# taz.de -- Dortmunder Schachtage: Der zehnte Streich
       
       > Wladimir Kramnik dominiert bei den Dortmunder Schachtagen. Als einziger
       > schaffte es Hikaru Nakamura den Russen zu schlagen. Doch der wurde nur
       > Vorletzter.
       
 (IMG) Bild: Kramniks Meisterhände: unschlagbar auch das Muster seines Anzugs.
       
       Hikaru Nakamura fehlt es an Ernsthaftigkeit. Der Weltranglistensechste aus
       den USA spielte eine Woche vor dem ersten Zug bei den Dortmunder
       Schachtagen lieber bei einem Pokerturnier in Las Vegas mit, anstatt sich
       auf das traditionsreiche 39. Chess-Meeting vorzubereiten. So hielt der
       Großmeister mit japanischen Wurzeln - auf die Eröffnungen bezogen - nur
       Luschen in Händen.
       
       "In der Mitte des Turniers vergaß ich, wie man Schach spielt", klagte der
       23-Jährige zudem. Am enttäuschenden vorletzten Platz änderten selbst seine
       beiden Schlussrunden-Siege über den Tabellenletzten Georg Meier und
       Dominator Wladimir Kramnik nicht mehr viel, auch wenn sie ihn wenigstens
       auf 4,5:5,5 Spielpunkte in der Abschlusstabelle hievten.
       
       Die Genugtuung, als Einziger den Abonnementsieger beim traditionsreichen
       Wettbewerb in Dortmund geschlagen zu haben, wog nur wenig. Nakamura nannte
       es einen "netten Beigeschmack nach einem schlechten Turnier". Der Sieg
       dürfte schließlich Kramniks Überschwang geschuldet sein. Denn bereits am
       Vortag hatte der Russe mit zwei Punkten Vorsprung seinen zehnten Gesamtsieg
       - den ersten holte er 1995 - an seiner Lieblingsstätte klargemacht. Die
       Organisatoren feierten bereits vorzeitig den "Rekord für die Ewigkeit".
       
       Der baumlange Exweltmeister Kramnik opferte - entgegen seinem sonst
       vorsichtigen Naturell - gegen Nakamura einen Springer für zwei Bauern und
       setzte auf Angriff. Doch der schlug nicht durch. "Wenn ich die letzte
       Partie gewonnen hätte, was im Bereich des Möglichen lag, wäre es ein
       absolutes Ausnahmeresultat gewesen. Aber auch so ist es hervorragend",
       sagte der 36-Jährige angesichts von 7:3 Zählern. Außerdem: "Der zehnte Sieg
       in Dortmund ist auch deshalb schön, weil Garri Kasparow neunmal in Linares
       gewonnen hat - und jetzt kann ich sagen, dass ich in diesem Kontext klar
       vorne liege", verglich der Russe seine Erfolgsserie mit der seines
       Landsmannes im spanischen "Wimbledon des Schachs".
       
       ## Vom Schachtisch zum Finanzstudium
       
       Mit einem weiteren Weiß-Sieg wäre Kramnik über die Grenze von 2.800
       Elo-Weltranglistenpunkten vorgestoßen und hätte zu Magnus Carlsen
       aufgeschlossen, der am Sonntag den Schach-Oscar als bester Spieler 2010
       erhielt. Der 20-jährige Norweger hatte vergangenen Donnerstag mit dem
       Turniersieg im schweizerischen Biel den knappen Vorsprung vor dem
       pausierenden Weltmeister Viswanathan Anand (Indien) und dem
       frischgebackenen armenischen Mannschaftsweltmeister Lewon Aronjan
       ausgebaut. Kramnik ist nun Weltranglisten-Fünfter.
       
       Zweiter im Dortmunder Schauspielhaus wurde indes der Vietnamese Liem Le
       Quang, der als Einziger ungeschlagen blieb, mit neun Remis aber farblos
       agierte (5,5:4,5). Rang drei teilten sich mit 5:5 Zählern der Ukrainer
       Ruslan Ponomarjow und das 17-jährige niederländische Wunderkind Anish Giri
       (taz vom 27. Juli). Als Punktelieferant fungierte der Trierer Georg Meier
       (3:7). Der abgeschlagene Weltranglisten-90. befand, "dass alles
       schiefgelaufen ist, was schieflaufen konnte". Der 23-jährige
       Nationalspieler begräbt seine Ambitionen und beginnt nun am Texas Tech in
       Lubbock ein Finanzstudium - für ein US-Stipendium reichte sein schachliches
       Können immerhin.
       
       1 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hartmut Metz
       
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