# taz.de -- Straßenschlachten in London: "Es sieht wirklich schlimm aus"
       
       > Nachdem am Donnerstag ein 29-jähriger von der Polizei getötet wurde, kam
       > es Sonntagnacht im Londoner Stadtteil Tottenham zu schweren Unruhen.
       > Autos, ein Bus und mehrere Gebäude brannten.
       
 (IMG) Bild: Ein Augenzeuge fühlte sich "wie im Krieg": Ein britischer Polizeibeamte Sonntagnacht in Tottenham.
       
       LONDON dapd/dpa/rtr | Bei schweren Ausschreitungen nach dem Tod eines
       29-Jährigen durch eine Polizeikugel sind in London mehrere Menschen
       verletzt worden. Aufgebrachte Bewohner des Stadtteils Tottenham setzten in
       der Nacht zum Sonntag mindestens zwei Polizeiwagen, einen Doppeldeckerbus
       sowie mehrere Gebäude in Brand. Schaufenster wurden eingeschlagen und
       Geschäfte geplündert.
       
       Die gewaltsamen Proteste brachen aus, nachdem am Donnerstag ein Mann bei
       einer Schießerei mit der Polizei getötet wurde. Nach Polizeiangaben hatte
       der Mann aus einem Taxi heraus das Feuer eröffnet. Die Angehörigen glauben
       das aber nicht.
       
       Am Samstag versammelten sich mindestens 300 Menschen vor der Polizeiwache
       in dem nördlichen Londoner Stadtteil. Teilnehmer der Proteste sprachen von
       bis zu 500 wütenden Anwohnern, die in Sprechchören "Gerechtigkeit"
       forderten.
       
       Die zunächst friedlichen Proteste schlugen dann in Gewalt um, die teilweise
       bis zum Sonntagmorgen anhielt. "Es sieht wirklich schlimm aus", sagte der
       46-jährige Anwohner David Akinsanya. "Da brennen zwei Polizeiautos, ich
       fühle mich unsicher." Ein anderer Augenzeuge erzählte, er habe sich "wie im
       Krieg" gefühlt.
       
       ## Plünderer mit Einkaufswagen
       
       Polizisten in Schutzausrüstung und auf Pferden bemühten sich, die wütende
       Menge zurückzutreiben. In den Straßen machten sich Plünderer mit
       Einkaufswagen voller gestohlener Sachen davon.
       
       Familien mit kleinen Kindern mussten nachts aus ihren brennenden Häusern
       fliehen. Die Feuerwehr hatte sich nicht rechtzeitig ihren Weg durch die
       Demonstranten bahnen können. Am Ende waren Häuser, Supermärkte, ein
       Doppeldecker-Bus und mehrere Polizeiautos in der Nacht komplett
       ausgebrannt.
       
       Brandsätze, Steine und Flaschen wurden auch in das Polizeiaufgebot
       geschleudert. Acht Polizisten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Drei
       weitere Menschen sollen verletzt worden sein.
       
       Am Sonntagvormittag hatte die Polizei die Situation weitgehend unter
       Kontrolle gebracht. Scotland-Yard-Sprecher Stephen Watson bezeichnete die
       Vorfälle als besorgniserregend und erklärte, die öffentliche Sicherheit
       habe höchste Priorität. Die Polizei sei sich im Klaren über die
       "gestiegenen Spannungen (...), die verständlich sind nach dem tragischen
       Tod".
       
       ## Kugel im Funkgerät
       
       Nach Angaben der unabhängigen Polizeiaufsichtsbehörde (IPCC) hatten
       Sondereinsatzkräfte im Zuge von Ermittlungen gegen Waffenkriminalität für
       eine geplante Festnahme das Taxi gestoppt. Dann seien Schüsse gefallen,
       vermutlich zwei aus der Waffe eines Polizisten.
       
       Zudem sei eine nicht von der Polizei registrierte Waffe am Tatort gefunden
       worden. Womöglich habe es einen Schusswechsel gegeben: Im Funkgerät eines
       Polizisten sei später eine Kugel gefunden worden.
       
       Großbritanniens Premierminister David Cameron verurteilte die
       Ausschreitungen als "völlig unakzeptabel". Der örtliche
       Parlamentsabgeordnete David Lammy forderte seine Mitbürger zur Ruhe auf.
       Dies sei nötig, um die genaue Ursache für den Tod des 29-Jährigen klären zu
       können.
       
       ## Armer Stadtteil im Norden Londons
       
       Tottenham liegt im Norden der britischen Hauptstadt. Etwas mehr als zehn
       Kilometer von der Londoner Innenstadt entfernt, zählt Tottenham zu den
       ärmsten Gegenden Großbritanniens. Fast die Hälfte aller Kinder lebt hier
       Untersuchungen zufolge in Armut.
       
       Immer wieder schlagen dort Spannungen, bei denen zum Teil auch Rassismus im
       Spiel ist, in Gewalt um. Die schlimmsten Ausschreitungen brachen im Jahr
       1985 aus, nachdem eine Frau während einer Razzia der Polizei in ihrem Haus
       an einem Schlaganfall starb.
       
       Ein Polizist, der eine Gruppe Feuerwehrmänner schützen wollte, wurde damals
       von einem wütenden Mob zu Tode geprügelt. Etwa 60 weitere Beamte mussten
       mit zum Teil schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
       
       7 Aug 2011
       
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