# taz.de -- Stresstest für Stuttgart 21: Grüner Minister bleibt auf Anti-Schiene
       
       > Vor der Präsentation gibt es in der rot-grünen Landesregierung neuer
       > Streit um den Stresstest. Verkehrsminister Winfried Hermann will gar eine
       > zweite Prüfung.
       
 (IMG) Bild: Darum entspinnt sich der ganze Streit: der Stuttgarter Bahnhof.
       
       STUTTGART taz | Vor acht Monaten durfte Winfried Hermann noch richtig
       wettern. Gegen die Deutsche Bahn. Gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21.
       Gegen dessen fragwürdige Wirtschaftlichkeit. Damals saß Hermann im Kreise
       des Aktionsbündnisses und nahm an der S-21-Schlichtung als grüner
       Oppositionspolitiker teil.
       
       Doch inzwischen ist aus dem Oppositionellen ein Landesminister geworden,
       der obendrein mit den S-21-Freunden der SPD koaliert. Wenn an diesem
       Freitag die Bahnhofskontrahenten erneut aufeinandertreffen, um den
       [1][Stresstest zu diskutieren], muss der eingefleischte S-21-Gegner Hermann
       beweisen, dass er diesen Rollenwechsel endgültig vollzogen hat.
       
       Wie Ende vergangenen Jahres kommen Projektgegner, Vertreter der Bahn und
       Vertreter der baden-württembergischen Landesregierung im Stuttgarter
       Rathaus zusammen. Unter der [2][Moderation des CDU-Politikers Heiner
       Geißler] diskutieren sie die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs.
       Die Fernsehsender Phoenix und SWR übertragen die Debatte ab 10 Uhr live.
       Das Demokratieexperiment von Geißler findet damit eine Fortsetzung.
       
       Neben Hermann wird der SPD-Staatssekretär Ingo Rust Platz nehmen. Dass die
       grün-rote Landesregierung den Stresstest unterschiedlich bewertet, konnte
       in der vergangenen Woche schon ein [3][gemeinsames Pressestatement] von
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem Vize Nils Schmid
       (SPD) nicht übertünchen. Auch wenn beide das Gutachten der Schweizer Firma
       SMA anerkannt haben, so bewerteten sie den zentralen Punkt doch
       unterschiedlich: die Betriebsqualität. Diese ist laut SMA "wirtschaftlich
       optimal", was der SPD genügte. Die Grünen hingegen fordern eine
       Premiumsqualität.
       
       ## Kritik der Grünen: "Wie ein billiges Motel"
       
       Am Tag vor der Präsentation wurde diese Auseinandersetzung noch einmal
       angeheizt. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel meldete sich am Donnerstag zu
       Wort und wies die Forderung nach einer Premiumsqualität als "absurd"
       zurück. Diese herzustellen sei unwirtschaftlich. "Niemand darf die Bahn
       dazu drängen, eine klar als unwirtschaftlich bewertete Qualitätsstufe
       anzustreben", so Schmiedel. Die Reaktion der Grünen ließ nicht lange auf
       sich warten. "Wenn ein Schienenbauprojekt als wirtschaftlich optimal
       eingestuft wird, ist dies wie ein billiges Motel", sagte Fraktionschefin
       Edith Sitzmann. "Sicher, man kann darin übernachten. Aber man zahlt dafür
       nicht den Preis eines Luxushotels. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt
       nicht."
       
       Derartige Schlachten dürfen sich Hermann und der SPD-Vertreter Rust am
       Freitag vor laufender Kamera nicht leisten. "Wir können da nicht als die
       großen Matadore auftreten", sagte Hermanns Sprecher Edgar Neumann der taz.
       Entsprechend froh ist das Verkehrsministerium, dass das Aktionsbündnis in
       letzter Sekunde noch seine Teilnahme an der öffentlichen Debatte zugesagt
       hat: "Das Bündnis kann die Kritikerrolle voll ausfüllen. Die können alles
       sagen, was noch ungeklärt ist", so Neumann.
       
       Die Landesregierung hat sich vorgenommen, in der Debatte nicht zu
       kommentieren, sondern lediglich Fragen zu stellen. Damit will es sich das
       Verkehrsministerium aber nicht nehmen lassen, Ungereimtheiten im Stresstest
       zu thematisieren. "Allein das SMA-Gutachten bietet genügend Stoff, an dem
       wir anknüpfen können", so der Ministeriumssprecher. Hermann werde dies "in
       sachlicher Form" vortragen. Letztlich seien die inhaltlichen Positionen der
       Grünen und der SPD ohnehin klar genug. Man brauche sich deshalb keine
       übermäßige Zurückhaltung aufzuerlegen.
       
       Um seinen Minister selbst macht sich Neumann dabei keine Sorgen - obwohl
       dieser seit seinem Amtsantritt oft genug ungeschickt agiert und seine Worte
       vorher nicht gerade reiflich überlegt hatte. "Er ist etwas kalkulierter
       geworden", sagt Neumann.
       
       Dies war auch bitter nötig geworden, nachdem Hermann sich innerhalb
       kürzester Zeit drei Rücktrittsforderungen eingehandelt hatte. Sollte ihm
       sein Auftritt am Freitag nicht gelingen, droht ihm neuer Ärger. "Dann hätte
       er bewiesen, dass er sich nicht an Absprachen halten kann", heißt es aus
       Regierungskreisen.
       
       Hermann will der Bahn aber möglicherweise eine neue Hürde einbauen. Er
       brachte am Donnerstag eine neue Überprüfung des Bahnprojekts ins Spiel. "Es
       ist unter Umständen eine zweite Simulation erforderlich", sagte er der
       Nachrichtenagantur dpa.
       
       28 Jul 2011
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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