# taz.de -- Video der Woche: Ein Finger für Testikel und Test
       
       > Mit einem Animationsclip, in dem sämtliche Geschlechtsteile zum
       > Discosound befingert werden, macht die französische Aids-Hilfe Werbung
       > für einen HIV-Schnelltest.
       
 (IMG) Bild: Auf der Sexy Fingers-Webseite dürfen die UserInnen selbst den Finger anlegen.
       
       Ein Finger zupft den Stringtanga an einem männlichen Hinterteil, zwei
       Finger pieksen in weibliche Pobacken, Mehrere Hodensäcke hängen an einer
       Wäscheleine, die von einem Finger angestubst werden - und jede Berührung
       erzeugt einen Ton, der Teil eines ziemlich trashigen Elektro-Disko-Tracks
       ist.
       
       Die in Pop-Art-Farben gehaltene Animation würde als lustiger Trailer für
       eine Porno-Produktion rezipiert werden, käme nicht ganz zum Schluß des
       Clips raus, dass seine Macher ein ernsthaftes Anliegen mit ihm
       transportieren wollen: "Avec un doigt vous pouvez aussi vous faire dépister
       du sida" – mit einem Finger können Sie festellen, ob Sie Aids haben.
       
       Aides, eine französische Aids-Hilfe-Organisation hat in Zuammenarbeit mit
       der Kommunikationsagentur JWT Paris dieses Video produziert - für ihre
       Kampagne Sexy Fingers. Die soll eine neue Methode des Nachweises von
       HIV-Viren bewerben - und zwar eine, die ganz ohne medizinische Betreuung
       funktioniert. Die Entnahme eines einzigen Tropfens Blut aus der
       Fingerspitze soll schon genügen. Nach einer halben Stunde soll die/der
       Getestete ein Ergebnis erhalten.
       
       Die Kampagne umfasst nicht nur das Video, sondern auch [1][eine Webpage],
       auf der per Mouseklick, die Hand bzw. der Finger an die diversen, schon aus
       dem Clip bekannten Geschlechtsteile angelegt und so die Musik selbst
       erzeugt werden kann. Ein [2][Android-App] ermöglicht diese Interaktion auch
       auf Smartphones von HTC oder Samsung.
       
       So will Aides auf spielerische Art und Weise dafür sorgen, dass der
       Schnelltest möglichst dort zur Verfügung steht, wo sich auch Personen aus
       Gruppen aufhalten, denen ein hohes Aids-Risiko zugeschrieben wird:
       Homosexuelle, MigrantInnen, SexarbeiterInnen oder Drogenabhängige. Viele
       von ihnen meiden die traditionellen Testangebote in den französischen
       Arztpraxen und Krankenhäusern – sei es aus Angst vor Stigmatisierung aber
       auch vor möglichen juristischen Konsequenzen.
       
       Im Moment beteiligen sich 17 Adressen in verschiedenen französischen
       Städten an dem Projekt von Aides - in der Hauptsache Bars, Saunas und
       Sex-Clubs. Aides möchte den Test diesen Sommer aber auch verschiedenen
       französischen Stränden anbieten.
       
       ## Deutsche Aidshilfe warnt vor Euphorie
       
       Schnelltests sind auch in Deutschland möglich. War es vor einigen Jahren
       meist noch nötig, eine große Menge Blut abzugeben und dann eine Woche auf
       das Ergebnis zu warten, hat sich seitdem viel getan. In Schwerpunktpraxen
       und bei Beratungsprojekten erhält man sein Ergebnis innerhalb eines Tages,
       manchmal innerhalb einer halben Stunde.
       
       Die Aidshilfe warnt vor Euphorie: "Schnelltests verkürzen nicht die
       Wartezeit von 90 Tagen". Zudem: Ist das Ergebnis positiv, dauere es drei
       bis fünf Tage, so die Aidshilfe, bis das Ergebnis durch einen weiteren Test
       als sicher bestätigt werden kann. Ist das positive Ergebnis jedoch falsch,
       mache man sich in dieser Zeit unnötig Sorgen. Auch beim schwulen
       Beratungsprojekt Mann-O-Meter ist – für schwule Männer – ein [3][anonymer
       Schnelltest ohne Voranmeldung] möglich, Kostenpunkt 15 Euro. Auch
       Mann-O-Meter warnt: "Der Schnelltest ist kein Früherkennungstest, der vor
       dem dritten Monat HIV-Antikörper registriert."
       
       Hat man die Sorge, sich innerhalb der letzten drei Monate mit HIV/Aids
       infiziert zu haben, so wäre dies nur mit einem PCR-Test feststellbar.
       Dieser muss selbst bezahlt werden und kostet mindestens 100 Euro. Der
       PCR-Test springt direkt auf HI-Viren an, liefert schon etwa zwei Wochen
       nach dem Risikokontakt ein recht sicheres Ergebnis. Der Schnelltest und
       auch der herkömmliche Test registrieren nicht HI-Viren, sondern Antikörper,
       die sich als Reaktion auf die Infektion gebildet haben.
       
       Die franzöische Aids-Hilfe-Organisation Aides mahnt jedoch, dass das
       "Testen auf Aids zu einem ähnlich vertrauten und gastfreundlichen Handgriff
       werden sollte wie das Kaufen eines Baguette. Fraglich bleibt aber, ob die
       Kampagne ihre Adressaten wirklich erreicht. Und ob diese bei all den
       bleibenden Unsicherheiten der Schnelltest-Methode wirklich so en passant am
       Sauna-Empfang oder beim Beachen erfahren wollen, ob sie den Virus
       möglicherweise in sich tragen oder nicht.
       
       29 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sexyfingers.org/#/fr/sexy-finger
 (DIR) [2] http://market.android.com/details?id=anonymous.aides
 (DIR) [3] http://www.mann-o-meter.de/?page_id=26
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Seeliger
 (DIR) Oliver Pohlisch
       
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