# taz.de -- Ruanda-Völkermordprozess in Frankfurt: Der starke Mann von Murambi
       
       > Zur Prozess-Wiederaufnahme nach der Sommerpause kündigt der Richter an,
       > den vom UNO-Tribunal wegen Völkermords verurteilten Jean-Baptiste Gatete
       > vorladen zu wollen.
       
 (IMG) Bild: Fühlen sich gegängelt, weil sie ein Visum für Ruanda beantragen müssen: Natalie von Wistinghausen (l.) und Kersten Woweries, die Anwältinnen des Angeklagten Onesphore Rwabukombe.
       
       FRANKFURT taz | Das Oberlandesgericht Frankfurt plant im Völkermord-Prozess
       gegen den ruandischen Ex-Bürgermeister Onesphore Rwabukombe auch
       Jean-Baptiste Gatete zu vernehmen. Das kündigte der Vorsitzende Richter
       Thomas Sagebiel zum Ende der Verhandlung am Dienstag an.
       
       Gatete wurde Ende März 2011 vom Internationalen Ruanda-Tribunal der UNO in
       Arusha wegen Beteiligung am Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt.
       Rwabukombe wird vorgeworfen im April 1994 bei der Ermordung von Tutsi mit
       Gatete zusammengearbeitet zu haben.
       
       Während des Bürgerkriegs war Rwabukombe mit den Bürgern seiner Gemeinde
       Muvumba nach Murambi geflohen. Bis 1993 war Gatete dort Bürgermeister,
       bevor er nach Kigali ins Familienministerium versetzt wurde, weil ihm schon
       damals der Mord an Tutsi vorgeworfen wurde. Als im April 1994 der
       Völkermord begann, galt Gatete aber laut mehreren Zeugen immer noch als der
       "starke Mann" in Murambi.
       
       Sagebiel will Gatete, der in Arusha noch auf den Ausgang seines
       Berufungsverfahrens wartet, nun nach Frankfurt laden. Ein formales
       Rechtshilfeersuchen hat er aber offenbar noch nicht gestellt. Fraglich ist
       allerdings, ob die Aussage Gatetes dem Gericht wirklich weiterhelfen wird.
       
       Gatetes Nachfolger, Jean de Dieu Mwange, den das Gericht an diesem Montag
       per Video-Konferenz vernommen hat, konnte oder wollte wenig zur Aufklärung
       der Sachverhalte beitragen. Vielen Fragen wich Mwange aus, ihm von der
       Nichtregierungsorganisation African Rights zugeschriebene Aussagen
       bezeichnete er als Lüge und eine Beteiligung am Kirchenmassaker von
       Kiziguro stritt er ab. Er habe sich an diesem Tag um die Flucht seiner
       Familie gekümmert.
       
       ## Gericht prüft Beschränkung auf Kiziguro-Massaker
       
       Das Gericht prüft derzeit, das Verfahren auf Kiziguro zu beschränken und
       die beiden übrigen Massaker, die Rwabukombe von der Bundesanwaltschaft
       vorgeworfen werden, nicht weiter zu behandeln. Bislang haben die Zeugen vor
       Gericht auch lediglich konkrete Aussagen zu Kiziguro gemacht. Im Herbst und
       Winter sollen nun weitere Augenzeugen des Massakers sowie zwei Priester,
       die das Gelände zuvor verlassen haben, vernommen werden.
       
       Die Verteidigung fühlt sich derweil von den ruandischen Behörden in ihrer
       Arbeit behindert. Rwabukombes Anwältinnen haben sich als
       Pflichtverteidigerinnen von dem Gericht eine Reise nach Ruanda genehmigen
       lassen. Nun seien sie vom deutschen Außenministerium dazu aufgefordert
       worden, dafür bei den ruandischen Behörden ein Visum zu beantragen.
       "Normalerweise braucht man als Deutsche für Geschäftsreisen nach Ruanda
       aber kein Visum", sagt Rwabukombes Anwältin Natalie von Wistinghausen.
       
       Die Bundesanwaltschaft sieht das unproblematisch. Schließlich würden die
       Anwältinnen bei ihrer Reise in einem souveränen Staat ermitteln. Dies
       entsprechend zu beantragen sei vollkommen normal. Auch Dieter Magsam,
       Anwalt des Nebenklägers, hält es für angemessen, die "Rechte der
       Verteidigung an die zwischenstaatlichen Beziehungen anzudocken".
       
       ## Beinahe wortgleiche Aussagen
       
       Auch die zweite Video-Vernehmung in der ersten Verhandlungswoche nach der
       einmonatigen Sommerpause trug kaum zur Wahrheitsfindung bei. Der 78-jährige
       Zeuge, der ebenfalls in Ruanda in Haft sitzt, erklärte am Dienstag immer
       wieder, er könne sich nicht mehr so gut erinnern, er sei krank und alt.
       
       Zur Zeit des Völkermords arbeitete der Zeuge als eine Art Ortsvorsteher für
       Rwabukombe. Zu Beginn des Völkermords habe der Bürgermeister die Bürger der
       Gemeinde Muvumba dazu aufgefordert, sich nicht in die Angelegenheiten von
       anderen Gemeinden einzumischen. Seine Aussagen glich in diesem Punkt fast
       aufs Wort den Aussagen anderer Ortsvorsteher.
       
       Der Prozess wird am 9. August mit weiteren Video-Vernehmungen fortgesetzt.
       
       2 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Kraft
       
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