# taz.de -- Schwedinnen werden Gruppenerste: Großes Kino
       
       > Mit 2:1 gewinnen die Schwedinnen gegen die USA – damit hatte niemand
       > gerechnet. Damit treffen die US-Girls im Viertelfinale auf Brasilien.
       
 (IMG) Bild: Das hatten sie nicht mal selbst erwartet: US-Girl Amy Le Peilbet (l.) und die Schwedin Lotta Schelin
       
       BERLIN taz | Den Schwedinnen sei Dank kommt es zu einem Viertelfinale, das
       viele vor dem WM-Turnier noch als Endspiel getippt haben dürften: Nach
       ihrer 1:2-Niederlage gegen die Skandinavierinnen in Wolfsburg müssen die
       US-Amerikanerinnen bereits am kommenden Sonntag gegen Brasilien, einen
       weiteren Topfavoriten antreten. Schweden aber spielt nach dem
       überraschenden Erfolg nun gegen den Außenseiter Australien um den
       Halbfinaleinzug.
       
       Der deutschen Mannschaft wird’s gefallen: Sie kann nun frühestens im
       Endspiel auf die USA oder Brasilien treffen. Stattdessen konnte die
       DFB-Auswahl den potentiellen Halbfinalgegner Schweden bereits von der
       Tribüne aus studieren. Silvia Neid und ihre Spielerinnen waren bereits am
       Mittwoch in Wolfsburg angereist, weil sie hier am Samstag gegen Japan
       antreten müssen.
       
       Ebenfalls unter den 24.000 Zuschauern im Stadion: Die deutschlandweit
       bekannte Fußballexpertin Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hatte
       nachmittags überraschend die deutsche Mannschaft in ihrem Wolfsburger
       Quartier besucht und sich dann auch noch zu einem Besuch des Spiels
       entschlossen. Rechtsverteidigerin Babett Peter und die Bundestrainerin
       höchstselbst durften der Regierungschefin die taktischen Feinheiten
       erklären.
       
       Dabei wird wohl auch zur Sprache gekommen sein, dass Pia Sundhage, die
       schwedische Trainerin der US-Girls, ihrem Team ein geradezu
       selbstmörderisches Forechecking verschrieben hatte. Die Amerikanerinnen
       griffen die Schwedinnen bereits an deren Strafraum an, kamen aber erst
       einmal nur zu Weitschüssen. Die erste große Chance hatten aber dann
       überraschend die Schwedinnen: Carli Lloyd verlängerte unglücklich einen
       langen Abschlag auf Lotta Schelin, die mutterseelenallein in Richtung auf
       das von Hope Solo bewachte US-Tor marschieren konnte. Aber der Star im
       schwedischen Team schoss zu unplatziert, Solo konnte nach zwei eher
       beschäftigungslos verbrachten Partien endlich ihrem Ruf als weltbeste
       Torhüterin gerecht werden und abwehren (7. Minute).
       
       Doch die Szene war symptomatisch. Der Weltranglistenerste setzte seinen
       Gegner zwar erfolgreich unter Druck, aber wenn die Schwedinnen den ersten
       Abwehrriegel überspielen konnten, taten sich ihnen erstaunlich große Räume
       auf, weil die USA bislang verborgen gebliebene Schwächen in der
       Rückwärtsbewegung offenbarten. Eine dieser Abwehrschwächen führte dann zur
       schwedischen Führung: Linksverteidigerin Amy LePeilbet, schon in den ersten
       beiden Gruppenspielen als Unsicherheitsfaktor auffällig geworden, holte
       Schelin ziemlich tolpatschig im Strafraum von den Beinen, Lisa Dahlkvist
       versenkte den anschließenden Elfmeter souverän (15.).
       
       ## Unglücksrabe LePeilbet
       
       In der Folge entwickelte sich ein flottes, von der japanischen
       Schiedsrichterin Etsuko Fukano mit Umsicht geleitetes Spiel, das vielleicht
       bislang hochklassigste der WM, auf jeden Fall eines der unterhaltsamsten.
       Die USA erspielte sich Chancen beinahe im Minutentakt, die beste vergab Amy
       Rodriguez, als sie mit einem Heber nur die Latte traf (32.). Aber Schweden
       blieb stets durch Konter gefährlich und erzielte mitten hinein in diese
       amerikanische Drangperiode das 2:0: Ein Freistoß aus 22 Metern von Nilla
       Fischer wurde unhaltbar für Hope Solo abgefälscht – ausgerechnet wieder von
       LePeilbet, die schon den Strafstoß verursacht hatte (35.).
       
       Unglücksrabe LePeilbet wurde in der 59.Minute erlöst und ausgewechselt, das
       änderte aber kaum etwas am Spielverlauf: Die US-Girls griffen nun immer
       wütender an, die Schwedinnen reagierten, indem sie sich immer weiter
       zurückfallen ließen. So entwickelte sich eine nachgerade klassische
       Abwehrschlacht: Schweden stand tief und lauerte auf Konter, den USA blieben
       oft nur Versuche aus der Distanz. Es war erst eine Standardsituation, die
       den USA neue Hoffnung brachte: Abby Wambach wuchtete eine Ecke mit der
       linken Schulter über die Linie (67.).
       
       Nun fielen alle taktischen Zwänge: Die einen rannten zunehmend
       verzweifelter an, die anderen kloppten nur noch die Bälle aus der
       Gefahrenzone in der meist irrigen Annahme, Lotta Schelin oder Josefine
       Öqvist könnten einen davon erlaufen. Im Mittelfeld entstanden immer
       gewaltigere Lücken, in beiden Strafräumen brannte es immer öfter
       lichterloh.
       
       Beste Unterhaltung, großes Kino, immense Dramatik. Die letzte große Chance
       vergab die eingewechselte Kelley O'Hara in der 86.Minute. Ein Kontertor von
       Schelin in der Nachspielzeit wurde wegen einer vermeintlichen
       Abseitsposition nicht gegeben. Am Ende standen 20:9 Torschüsse und 53:47
       Prozent Ballbesitz für die Nordamerikanerinnen, aber 2:1 Tore für Schweden
       – und die Erkenntnis, dass Fußball nur selten mit Statistiken zu erklären
       ist.
       
       6 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
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