# taz.de -- Neue Idee für Energiewende: Bürger wollen Stromleitung finanzieren
       
       > Arbeitsgemeinschaft kleiner Energieproduzenten will Hochspannungsleitung
       > an der Nordseeküste auf die Sprünge helfen. Diese soll es möglich machen,
       > den zunehmenden Windstrom zu transportieren.
       
 (IMG) Bild: Windräder im Netz: Erneuerbare Energie braucht zusätzliche Leitungen.
       
       HAMBURG taz | Eine Gruppe schleswig-holsteinischer Unternehmer und Bürger
       wollen in den Aus- und Umbau des Stromleitungsnetzes einsteigen. Konkret
       geht es um eine neue Höchstspannungsleitung entlang der Westküste, die
       gebraucht wird, um den Strom aus den Offshore-Windparks in der Nordsee und
       den aufgerüsteten Windrädern an Land gen Süden zu transportieren. Die Arge
       Netz, ein Verbund von 180 Erzeugern Erneuerbarer Energie, plant dazu eine
       Beteiligungsgesellschaft.
       
       "Wir streben nicht an, die Leitung alleine zu bauen", sagt Reinhard
       Christiansen, einer der drei Geschäftsführer der Arge. Es gehe eher darum,
       die Privatleute als zusätzliche Geldgeber zu gewinnen, damit der Bau
       schneller vorangehe. Und nebenbei lasse sich noch ein wenig Geld verdienen.
       
       Die Arge Netz schätzt, dass schon heute ein volkswirtschaftlicher Schaden
       von zehn Millionen Euro jährlich entsteht, weil in Nordfriesland mehr
       Windstrom erzeugt wird, als abgeführt werden kann. Ist der Wind zu günstig,
       müssen die Anlagen gedrosselt oder abgestellt werden. Der Strom, der in
       dieser Zeit erzeugt werden könnte, wird den Anlagenbetreibern trotzdem
       vergütet und verteuert nutzlos die Stromrechnung.
       
       Der grüne Abgeordnete im Kieler Landtag Detlef Matthiesen geht davon aus,
       dass sich dieses Problem in den nächsten Jahren schnell verschärfen wird.
       Schleswig-Holstein sei gerade dabei, weiter Eignungsflächen für
       Windenergieanlagen auszuweisen. Nach einem Beschluss des Landtages sollen
       dafür künftig 1,5 statt ein Prozent der schleswig-holsteinischen
       Landesfläche zur Verfügung stehen.
       
       Überdies sollen bestehende Windräder durch solche mit mehr Leistung ersetzt
       werden. Statt einer Gesamtleistung von drei oder vier Gigawatt ließen sich
       dann alleine an Land neun Gigawatt erreichen. Dazu könnten nach einer
       Schätzung der Kieler Landesregierung von 2007 gut drei Gigawatt auf See
       kommen.
       
       Was hier an Strom erzeugt werden könne, bedeute für Schleswig-Holstein
       "eine gigantische Wertschöpfung", sagt Matthiesen. Um die Energie abführen
       zu können, hält der niederländische Netzbetreiber Tennet zusätzliche
       Höchstspannungsleitungen für nötig: eine 380-Kilovolt-Leitung an der
       Ostküste von Kiel über Fehmarn nach Lübeck, eine weitere entlang der
       Westküste von Niebüll nach Brunsbüttel.
       
       Tennet hat 2009 das schleswig-holsteinische Übertragungsnetz übernommen.
       Die Gesellschaft erzeugt selbst keinen Strom. Matthiesen vermutet daher,
       dass es ihr nicht ganz leicht fallen dürfte, in den Netzausbau zu
       finanzieren. Um diesen an der Westküste zu beschleunigen, schwebt ihm ein
       "Bürgerenergienetz Nordfriesland - Dithmarschen" vor. Mit Hilfe einer
       Beteiligungsgesellschaft könnte dieses modellhaft von BürgerInnen
       kofinanziert werden - mit einer Rendite von schätzungsweise vier Prozent.
       
       Vorbild dafür sind Bürgerwindparks, mit denen die Leute von der Arge Netz
       reichlich Erfahrung haben. Allein Arge-Geschäftsführer Christiansen führt
       noch bei sechs anderen solcher Gesellschaften und einem Umspannwerk die
       Geschäfte. "In kürzester Zeit hätten wir 10.000 Leute, die sich beteiligen
       würden", schätzt Christiansen. Das sei bei dem am Ende gescheiterten
       Bürgerwindpark Butendiek nicht anders gewesen. Erste Interessenten hätten
       sich schon gemeldet, obwohl es noch keine konkreten Pläne gebe.
       
       Matthiesen hat die Idee schon einmal dem Netzbetreiber Tennet vorgestellt.
       "Die waren sehr interessiert, als ich das angeregt habe", berichtet er. Der
       Landtagsabgeordnete hofft, dass sich neue Leitungen leichter durchsetzen
       lassen, wenn BürgerInnen von ihnen profitieren.
       
       Darüber hinaus gelte es jedoch, die Bevölkerung früher als bisher über
       einschlägige Pläne zu informieren - und dafür zu sorgen, dass diese auch
       beurteilt werden können.
       
       25 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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