# taz.de -- Debatte um Sarrazins Kreuzberg-Besuch: Kreuzberg schafft Sarrazin ab
       
       > Ein Kamerateam schickt Thilo Sarrazin nach Kreuzberg. Die Kreuzberger
       > verweigern die Diskussion - und schon gibt es großes Geschrei über
       > angebliche Intoleranz und "No-go-Areas". Was wird hier gespielt? Eine
       > Stimmensammlung.
       
 (IMG) Bild: Thilo Sarrazin, hier in Neukölln: Wird so ein Dialog auf Augenhöhe geführt?
       
       "Thilo Sarrazin wurde nicht aus Kreuzberg rausgeworfen. Die Leute haben nur
       ihr freies Recht auf Meinungsäußerung wahrgenommen. Sie haben gesagt: Wir
       wollen keinen Scheindialog vor laufender Kamera. Aber offenbar soll dieses
       Recht auf freie Meinungsäußerung hierzulande für bestimmte
       Bevölkerungsgruppen nicht mehr gelten."
       
       Özcan Mutlu, Kreuzberger Grünen-Abgeordneter 
       
       "Herr Sarrazin muss erleben, dass er in Kreuzberg nicht überall Beifall
       findet. Mit fehlender Toleranz hat das nichts zu tun. Hier wurde nicht
       ernsthaft der Dialog gesucht, es erinnerte eher daran, wie Bruno im Film
       durch Jerusalem gegangen ist. Ob man Sarrazin bei einer solchen
       Inszenierung auslacht oder ihn beschimpft, das muss jeder selbst
       entscheiden."
       
       Jan Stöß, SPD-Vorsitzender Friedrichshain-Kreuzberg 
       
       "Zunächst muss man festhalten: Weder wurde Herr Sarrazin angegriffen, noch
       hat man ihn aus Kreuzberg geworfen. Die Kritik war verbal. Das gehört zur
       Demokratie. Das hat nichts mit No-go-Areas zu tun. Das ZDF muss sich
       fragen, ob es sich nicht zum Helfershelfer der Sarrazinschen Promotion
       macht."
       
       Thomas Barthel, Die Linke 
       
       "Ich bin überrascht, dass Sarrazin überrascht ist über diese Reaktionen.
       Und dass er Kreuzberg nun als No-go-Area stilisiert: Der Afrikarat hatte
       mal eine Karte der No-go-Areas in Berlin publiziert, und ich finde die
       Bagatellisierung dieses traurigen Phänomens, das ja viele Angehörige von
       Minderheiten betrifft, ziemlich geschmacklos."
       
       Philippa Ebéné, Leiterin der Neuköllner Werkstatt der Kulturen und
       Kreuzbergerin 
       
       "Wer missbraucht da eigentlich wen? Und warum macht ein
       öffentlich-rechtlicher Sender ein solches Spektakel? Unabhängig von diesen
       Fragen muss man aber sagen: Das war eine Provokation. Genauso wie es eine
       Provokation ist, wenn der Oranje-Orden durch die katholischen Viertel von
       Belfast marschiert. Kreuzberg hat gezeigt, dass es eine No-go-Area für
       Rassisten ist. Ich hoffe, das gilt nicht nur für Kreuzberg."
       
       Steffen Schumann, Designer 
       
       "Thilo Sarrazin provoziert gerne und er wusste, dass es zu diesen Protesten
       kommen wird."
       
       Marc-Niklas Förster, Jusos Neukölln 
       
       "Ich frage mich als Migrant, wieso ich GEZ-Gebühren zahlen soll, wenn eine
       Sendung wie "Aspekte" einem Provokateur solchen Spielraum lässt. Es ist das
       Recht der Kreuzberger, sich so zu äußern. Was ist daran antidemokratisch?
       Wer so austeilt, muss auch einstecken können."
       
       Muharrem Aras, SPD-Kandidat in Kreuzberg 
       
       "Ich würde sagen, Sarrazin ist der Böse, gerade weil er sich jetzt als
       Opfer inszeniert. Wir sind in Kreuzberg offen für vieles, aber nicht für
       Rassisten wie Sarrazin."
       
       Figen Izgin, Kreuzberger Kandidatin der Linkspartei 
       
       "Ich bin erstaunt, dass nicht der Krawall-Sender RTL sowas inszeniert,
       sondern das öffentlich-rechtliche ZDF. Es hilft der Debatte einfach nicht,
       wenn man das an Thilo Sarrazin personalisiert. In meiner Kneipe würde er
       dennoch willkommen sein - solange er ohne Kamerateam kommt."
       
       Christian Gaebler, SPD-Abgeordneter und Kreuzberger Kneipenwirt 
       
       "Was Sarrazin geschrieben hat, ist schon an sich eine Provokation, auch
       ohne seinen Auftritt hier. Das ist reine Diskriminierung, reiner Rassismus,
       wenn man schreibt, Migranten seien genetisch bedingt dümmer. Das halte ich
       für sehr gefährlich, es erinnert an vergangene Zeiten, die wir alle nicht
       wieder haben wollen. Sein Auftauchen hier war natürlich auch eine
       Provokation. Klar kann man ihm nicht sagen, fahr nicht nach Kreuzberg oder
       Neukölln. Aber das war inszeniert. Die Reaktion der Menschen hier war
       insofern angemessen. Dass sie sagen, bis hierher, weiter nicht. Ist doch
       klar, dass sie nicht freundlich auf ihn reagieren. Auch sie haben mit ihren
       Steuern sein Gehalt bezahlt."
       
       Nader Khalil, Nordneuköllner Bezirksverordneter der CDU
       
       21 Jul 2011
       
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