# taz.de -- Aufarbeitung der Roten Khmer: UN-Tribunal wieder in der Kritik
       
       > Es gibt Ärger vor der zweiten Prozessreihe, denn es ist umstritten, wie
       > viele mutmaßliche Täter der Roten Khmer vor Gericht sollen. Kritiker
       > vermuten zudem Druck der Regierung.
       
 (IMG) Bild: Trauer im Museum: Überlebende der Roten Khmer-Terrorzeit.
       
       BANGKOK taz | Innerhalb des UN-gestützten Tribunals zur Aufarbeitung der
       Verbrechen der Roten Khmer gibt es erneut Streit. Bislang hat das Gericht
       im Juli 2010 den damaligen Folterchef der Roten Khmer, Kaing Khek Iev alias
       "Duch", verurteilt; gegen vier weitere hochrangige Exkader beginnt der
       Prozess am Montag.
       
       Doch die Anklage plädiert dafür, es nicht bei dem kleinen Kreis der fünf
       früheren Funktionäre zu belassen. Das hat zu schweren Zerwürfnissen
       zwischen dem britischen Co-Staatsanwalt Andrew Cayley und zwei
       Untersuchungsrichtern geführt.
       
       Cayley warf dem deutschen Richter Siegfried Blunk und dessen
       kambodschanischem Kollegen You Bunleng vor, sie hätten Ermittlungen über
       weitere mutmaßliche Täter nur unzureichend durchgeführt. Dokumenten
       zufolge, die an die Öffentlichkeit durchsickerten, handelt es sich dabei um
       den früheren Marinekommandanten Meas Mut sowie den Ex-Luftwaffenkommandeur
       Sou Met.
       
       Andere springen Cayley zur Seite: So monierte die als Prozessbeobachterin
       fungierende NGO Open Society Justice Initiative (OSJI), die untersuchenden
       Richter hätten die Ermittlungen Ende April für beendet erklärt, ohne die
       mutmaßlichen Verdächtigen Meas Mut und Sou Met befragt zu haben. Zudem
       hätten die beiden Juristen viele Orte nicht besucht, an denen während der
       Terrorherrschaft der Roten Khmer Verbrechen begangen worden seien.
       
       ## "Ermittlungen vom Schreibtisch aus"
       
       Die Beobachter vermuten Einflussnahme durch Kambodschas Regierung. "Das
       Tribunal ist etabliert worden, um die Verbrechen der Roten Khmer
       aufzuarbeiten, und es sollte als Beispiel für Rechtsstaatlichkeit in
       Kambodscha dienen", so OSJI-Exekutivdirektor James Goldston. "Indem es sich
       offensichtlich politischem Druck beugt, untergräbt das Gericht beide
       Ziele."
       
       Ähnlich sieht es die Organisation Human Rights Watch (HRW): "Die
       Ermittlungen wurden im Wesentlichen vom Schreibtisch aus geführt", moniert
       HRW-Asiendirektor Brad Adams. "Das Ganze sieht nach einer politischen
       Entscheidung aus, um den Fall zu den Akten legen zu können."
       
       Die betreffenden Richter verneinen indes, sie hätten sich Manipulationen
       von außen gebeugt. Allerdings hatten mehrere Mitarbeiter, die das abrupte
       Ende der Ermittlungen heftig kritisierten, das Handtuch geworfen. In einem
       der Rücktrittsschreiben war von einer "vergifteten Atmosphäre" die Rede.
       
       Die Vorwürfe der Kritiker kommen nicht überraschend. Dass es fast 30 Jahre
       gedauert hatte, ehe man mit der juristischen Aufarbeitung der Gräuel der
       Roten Khmer beginnen konnte, hing unter anderem damit zusammen, dass Phnom
       Penh einem solchen Gerichtshof nur widerwillig zugestimmt hatte. Erst im
       Juni 2003 hatten sich Kambodschas Regierung und die UNO nach fünf Jahren
       zäher Verhandlungen darauf verständigen können.
       
       Vor allem Kambodschas Premier Hun Sen will weiteren Ermittlungen einen
       Riegel vorschieben. Das machte er unter anderem während eines Besuchs von
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Oktober 2010 deutlich: Hun Sen, selbst
       ein 1977 zu den Vietnamesen übergelaufener Exoffizier der Roten Khmer,
       erklärte, dass er, von den Prozessen gegen die fünf Exfunktionäre
       abgesehen, keine weiteren Verhandlungen zulassen werde. Er warnte gar vor
       einem neuen Bürgerkrieg, sollten noch mehr Details der Vergangenheit zutage
       gefördert werden.
       
       Theary Seng, die während des Terrorregimes beide Eltern verlor, ist
       aufgebracht: "Die Integrität des Tribunals hängt in der Schwebe", moniert
       die Aktivistin und Anwältin, die eine Opferinitiative gründete und als
       erste Nebenklägerin zugelassen wurde. Mehr noch: "Die Wahrheit ans Licht zu
       bringen, ist eine Vorbedingung für Gerechtigkeit."
       
       26 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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