# taz.de -- Ein Jahr ZDF-Sendung "Peter Hahne": "Ich bin froh, wenn ich erwähnt werde"
       
       > Beachtet mich! Seit einem Jahr moderiert der Diplomtheologe Peter Hahne
       > einen flauschigen Sonntagstalk. Eine Begegnung mit einer konservativen
       > Reizfigur.
       
 (IMG) Bild: Telefonieren oft: Peter Hahne und Samuel Koch.
       
       Peter Hahne kommt 20 Minuten zu spät ins Café des ZDF-Hauptstadtstudios und
       ist sofort auf Sendung. Auch ohne Mikro spricht er so laut, als gelte es,
       eine große Halle zu füllen. Oder eine Kirche. Es ist ein bisschen
       unangenehm, doch kaum jemand ist da, der sich an Hahnes Anmoderation seines
       Interviews mit der taz stören könnte; die beiden Kellnerinnen scheinen sich
       an solche Auftritte gewöhnt zu haben: So sind sie, die Fernsehnasen. Oder
       zumindest ist Peter Hahne so.
       
       Den Grund seiner Verspätung behält Hahne zunächst für sich, lässt aber
       keinen Zweifel daran, dass es wichtig war, genau wie der Anruf
       unaufschiebbar ist, den er noch erwartet. Das alte Nokia-Handy, das er vor
       sich auf den Tisch legt, bleibt also erst mal an, muss anbleiben! Hahne
       bittet um Verständnis.
       
       Erst gegen Ende des Interviews wird er die Frage beantworten, die ihm
       niemand gestellt hat: Es gilt, die Jubiläumssendung seines Sonntagstalks
       "Peter Hahne" vorzubereiten, die ausnahmsweise mal nicht in Berlin-Mitte,
       mit Blick aufs Brandenburger Tor, produziert wird, sondern in einer
       Schweizer Reha-Klinik - bei Samuel Koch, dem im Dezember schwer
       verunglückten und seitdem gelähmten "Wetten, dass..?"-Kandidaten - "ist vor
       wenigen Minuten über die Agenturen gelaufen", sagt Hahne.
       
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       Im Betroffenheitsgewerbe ist das ein schöner Scoop, über den Hahne sich
       selbstredend nicht offen freut. Stattdessen sagt er: "Wenn Sie mit diesem
       Jungen telefonieren, wird alles relativ. Alles ist vergänglich, man kann
       nur dankbar sein für jeden Tag, an dem man gesund ist." Es sind solche
       pastoralen Sätze, für die Hahnes Fans den Diplomtheologen lieben - viele
       andere eher nicht.
       
       Am vergangenen Sonntagmittag hat mit dem Samuel-Koch-Interview und einer
       Topquote (2,24 Millionen Zuschauer, Marktanteil 16,5 Prozent) also eine
       Sendung Einjähriges gefeiert, die man nur als Kollateralschaden bezeichnen
       kann. Als die CDU-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat dem damaligen
       Chefredakteur Nikolaus Brender die Verlängerung seines Vertrags verwehrte
       und Peter Frey aus dem Hauptstadtstudio auf dessen Posten aufrückte, fiel
       Freys damaliger Vize Hahne nach rund zehn gemeinsamen Jahren vom
       Personalkarussell: Da die neue Hauptstadtstudioleiterin Bettina Schausten
       schon als "schwarz" gilt, blieb kein Platz für den ebenfalls konservativen
       Hahne, ein eher "roter" Stellvertreter wurde in Thomas Walde gefunden.
       
       Hahne wechselte zum 1. April unter die Fittiche des ZDF-Programmdirektors
       und bekam als Trostpflaster vergangenen Sommer eine halbstündige Talkshow,
       die seinen Namen trägt.
       
       Hahne selbst sieht sich als "Hans im Glück", wie er dem Tagesspiegel zum
       Start sagte, und ausdrücklich nicht als Opfer der ZDF-Politik, "dumm" nennt
       er diese Lesart. "Wenn überhaupt, war ich das Opfer meines Vertrags, der im
       Februar letzten Jahres auslief, wie jeder nachlesen kann", sagt er. "Ich
       bin immer froh, wenn mein Name erwähnt wird und dann auch noch richtig
       geschrieben ist, aber mit der Causa Brender habe ich rein gar nichts tun.
       Und ich selbst muss doch wohl wissen, was war." Er habe unabhängig von den
       politischen Querelen einen Schnitt machen und noch mal was ganz anderes
       ausprobieren wollen, "sonst hat man als Journalist doch den Beruf
       verfehlt".
       
       Das Problem ist nur, dass die Version des freiwilligen Abschieds so gar
       nicht zu Peter Hahne passen will, der laut seiner Homepage noch immer
       stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios ist. Immer noch stolz
       wie Oskar erinnert er daran, wie er dem damaligen Außenminister Joschka
       Fischer im Sommerinterview in der Toscana als erster Journalist entlockt
       habe, dass es auch ein Leben nach der Politik gibt. Auf die Frage, ob er
       sich eine Rückkehr von Fischer als grüner Kanzlerkandidat vorstellen kann,
       erwidert Hahne: "Da ich ihn durch viele, viele Interviews gut kenne,
       schließe ich das aus. Das ist für ihn jetzt Kindergarten." Und man fragt
       sich kurz, ob Hahne mitunter in der dritten Person von sich spricht.
       
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       Sein Interview mit Samuel Koch eröffnete Hahne mit den Worten: "Wir haben
       so oft miteinander telefoniert in den letzten Monaten" - und beendete es
       mit: "Ich freu mich, dass wir miteinander reden konnten, nachdem wir so oft
       schon miteinander telefoniert haben." Der Kontakt zur Bundeskanzlerin mag
       ein wenig eingeschlafen sein, doch zu anderen Promis hält er die Verbindung
       - und sei es auch nur zu diesem jungen Mann. Man weiß nicht, wer einem mehr
       leidtun soll: Samuel Koch, der Peter Hahne nicht los wird, oder Hahne, der
       sein unjournalistisches Bedürfnis nach Nähe nicht abzuschütteln vermag.
       
       Mit der Joschka Fischer entlockten Aussage zum Leben nach der Politik sieht
       Hahne zugleich den Nachweis erbracht, "dass mir kein Mensch vorwerfen kann,
       mit meinen Gesprächspartnern zu kuscheln". Genau dieser Vorwurf begleitet
       "Peter Hahne" aber von der ersten Sendung an, in der die mit dem Moderator
       befreundete Margot Käßmann zu Gast war, die, kurz nach ihrer Alkoholfahrt,
       außer distanzlosen Fragen wie "Wem haben Sie das als Erstes gebeichtet?"
       nichts zu befürchten hatte.
       
       Über den Auftritt von Stephanie zu Guttenberg zur Kinderpornografiedebatte
       schrieb die FAZ, "dass es keine gute Voraussetzung für ein Fernsehgespräch
       ist, wenn der Moderator in der Rolle eines Jubelpersers auftritt (…) Hahne
       hat in der Sendung systematisch fast jede Gelegenheit gemieden, die
       Zuschauer aufzuklären, klüger zu machen. Er hat sie nur in ihren Gefühlen
       bestärkt."
       
       Auf schlechte Kritiken antwortet Hahne mit Franz Josef Strauß ("Everybodys
       Darling is everybodys Rindvieh"), Pseudoprofessionalität ("Es wäre ja ganz
       schlimm, wenn die FAZ schreiben würde, es war die großartigste Sendung
       unter der Sonne") und Hochmut ("Viel Kritik ist purer Neid. Ich sage immer:
       Neid ist die Mehrwertsteuer des Erfolgs. Viele Kritiker, die sich im
       Feuilleton verstecken müssen, würden auch lieber eine Kolumne schreiben,
       die jede Woche elf Millionen lesen"). Manche Kritik sei natürlich auch
       berechtigt, doch auf die Nachfrage, welche, fällt Hahne nur ein, dass mal
       jemand gesagt hat, er würde in der Sendung unterm Tisch immer so viel mit
       den Beinen rumzappeln.
       
       Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Peter Hahne
       "eine allgemeine Einheits- und Kuschelgesellschaft" beklagt und den Erfolg
       seiner Bild-am-Sonntag-Kolumnen und Sachbücher damit erklärt, "dass ich
       darin Klartext rede, zur Diskussion über Themen anrege, die den Leuten
       unter den Nägeln brennen". Besonders in der Politik vermisse er "kantige
       Köpfe, die Gegenwind aushalten". Hahne selbst sieht sich also nicht als
       Protagonist dieser Verkuschelung, sondern als Gegengift, räumt dann aber
       doch ein, "mit meinem Stil als Person ganz gut in diese Zeit" zu passen.
       Manchmal verwirrt Peter Hahne sich offenbar selbst.
       
       In Hahnes BamS-Kolumne ist die Welt dagegen seit 15 Jahren ganz einfach,
       und die Wahrheiten sind es auch. "Wer sich umbringt, bringt sich um den
       Tag, an dem ihm geholfen werden kann", schrieb er nach dem Suizid von
       Gunter Sachs. Dass Sachs an Alzheimer litt, wie er in seinem Abschiedsbrief
       schrieb, und dagegen nur eine Wunderheilung hilft, erwähnte Hahne nicht. Am
       Zuspruch der Zuschauer und Leser wärmt er sich, wenn die Kritiker mal
       wieder besonders neidisch auf ihn sind. "Mir geht es ganz hervorragend,
       wenn ich mir die Akzeptanz unter den Zuschauern ansehe", sagt Hahne und
       erzählt, wie Abiturienten aus Brandenburg ihm am Morgen des Interviews noch
       auf der Straße zugejubelt hätten.
       
       Noch unangenehmer als Hahnes Eitelkeit ist die Tatsache, dass er sein
       Publikum hat, nicht zu knapp sogar. Seine bei christlichen Nischenverlagen
       erschienenen Lebenshilfebücher mit Titeln wie "Nur die Wahrheit zählt" oder
       der Kalender "Starke Worte 2011" verkauften sich insgesamt mehr als sechs
       Millionen Mal, darunter allein 900.000 Exemplare von "Schluss mit lustig!
       Das Ende der Spaßgesellschaft".
       
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       Hahne repräsentiert das andere, das rechtskonservative Deutschland und ist
       auch durch Ignorieren nicht wegzukriegen. Seine Medienpräsenz fordert zu
       einer Meinung heraus. Als Reiz-, wenn nicht gar Hassfigur ist er eine
       Zumutung für seine politischen Gegner und ein bisschen auch für die eigenen
       Leute. Hahne weiß, was er provoziert, wenn er Konservative wie sich als
       "Speerspitze des Fortschritts" bezeichnet - Neid ist es nicht: "Erstarrung
       erlebe ich eher bei Linken. Da sehe ich oft nichts als Beton. Die Erde ist
       eine Scheibe und bleibt es auch - selbst wenn längst bewiesen ist, dass sie
       eine Kugel ist."
       
       Hahne gibt sich Mühe, den Eindruck zu erwecken, mit sich und der Welt im
       Reinen zu sein. "Kinder, ich bin seit 38 Jahren in dem Geschäft" - diesen
       demonstrativ abgeklärten Satz bemüht der 58-Jährige in Variationen gleich
       mehrfach während des Gesprächs. Das Ausrufezeichen dahinter ist seine
       Körperhaltung. Als Zeichen seiner Tiefenentspanntheit rutscht Hahne
       mitunter so tief in seinen Stuhl, als säße er in Spanien am Hotelpool. Er
       will seinen Gegnern nicht den Gefallen tun, sich öffentlich über sie
       aufzuregen, lässt dann aber doch durchblicken, dass ihn "Ungerechtigkeiten
       gegen meine Person" nicht kaltlassen. Gemeint ist Kritik.
       
       1 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Denk
       
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