# taz.de -- Aktion "Berlin Barrierefrei": Rückständige Schlupflöcher
       
       > Berlins Behindertenbeauftragter wirbt mit einer Plakataktion für
       > Barrierefreiheit in Gebäuden und Köpfen. Der Behindertenverband sieht
       > eher eine Verschlechterung.
       
 (IMG) Bild: Barrierefrei in Berlin unterwegs? Keine Selbstverständlichkeit.
       
       Es ist keine Gefälligkeit, sondern ein Menschenrecht, dass Behinderte
       Zugang zu öffentlichen Gebäuden, zu Bahnhöfen und Geschäften haben. Mit
       einer Plakataktion will Berlins Behindertenbeauftragter Jürgen Schneider
       seit Dienstag das Bewusstsein dafür schärfen. "Solche Initiativen reichen
       noch lange nicht", sagt dagegen Uwe Hoppe vom Behindertenverband Berlin.
       Seit über zwei Jahren gelte die UN-Behindertenrechtskonvention, aber in
       Berlin seien die Bedingungen sogar schlechter geworden. "Alles nur
       Willensbekundungen", meint Hoppe.
       
       Der Behindertenbeauftragte hatte schon 2004 das Programm "Berlin
       barrierefrei" ins Leben gerufen. Ämter, Bahnhöfe, Kaufhäuser und Geschäfte
       können seitdem das Signet mit Pfeil auf gelbem Grund beantragen. Als
       Maßstab gilt der Zugang für alle Menschen. Weil die
       UN-Behindertenrechtskonvention seit 2009 das Recht behinderter Menschen auf
       barrierefreies Leben festschreibt, hat Schneider die Vergabekriterien für
       das Signet im vergangenen Jahr verschärft. So muss zum Beispiel der Zugang
       für sinnesbehinderte Menschen beachtet werden.
       
       "Seitdem konnten wir kein einziges Signet mehr vergeben", resümiert Heike
       Schwarz-Weineck aus dem Büro des Behindertenbeauftragten. Die Kriterien
       orientierten sich zwar an den Vorgaben der erst 2006 neu aufgelegten
       Bauordnung. Aber gerade die lasse zu viele Schlupflöcher zu. So wurde etwa
       die neue Bibliothek der Humboldt-Uni als Sonderbau eingestuft und deshalb
       nicht barrierefrei geplant.
       
       Solche Fälle regen auch Behindertenvertreter Hoppe auf. Er sitzt selbst im
       Rollstuhl und ist wie rund 10 Prozent der BerlinerInnen auf
       Barrierefreiheit angewiesen. In den vergangenen 20 Jahren habe es in Berlin
       zwar viele Fortschritte gegeben, aber seit zwei Jahren beobachte er, dass
       das Bewusstsein für Barrierefreiheit trotz UN-Konvention abnehme. "Bei dem
       Entwurf der neuen Gaststättenverordnung sind zum Beispiel alle Kriterien
       der Barrierefreiheit rausgefallen", prangert Hoppe an.
       
       Der Behindertenbeauftragte hat zur Überarbeitung der Bauordnung eine
       Arbeitsgruppe gebildet und ist mit der Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung im Gespräch. Aber auch bei diesem Thema fällt der Berliner
       Satz des Jahres: "Vor der Wahl passiert da nichts mehr!" Die Konvention,
       die das Recht behinderter Menschen auf barrierefreies Leben verbrieft, wird
       dann fast drei Jahre gültig sein.
       
       21 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
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