# taz.de -- Geplatzte Preisverleihung: Die Quadriga-Blase
       
       > Die Nicht-Vergabe der Auszeichnung an Putin sorgt für Wirbel. Doch die
       > Quadriga ist nur ein piefiger Wirtschaftspreis, der erstaunliche mediale
       > Beachtung erfährt.
       
 (IMG) Bild: Wladimir Putin nachdenklich: Wo krieg' ich jetzt eine Auszeichnung her?
       
       BERLIN taz | Die Nicht-Vergabe des Quadriga-Preises an Russlands Premier
       Wladimir Putin ist aus Sicht des russischen Botschafters in Deutschland,
       Wladimir Grinin, "höchst unsympathisch und unanständig", wird aber die
       deutsch-russischen Beziehungen nicht belasten. Das stellte Grinin am Montag
       zu Beginn der deutsch-russischen Regierungskonsultationen klar. Zuvor
       hatten Medien, Mitwirkende und Sponsoren eine unbedeutende Preis-Verleihung
       zum nationalen Ereignis hochstilisiert.
       
       Das Ausmaß dieser Blase erahnt, wer mit dem ostdeutschen Theologen Richard
       Schröder spricht. Schröder gründete 1993 die "Werkstatt Deutschland", einen
       kleinen Verein mit Sitz in Berlin, dem die deutsch-deutsche Vereinigung
       eine Herzenssache war. "Wir", sagt Schröder, "haben schon Veranstaltungen
       gemacht, als in Berlin der 3. Oktober noch gar nicht gefeiert wurde." Die
       Sache mit dem Quadriga-Preis sei erst viel später gekommen, nämlich 2003,
       als einige Vereinsmitglieder, darunter die geschäftsführende Vorsitzende
       Marie-Luise Weinberger, die Berliner Netzwerk Quadriga gGmbH gründeten. Die
       Werkstatt Deutschland habe damit nichts zu tun, betont Schröder.
       
       Auf die Idee, eine zuschauerquotenstarke Festveranstaltung am 3. Oktober
       mit TV-Übertragung sowie einen medienträchtigen Preis namens "Quadriga" zu
       organisieren, kamen ebenfalls andere: die PR-Strategen des Energiekonzerns
       Vattenfall, die kurz nach der Jahrhundertwende mit gezieltem Sponsoring ihr
       Image in Deutschland stärken wollten. Die Einbindung honoriger
       Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erschien da
       offenbar günstig. Diese wurden jedenfalls ab 2003 in einem Kuratorium
       versammelt, was dem Eindruck entgegen wirken sollte, "dass natürlich
       Vattenfall die Preisträger bestimmt hat", sagt Richard Schröder. Die
       Quadriga - ein als gesellschaftliches Großereignis getarnter
       Wirtschaftspreis?
       
       ## Wie Gästeliste eines Wirtschaftssymposiums
       
       Die mediale Aufmerksamkeit, die die Quadriga erfahren habe, sagt Schröder,
       sei nicht dem gesellschaftspolitischen Anspruch der Stifter geschuldet,
       sondern einzig "im Zusammenhang mit dem Datum 3. Oktober" zu sehen: "Das
       Fernsehen will ja zum Abend des 3. Oktober etwas senden, nur es findet
       eigentlich nichts statt, wir haben ja an unserem Nationalfeiertag nicht
       solche Festivitäten wie etewa die Franzosen oder die Amerikaner".
       
       Nachdem Vattenfall 2007 seine "Sponsoring-Strategie aktualisiert hatte",
       wie ein Konzern-Sprecher sagt, zog man sich aus der Finanzierung des
       Preises zurück. Die Runde der neuen Sponsoren, die sich "Freundeskreis der
       Quadriga" nennen und Wert darauf legen, zwar die Festveranstaltung zu
       untersützen, aber kein Preisgeld zu vergeben, liest sich wie die Gästeliste
       eines Wirtschaftssymposiums. Neben Vertretern der Robert Bosch GmbH und des
       Tabak-Konzerns Philip Morris gehören der Vorsitzende der Geschäftsführung
       des deutschen Ablegers vom französischen Mineralkonzern Total,
       Hans-Christian Gützkow, sowie der Vorstandschef der Bayrischen
       Warenvermittlung AG (BayWa), Klaus Josef Lutz, dazu.
       
       Total betreibt etwa die Total Raffinerie Mitteldeutschland. Die Anlage bei
       Leuna verarbeitet etwa 30.000 Tonnen Rohöl am Tag, das über Pipelines
       direkt aus Russland kommt. Für die BayWa ist der Bereich Energie mit fast
       2,4 Milliarden Euro Jahresumsatz das zweitwichtigste Geschäftssegment. Seit
       Jahren ist BayWa auch auf dem russischen Markt aktiv. Geschäftsbeziehungen,
       denen die Aberkennung eines Preises an einen ebenso zwielichtigen wie
       einflussreichen Staatsmann unter höchster medialer Aufmerksamkeit nicht
       eben förderlich sein dürfte.
       
       18 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Budweg
 (DIR) H. Haarhoff
       
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