# taz.de -- Brasilien gewinnt gegen Australien: Oh Marta, where art thou?
       
       > So richtig verdient ist der 1:0 Sieg der Brasilianerinnen nicht. Nach dem
       > Spiel geben sie sich dennoch wie Heldinnen. Aber auch die „Matildas“ sind
       > stolz.
       
 (IMG) Bild: Sie schoss das erlösende Tor für die Brasilianerinnen: Rosana
       
       BERLIN/MÖNCHENGLADBACH taz | Ein Spiel abhaken. Wie macht man das
       eigentlich? Die Brasilianerinnen wissen es. Fürchterlich anzuschauen war
       ihr erstes Spiel gegen den Außenseiter Australien. Aber nach dem Abpfiff
       der Schiedsrichterin war das schon vergessen. Die Torhüterin Andreia riss
       jubelnd die Arme hoch. Brasilien hatte ja 1:0 gewonnen. Und wenig später
       tanzte und sang sich das ganze Team mit Sambatrommeln durch den
       Medienkorridor.
       
       Allen voran Marta, die Spielerin, um die sich alles dreht, an der Triangel.
       Plötzlich harmonierten sie wie ein gut geübtes Orchester. Für ein paar
       Augenblicke ließ sie ihr Instrument ruhen, um Fragen zu beantworten. „Wir
       haben drei Punkte“, sagte sie, „und das ist gut so.“ Ob sie Klaus Wowereit
       kennt?
       
       Doch so entspannt wie nach dem Spiel waren sie auf dem Platz nicht. 25
       Minuten sind gespielt in Mönchengladbach und Kleiton Lima kratzt sich am
       Kinn. Der Trainer der Favoritinnen aus Südamerika ist unzufrieden mit dem
       Spiel seiner Mannschaft, die fahrig ist, ideenlos, ohne Schwung und Esprit.
       
       Kaum einmal sind gelungene Kombinationen zu sehen, ein ums andere Mal wird
       der Ball aus dem Mittelfeld lang in die verwaiste Spitze gespielt, wo er
       zur leichten Beute der australischen Viererkette um Kim Carroll und Servet
       Uzunlar wird. Auch der Weltfußballerin Marta gelingen nicht viel mehr als
       ein, zwei schöne Dribblings – aber ohne erfolgreichen Abschluss. Insgesamt
       zu unstrukturiert und behäbig wirkt die Selecao, sie ist zu diesem
       Zeitpunkt noch nicht im Turnier angekommen.
       
       Ganz anders die „Matildas“ aus Australien, die sich vom ersten Moment an
       hellwach und gut organisiert zeigen. Die vom schottischen Trainer Trainer
       Tom Sermanni im klassischen 4-4-2 aufgestellte Mannschaft spielt so
       schnörkellos und klar, wie es das System vorgibt. Etwas bieder vielleicht,
       aber durchdacht und mit viel Einsatz. Beschränkten sie sich in den ersten
       zwanzig Minuten der Partie noch vornehmlich darauf defensiv gut zu stehen
       und „so wenig Tore wie möglich“ (Trainer Tom Sermanni vor dem Spiel) zu
       kassieren, so wagen sie sich anschließend immer öfter nach vorne.
       
       ## Entkrampfung ab der 54. Minute
       
       Es sieht alles gut aus, warum also nicht etwas mutiger werden? Vorne lauert
       die agile Lisa De Vanna, die jedem Ball nachgeht und die brasilianische
       Dreierkette immer wieder vor Probleme stellt. Kein Wunder eigentlich. Sehr
       antik wirkt dieser Defensivverbund mit einer echten Libera. Australiens
       Trainer Tom Sermanni grinst, als er auf dieses ultrakonservative taktische
       Modell angesporchen wird und sagt: „Sie haben das ja gut gemacht.“ Sermanni
       ist wirklich ein freundlicher Mann.
       
       Denn im Unterschied zu den Brasilianerinnen hatte sein Team wenigstens eine
       Strategie. Und so entwickelt sich das Spiel in der ersten Halbzeit immer
       mehr zu einer Überraschung: Es sind die Australierinnen, die mehr
       Ballbesitz und mehr Torchancen haben, die dominanter agieren und näher am
       Führungstor sind.
       
       Das entscheidende Tor schießen in der zweiten Halbzeit dann aber doch die
       Favoritinnen aus Brasilien: In der 54. Minute setzt sich Rosana im
       Strafraum kraftvoll und entschlossen durch und zieht aus 13 Metern wuchtig
       mit links ab. Der Ball landet im rechten Toreck, Melissa Barbieri im
       australischen Tor ist chancenlos. Kleiton Lima schaut nun etwas gelöster,
       die Gesichtszüge entspannen sich.
       
       Richtig überzeugen können die Brasilianerinnen aber auch in der Folge
       nicht, Chancen bleiben Mangelware, sie begnügen sich damit das Spiel nun im
       Griff zu haben.
       
       Und Marta? Ist weiterhin kaum zu sehen. Aufregung kommt erst wieder in der
       Schlussphase auf, als die Matildas noch einmal alle Kräfte mobilisieren um
       doch noch zum verdienten Ausgleich zu kommen. Aber die Versuche von Lisa De
       Vanna (75.), Heather Garriock (77.) und wieder De Vanna (87.) sind zu
       ungenau und so bleibt es beim 1:0 des Mitfavoriten auf den WM-Titel. Und
       nun, erklärt Marta an der Triangel, werde gefeiert. Aber natürlich nicht zu
       viel.
       
       Auch die Australierinnen sind sehr zufrieden und zeigten sich trotz der
       Niederlage selbstbewusst. Die Torhüterin Melissa Barbieri erklärt: „Wir
       sind nicht elf, sondern 21 Spielerinnen, die Fußball spielen können. Da
       greift ihr schottischer Trainer, der neben ihr sitzt dann doch korrigierend
       ein. Sermani sagt: „Das stimmt nicht ganz. Wir haben 18 Spielerinnen, die
       Fußball spielen können, und drei Torhüterinnen, die glauben, dass sie
       Fußball spielen können.“
       
       29 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) D. Wehgartner
 (DIR) J. Kopp
       
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