# taz.de -- Jede Woche ein Ölunfall: "Nur die Spitze eines Eisbergs"
       
       > Lecks an Ölplattformen in der Nordsee sind an der Tagesordnung. Fast
       > immer sind Sicherheitsmängel die Ursache – doch die Behörden geben sich
       > machtlos.
       
 (IMG) Bild: Sicherheit auf Ölplattformen? Experten sagen: Nur leeres Gerede.
       
       STOCKHOLM taz | Durch Offshore-Bohraktivitäten gelangen ständig erhebliche
       Mengen Erdöl in die Weltmeere: eine alltägliche Ölpest. Allein für den
       britischen Teil der Nordsee zeigen Daten, die der Tageszeitung Guardian
       jetzt vorliegen, in den vergangenen beiden Jahren im Schnitt einmal
       wöchentlich einen Ölaustritt, bei dem Menschen oder Umwelt zu Schaden
       kamen. Diese von den Ölkonzernen freiwillig gemeldeten Vorfälle seien "nur
       die Spitze eines Eisbergs", so die Autoren.
       
       Die Beteuerungen der Ölkonzerne, Sicherheit spiele für sie eine
       herausragende Rolle, sind laut der im Guardian zitierten Insider leeres
       Gerede. Shells eigener Sicherheitsberater Bill Campbell spricht von
       systematischen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften, die seit Jahren
       stattfänden. Konzernsprecher weisen solche Beschuldigungen zurück und
       betonen, sicherheitstechnisch Fortschritte gemacht und Milliarden in die
       Anlagen investiert zu haben.
       
       Doch davon ist auch im norwegischen Teil der Nordsee nicht viel zu merken.
       Stattdessen ist nach einem im April veröffentlichten Bericht der
       Ölaufsichtsbehörde Petroleumstilsynet allein die Zahl der Zwischenfälle,
       bei denen ein Bohrloch ganz oder beinahe außer Kontrolle geraten war, von
       2008 bis 2010 von 11 auf 28 angestiegen. Eine Ölkatastrophe mit "Deepwater
       Horizon"-Potenzial war im Mai 2010 laut "Petroleumstilsynet" nur aufgrund
       "glücklicher Umstände" verhindert worden.
       
       Das Hauptproblem ist nach Einschätzung von Umweltschutzorganisationen wie
       Aufsichtsbehörden die Überalterung vieler Bohrinseln. "Aufgrund des hohen
       Durchschnittsalters der Anlagen und den Wünschen der Betreiber, deren
       Lebenszeit zu verlängern, wachsen die Anforderungen", heißt es in einem
       Bericht der norwegischen Behörde. Eigentlich habe die Hälfte der
       Plattformen ausgedient, so dass "Großunglücke drohen". Doch abgesehen von
       offensichtlichen Verstößen gegen Vorschriften seien den Behörden die Hände
       gebunden, klagt Petroleumstilsynet: Zuständig für die Sicherheit der
       Anlagen seien allein deren Betreiber.
       
       Auch die Organisationen der Ölarbeiter haben Alarm geschlagen. Die
       britische Gewerkschaft RMT warf kürzlich den Konzerne vor, dass Arbeiter,
       die auf Sicherheitsprobleme hinweisen, schikaniert würden und Repressalien
       fürchten müssten. Weltweit betrachtet gelten die Sicherheitsstandards in
       der Nordsee sogar noch als die strengsten und gar als Vorbild für die
       umstrittenen Arktis-Ölbohrungen.
       
       8 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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