# taz.de -- Rechtsextreme im Netz: Hass in 140 Zeichen
       
       > Rechtsextreme wollen Jugendliche mehr und mehr auch in den sozialen
       > Netzwerken ködern. Das Problem wächst, sagen Jugendschützer.
       
 (IMG) Bild: Rechtsextreme versuchen über soziale Netzwerke wie Twitter, an Jugendliche heranzukommen.
       
       BERLIN taz | Zu Beginn ist das Bild dunkel, die Musik getragen und nur
       einige unscharfe Lichtpunkte sind zu sehen. Dann kommt Bewegung auf,
       Menschen ziehen mit Fackeln in der Hand durch die Straßen. Sie tragen weiße
       Masken.
       
       Ein rätselhaftes Video bei Youtube im Internet. Das Ziel: Neugier wecken.
       Die Zielgruppe: Vor allem Jugendliche. Die Macher: Neonazis, die Angst
       haben vor dem "Tod des deutschen Volkes". Autonome Nationalisten und andere
       rechtsextreme Gruppen setzen zunehmend auf Youtube, Facebook oder Twitter,
       um Jugendliche zu erreichen.
       
       Diesen Befund präsentierten Jugendschützer am Donnerstag bei der
       Vorstellung des Jahresberichtes von jugendschutz.net, einer
       länderübergreifenden Einrichtung, die unter anderem durch die
       Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) gefördert wird.
       
       Dass Neonazis auf der Suche nach Nachwuchs in den sozialen Netzwerken
       unterwegs sind, verwundert nicht. Schließlich tummeln sich dort die meisten
       jungen Leute. Jugendschutz.net hat im Web 2.0 im vergangenen Jahr 6000
       rechtsextreme Beiträge gezählt, dreimal so viele wie im Vorjahr. In welchem
       Verhältnis diese Zahl zum allgemeinen Internetwachstum steht, kann Stefan
       Glaser, stellvertretender Leiter von jugendschutz.net nicht sagen.
       Repräsentative Zahlen gebe es nicht und die Dunkelziffer sei groß.
       
       ## Zahl hilfesuchender Eltern nimmt zu
       
       In jedem Fall bringe das Web 2.0, in dem die Internetnutzer selbst aktiv
       sind, besondere Gefahren mit sich, erklärt Glaser. Die Rechtsextremen
       erreichen in den sozialen Netzwerken die Jugendlichen direkter und können
       sie auch auf Seiten locken, die indiziert und deshalb von Suchmaschinen
       unauffindbar sind. Und wenn die Jugendlichen einmal interessiert sind,
       kommt womöglich irgendwann die persönliche Kontaktaufnahme. "Jugendliche
       sind für die Neonazis die wichtigste Zielgruppe im Netz", sagt Glaser.
       Viele Eltern sind damit offenbar überfordert.
       
       "Das Web 2.0 ist in unserem Beratungsalltag angekommen", berichtet Martin
       Ziegenhagen, Leiter der "Online-Beratung gegen Rechtsextremismus". Die Zahl
       der Eltern, die sich hilfesuchend an die Beratungsstelle wenden, sei
       gestiegen. Ziegenhagen betont, dass die sozialen Netzwerke grundsätzlich
       ein enormes Potential hätten, aber eben auch ein Risiko seien. Er fordert,
       dass der Umgang damit in die Lehrpläne der Schule aufgenommen wird. "Hier
       besteht absolut Handlungsbedarf."
       
       Die Neonazi-Angebote im Web 2.0 kommen oft modern und harmlos daher -
       zumindest auf den ersten Blick. So wurde der Song einer rechtsextremen
       Liedermacherin auf Youtube eingestellt, in dem es um Kindesmissbrauch geht
       - und erreichte fast 900.000 Klicks. Die Hoffnung der Neonazis ist
       offenbar, dass dann einige weiter surfen zu rechtsextremen Webseiten.
       
       ## Forderung nach Filtern
       
       Oberstes Ziel von Glaser und seinen Kollegen ist es, dass rechtsextreme
       Inhalte aus dem Netz getilgt werden. Im Jahr 2010 seien so 168 Webseiten
       auf ihr Bestreben hin von den Providern gelöscht worden. Ebenso seien 600
       Videos nach einem Hinweis an die entsprechende Videoplattform entfernt oder
       zumindest für Zugriffe von deutschen Servern gesperrt worden. Bei Webseiten
       oder Videos, die auf Servern im Ausland liegen, laufen die Bemühungen
       allerdings oft ins Leere. Viele rechtsextremistische Inhalte sind
       strafrechtlich nicht zu beanstanden. Grundsätzlich können Betreiber durch
       ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar Regeln festlegen, die über die
       gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen.
       
       Aber gerade Seitenbetreiber mit Sitz im Ausland reagieren nicht unbedingt
       auf die Forderungen der Jugendschützer. Ausdrücklich wendet sich Glaser an
       Facebook und Youtube, mehr gegen "Hasspropaganda" zu unternehmen. Eine
       weitere Forderung sind technische Verbesserungen, etwa Filter, die
       verhindern, dass ein gelöschtes Video erneut ins Internet hochgeladen wird.
       BpB-Präsident Thomas Krüger appelliert an die Netzgemeinde, stärker für
       demokratische Grundwerte einzutreten. Einzelne Initiativen gibt es, sie
       sind aber nicht unbedingt erfolgreich. So hat die Seite "Kein Facebook für
       Nazis - NPD Seite löschen!" mehr als 400000 Fans. Aber die Initiatoren
       haben seit fast einem Jahr keine Inhalte mehr eingestellt. Und die
       NPD-Seite bei Facebook existiert nach wie vor.
       
       21 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Erb
       
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