# taz.de -- Abhörskandal in Großbritannien: Ex-Premier Brown jahrelang bespitzelt
       
       > Im Auftrag der Murdoch-Blätter "Sunday Times" und "The Sun" sollen
       > persönliche Daten von Gordon Brown ausspioniert worden sein. Murdochs
       > Übernahme von "BSkyB" droht nun zu platzen.
       
 (IMG) Bild: Ebenfalls gehackt: Ex-Finanzminister und Ex-Premier Gordon Brown
       
       LONDON afp | Der Abhörskandal in Großbritannien weitet sich immer weiter
       aus. Die Polizei informierte den früheren Premierminister Gordon Brown
       darüber, dass er möglicherweise zu seinen Zeiten als Finanzminister
       jahrelang von den Zeitungen The Sunday Times und The Sun ausspioniert
       wurde, wie ein Sprecher Browns am Montag sagte. Die Zeitungen gehören wie
       das eingestellte Boulevardblatt News of the World zu dem Imperium von
       Rupert Murdoch.
       
       "Brown ist über das Ausmaß des Eingriffs in sein Familienleben informiert
       worden", sagte der Sprecher weiter. "Die Familie ist schokiert über das
       Ausmaß der kriminellen Energie und über die unethischen Mittel, mit denen
       persönliche Daten beschafft wurden. Der Fall liegt in den Händen der
       Polizei." Den Angaben zufolge soll der Privatdetektiv Glenn Mulcaire im
       Auftrag von Murdochs Verlag News International, dem britischen Ableger des
       Medienimperiums, Browns Handy und sein persönliches Konto gehackt haben,
       als dieser noch Finanzminister war.
       
       News International erklärte, die Anschuldigungen zur Kenntnis genommen zu
       haben. Um den Fall weiter prüfen zu können, bitte der Verlag nun darum,
       dass ihm "alle Informationen dazu übermittelt werden", hieß es in der
       Erklärung. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass
       Murdochs Boulevardzeitung News of the World tausende Menschen illegal
       abgehört hatte. Die Zeitung war daraufhin eingestellt worden.
       
       Der Rundfunksender BBC und die Zeitung Guardian berichteten, die Sunday
       Times habe sich private medizinische und finanzielle Daten sowie
       Informationen über ein Wohnungsgeschäft beschafft. Laut Guardian reichen
       die Vorwürfe bis in die Amtszeit von Brown als Regierungschef. Dem Bericht
       zufolge beschaffte sich die Zeitung unter anderem Details aus der
       Krankenakte von Browns schwer erkranktem kleinen Sohn. Brown war von 1997
       bis 2007 zunächst Finanzminister, bevor er in den drei darauf folgenden
       Jahren Premier war.
       
       ## BSkyB-Übernahme droht zu platzen
       
       Im Zuge des Abhörskandals droht nun auch die Übernahme des britischen
       Senders BSkyB durch Murdoch zu platzen. Vize-Premierminister Nick Clegg
       forderte Murdoch am Montag auf, sein Übernahmeangebot zu "überdenken". Auch
       der derzeitige Premier David Cameron, der durch enge Verbindungen zum
       Murdoch-Konzern selbst in der Kritik steht, forderte den Medienunternehmer
       auf, sich um den Abhörskandal zu kümmern, statt um die nächste Übernahme.
       Würde er den Konzern führen, wäre es ihm zunächst daran zu gelegen, die
       Krise zu überwinden, sagte Cameron am Montag.
       
       Ursprünglich war erwartet worden, dass die Regierung schon in den kommenden
       Tagen grünes Licht für die millionenschwere Übernahme des Bezahlsenders
       durch den Murdoch-Konzern geben werde. Die britische Regierung überwies das
       Übernahmeangebot nun aber zunächst an das Kartellamt. Laut Kulturminister
       Jeremy Hunt wird die Prüfung durch die Behörde sechs Monate dauern. Sie
       erlaubt der Regierung, die umstrittene Übernahme zunächst einzufrieren.
       
       12 Jul 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Britischer Abhörskandal: Murdochs Reich bröckelt
       
       Nun gibt es erste personelle Konsequenzen im Abhörskandal. Rebekah Brooks,
       enge Vertraute von Rupert Murdoch, tritt zurück. Und auch das FBI will
       ermitteln.
       
 (DIR) Internationale Presse zu Murdoch: "Power-Broker auf drei Kontinenten"
       
       Nicht nur in Großbritannien besitzt Rupert Murdoch weite Teile der Medien.
       Auch in den USA und Australien ist er mächtig. Nach dem Abhörskandal ist
       die Aufregung groß.
       
 (DIR) Kommentar zum Skandal um Murdoch: Cameron muss durchgreifen
       
       Der Fall "News of the World" zeigt der britischen Öffentlichkeit, dass ihre
       Demokratie eine Farce ist. Politiker kuschen vor dem Boulevard und
       Polizisten vertuschen Verbrechen.
       
 (DIR) Britische Medien- und Politikeliten: Die Wortmächtigen
       
       Die politische und die journalistische Eliten Großbritanniens sind auf
       unheilvolle Art ineinander verstrickt. Der Skandal um die "News of the
       World" ist nur Symptom dafür.
       
 (DIR) Kommentar "News of the World"-Skandal: Was dürfen Journalisten?
       
       Die technischen Möglichkeiten, um unbemerkt an Informationen zu gelangen,
       werden immer besser. Für seriöse Journalisten stellt sich die Frage, wie
       weit sie gehen dürfen.
       
 (DIR) Letzte Ausgabe von "News of the World": "Unser Motto ist die Wahrheit"
       
       Die "News of the World" war seit der Gründung 1843 ein Blatt der Gosse. Am
       Sonntag erschien sie zum letzten Mal - mit einer Auflage von immerhin noch
       2,6 Millionen.
       
 (DIR) Einstellung von "News of the World": Schlechte Nachrichten im Abo
       
       Mit der Einstellung von "News of the World" am Sonntag will Rupert Murdoch
       den Abhörskandal vergessen machen. Doch die Festnahme von Ex-Chefredakteur
       Andy Coulson steht dagegen.
       
 (DIR) Kommentar World of the News: Murdochs Entmachtung
       
       Die von Premier Cameron angekündigten Untersuchungen der Abhöraffäre sind
       nur sinnvoll, wenn sie Rupert Murdochs Rolle in der britischen Politik
       miteinbeziehen.
       
 (DIR) Abhörskandal in Großbritannien: Premier gibt Mediengeilheit zu
       
       David Cameron gesteht Fehler beim Abhörskandal um "News of the World" ein
       und kündigt die Neuregulierung der Presselandschaft an. Sein
       Expressesprecher Andy Coulson wandert derweil in den Knast.