# taz.de -- Kryptische Studie zur Altersvorsorge: Lerngruppen für Superreiche
       
       > Das DIA-Institut stellt "Zukunftstrends" in der Altersvorsorge vor: den
       > "Gesundheitssparvertrag" oder "Immobiliensparen rückwärts". Kaum einer
       > profitiert davon.
       
 (IMG) Bild: Die Prophezeihung: Ein "strategischer, ganzheitlicher" Umgang mit Geld wird wohlhabende Senioren von morgen auszeichnen.
       
       BERLIN taz | Wenn der selbsternannte Trendforscher Matthias Horx spricht,
       sieht man sich unwillkürlich nach der Kristallkugel im Raum um, so, sagen
       wir mal: opak klingen seine Weisheiten. Horx prophezeite in einer neuen
       "Studie" "Megatrends" in der Altersvorsorge. Wobei zum "long life
       management" die "corporate health" als neue "business chance" gehören, der
       Softindividualismus und "greenomics".
       
       Horx ist Mitautor der Studie "Zukunftstrends in der Altersvorsorge" des
       Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA). Das DIA wird von der Deutschen
       Bank und anderen Investmentunternehmen gesponsert. Klar also, dass es bei
       den prognostizierten Trends nicht darum ging, wie die Versorgung der
       gesamten Bevölkerung im Alter aussehen kann. Vielmehr hatte Horx die gut
       Betuchten im Blick. Er prophezeit einen "strategischen, ganzheitlichen"
       Umgang mit Geld, der die wohlhabenden Senioren von morgen auszeichnet.
       
       Wenn man sie gewissermaßen gegen den Strich liest, ergibt, die Sammlung an
       neuen Serviceprodukten und altbekannten Zahlen, die Horx und sein Mitautor
       Christian Rauch als "Studie" präsentierten, dennoch einen Einblick, was die
       Wirtschaft sich in Zukunft erhofft bei den Finanz- und Serviceprodukten.
       
       "Die Sicherstellung körperlicher Fitness und Gesundheitsservices" werden
       "zum neuen Anlageziel", erklärten Horx und Rauch. Ähnlich wie heute Bau-
       oder andere Sparverträge üblich seien, könnten "Gesundheitssparverträge"
       ein "neues Business-Modell" sein. Diese könnten zur Finanzierung privater
       Vorsorge oder für Leistungen eingesetzt werden, die von den Krankenkassen
       nicht mehr finanziert werden.
       
       ## USA als Vorbild
       
       Als extremes Beispiel einer "Gesundheitsanlage" wiesen Horx und Rauch
       daraufhin, dass die Nachfrage nach Stammzellbanken "rapide steige". "Immer
       mehr Eltern neugeborener Kinder nutzen die Möglichkeit, Stammzellen aus dem
       Nabelschnurblut einzufrieren. Bei Bedarf könnten diese später zur Therapie
       von Krankheiten verwendet werden". Die Kosten für "diese Form der
       Gesundheitsvorsorge" beim "deutschen Marktführer Vita 34" liege bei "knapp
       2000 Euro plus 44 Euro Lagergebühr pro Jahr."
       
       Horx und Rauch prophezeihen auch eine "neue Symbiose zwischen Tourismus und
       Medizin". Neue Serviceangebote wie "Medical Wellness oder Spezial Ressorts,
       in denen unter Urlaubsbedingungen therapiert wird oder Kliniken mit
       Patientenhotels, die sich auch mit medizinischer Kosmetik und Anti-Aging
       befassen, sind erst der Anfang", heißt es in der Studie. Bereits heute
       entwickeln Anbieter Fernreisen "in ärztlicher Begleitung", die gerne von
       betagteren Kunden gebucht werden.
       
       Die "Lerngruppen für Superreiche" in den USA gelten als Vorbild neuen
       Networkings. "Tiger 21 ist die führende Peer-to-Peer-Lerngruppe der USA für
       Investoren mit einem Portfolio im Wert von mindestens zehn Millionen
       Dollar", berichten Horx und Rauch. Einmal im Monat treffen sich die
       Mitglieder in Meetings und machen sich gegenseitig ihre "breite Expertise
       und kollektive Intelligenz" in Sachen Investment zunutze.
       
       ## Vier von zehn Befragten haben keine private Altersvorsorge
       
       Für Immobilienbesitzer, die nicht so reich sind, sich aber trotzdem im
       Alter noch ein paar nette Jahre machen wollen, schlagen Horx und Rauch das
       "Immobiliensparen rückwärts" vor. Sowas gibt es schon in den USA und in
       Großbritannien. Dabei wird die Immobilie von der Bank beliehen, der
       Hausbesitzer kann sie nach und nach versilbern und das Geld verfrühstücken,
       ohne aber vor seinem Tod ausziehen zu müssen.
       
       Aufmerksam wird man allerdings, wenn Horx ein Piktogramm mit einer neuen
       "Agentur für Finanzdienstleistungen" an die Wand wirft, einer Agentur, die
       sich um Investments, Darlehen und Rechnungen kümmern soll und
       selbstverständlich gerne eine Weiterentwicklung von Serviceleistungen der
       Banken sein könnte. Das würde bedeuten, dass betuchte Anleger künftig noch
       mehr Geld für irgendwelche Services hinblättern sollen. Dabei haben sie
       sich gerade erst von den Finanzberatern der Banken emanzipiert, seitdem
       diese beim Kauf von Wertpapieren die Kosten genau aufschlüsseln müssen. Der
       Alptraum, so klagte unlängst ein Berliner Finanzberater, sind Kunden, die
       schon "mit der Ratgeber-Broschüre der Stiftung Warentest anrücken".
       
       Doch das Problem, unter den vielen tollen Produkten der Zukunft
       auszuwählen, dürften nur wenige haben. Eine frühere Erhebung des DIA ergab,
       dass vier von zehn Befragten keine private Altersvorsorge begonnen haben
       und dies auch nicht vorhaben. Schon heute liegt jeder achte Rentnerhaushalt
       unter der Armutsgrenze, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle
       (IWH) in dieser Woche mit. Tendenz steigend. Die häufigste Altersvorsorge
       ist immer noch die selbstgenutzte Immobilie, die etwa 50 Prozent der
       Bevölkerung bewohnen. Und die muss oft erstmal abbezahlt werden, bevor man
       sie wieder versilbern kann.
       
       Doch um die konkreten Lebenslagen der Bevölkerung in Sachen Altersvorsorge
       ging es nicht in der Veranstaltung der DIA. Die Nachrichtenagentur dpa
       verbreitete am Nachmittag: "Die angekündigte Meldung zur Pressekonferenz
       des Deutschen Instituts für Altersvorsorge zu Zukunftstrends entfällt. Die
       Pressekonferenz hatte keinen Nachrichtenwert."
       
       4 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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