zwei Mal auftaucht -
       auf den Seiten 24 und 25.
       
       Dr. Thomas Roeser ist inzwischen Präsident des Verwaltungsgerichts
       Frankfurt/Oder. Er reagierte am Freitag im Telefonat mit der taz überrascht
       und verärgert auf die Nachricht, dass Teile seiner Dissertation nach gut 20
       Jahren recycelt worden seien. Vor einer Bewertung indes will Roeser
       Brinkmanns Arbeit selbst unter die Lupe nehmen.
       
       Der Plagiator, Fregattenkapitän der Reserve Brinkmann, ist Dozent für
       Rüstung und Recht an der Führungsakademie der Bundeswehr in
       Hamburg-Blankenese. Ob er das bleiben kann, ist unklar. Zurzeit hält sich
       der 33-Jährige in der US-Hauptstadt Washington, D.C., auf. Er wurde von der
       taz zwischen Freitag und Sonntag drei Mal per Mail um Stellungnahmen
       gebeten.
       
       In einer ersten Antwort am Freitagabend erklärte er: "Ich habe Verbindung
       zur Universität aufgenommen. Fuer Fehler die ich zu verantworten habe,
       werde ich die volle Verantwortung übernehmen und habe bereits Konsequenzen
       gezogen und warte nun auf die Antwort der Universität." In einer zweiten
       Mail in der Nacht zu Sonntag schreibt Brinkmann, er habe "meine Mutter in
       Deutschland gebeten, die Promotionsurkunde per Einschreiben an die
       Universität Hamburg zurückzusenden".
       
       Die Universität und die Führungsakademie waren am Wochenende für
       Stellungnahmen nicht zu erreichen.
       
       19 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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 (DIR) Kommentar Plagiatsaffäre an der Hamburger Uni: Schlichtes Manöver
       
       Uwe Brinkmann versucht, sich durch den freiwilligen Verzicht auf seinen
       Doktortitel aus der Affäre zu ziehen. Aber wer die gedankliche Leistung
       anderer stiehlt, darf sich nicht folgenlos davonmachen.