# taz.de -- Streit um In-vitro-Fertilisation in Costa Rica: Drohen mit Höllenqualen
       
       > In Costa Rica tobt ein Kulturkampf um die In-vitro-Fertilisation. Dem
       > Land droht eine Menschenrechtsklage, die Regierung lässt sich von Opus
       > Dei vertreten.
       
 (IMG) Bild: Devote Katholikin: Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla.
       
       SAN SALVADOR taz | "Hallo, ich bin Sofí, die jüngste von drei
       Geschwistern", stellt sich die Mädchenstimme im Radio vor. "Meine Eltern
       lieben mich von ganzem Herzen. Aber ich weiß, dass meine sieben
       Geschwisterchen in einem Labor sterben mussten, damit ich zur Welt kommen
       konnte." Der Spot wurde von der katholischen Kirche in Costa Rica
       geschaltet und quäkte mehrmals täglich auf vielen Sendern. Er ist Teil
       einer Kampagne gegen die Befruchtung von Eizellen im Reagenzglas.
       
       Costa Rica soll weiterhin das einzige Land der westlichen Welt bleiben, in
       dem In-vitro-Fertilisation verboten ist. Das Land wird deshalb am 31. Juli
       vor dem Interamerikanischen Menschenrechtsgericht verklagt.
       
       Auslöser war ein Ultimatum der Interamerikanischen Menschenrechtskommission
       im August 2010. Zehn Paare hatten dort 2004 eine Beschwerde eingereicht:
       Ihr Menschenrecht auf die Bildung einer Familie werde durch das Verbot der
       In-vitro-Fertilisation missachtet. Die Kommission gab ihnen recht und
       verlangte von der Regierung, bis 31. Juli 2011 die Gesetzeslage zu ändern.
       
       Fünf Jahre lang, von 1995 bis 2000, war die In-vitro-Fertilisation in Costa
       Rica schon einmal erlaubt. 15 Kinder wurden mit dieser Befruchtungsmethode
       gezeugt und geboren. Dann reichte die katholischen Bischofskonferenz eine
       Verfassungsklage ein. Costa Rica ist nämlich nicht nur das einzige Land
       Lateinamerikas, in dem der Katholizismus als Staatsreligion festgeschrieben
       ist.
       
       ## Opus Dei drohte einem Paar mit Höllenqualen
       
       Die Verfassung schützt das Leben "vom Zeitpunkt der Befruchtung an". Weil
       aber bei jeder In-vitro-Fertilisation ein paar befruchtete Eier überzählig
       sind und vernichtet werden, gaben die Richter den Bischöfen recht. Seither
       müssen Paare, die in dieser Art der Befruchtung den einzigen Weg zu eigenem
       Nachwuchs sehen, nach Panama reisen. Dort kostet eine Behandlung rund
       10.000 US-Dollar.
       
       Von den zehn Paaren, die sich 2004 an die Interamerikanische
       Menschenrechtskommission wandten, sind neun übrig. Einem hatten Vertreter
       des Opus Dei so lange ewige Höllenqualen angedroht, bis es aus dem
       Verfahren ausstieg. Dafür sind rund fünfzig weitere Paare dazugekommen. Bei
       der Verhandlung vor der Menschenrechtskommission ließ sich die Regierung
       von dem Opus-Dei-Mann Alejandro Leal vertreten. Für den ist ein Verbot der
       In-vitro-Fertilisation "eine Frage der nationalen Souveränität".
       
       Der Anwalt der Gegenseite, Gerardo Trejos, war einst der Kirche als
       Messdiener verbunden. Und auch Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla ist
       eine devote Katholikin. Um ihrem Land eine Klage vor dem
       Menschenrechtsgerichtshof zu ersparen, sprang sie über ihren Schatten und
       legte dem Parlament eine entsprechende Gesetzesnovelle vor. Die Katholiken
       und auch ein paar evangelikale Kirchen riefen zu Demonstrationen mit Kerzen
       auf. Das Gesetz scheiterte am 14. Juni knapp.
       
       Der Radiospot mit der kleinen Sofí wurde für diese Kampagne nicht ganz frei
       erfunden. Tatsächlich heißt das letzte Kind, das nach einer
       In-vitro-Fertilisation in Costa Rica geboren wurde, Sofía und hat zwei
       ältere Geschwister. "Das kann kein Zufall sein", sagt ihre Mutter Marlen
       Romero verärgert. Die staatliche Aufsichtsbehörde für Rundfunkanstalten hat
       den Spot jetzt verboten: Er diskriminiere Kinder, die nach einer
       künstlichen Befruchtung geboren wurden. Jason Granados, Chefredakteur des
       katholischen Senders Radio Fides, findet seither, dass "die
       Meinungsfreiheit der Katholiken in Costa Rica unterdrückt wird".
       
       29 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) C. Romero
 (DIR) T. Keppeler
       
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