# taz.de -- PR vs. Journalismus: Im Körper des Feindes
       
       > Wie sich bekannte Journalisten vor den Karren der privaten PR-Hochschule
       > Quadriga spannen lassen. Und darüber eher einsilbig Auskunft geben.
       
 (IMG) Bild: Neue Mentoren der PR-Studierenden: Journalisten.
       
       Den Clou hat sich Susanne Wegerhoff für den Schluss aufgehoben. "Das, was
       man in den Medien über Opel liest, ist zu 87 Prozent von uns gesteuert",
       sagt die Chefin der Konzernkommunikation des Autobauers vor knapp zwei
       Dutzend Studenten der privaten Quadriga-Hochschule in Berlin.
       
       Es ist kurz nach 20 Uhr an diesem Freitag im Mai 2011. "Über sieben Brücken
       musst du gehen: Vom kommunikativen Krisenmanagement zur aktiven
       Imagegestaltung", hat Gastdozentin Wegerhoff die Stunde überschrieben. Es
       geht um Werksschließungen, Entlassungen, einen widerspenstigen
       Betriebsratschef und um Medien, die monatelang ein düsteres Bild von Opel
       gezeichnet hatten.
       
       Die Stimmung im Unterrichtsraum dagegen ist heiter; schon während des
       Vortrags gibt es Bier. Wegerhoff zeigt viele bunte Diagramme, deren Kurven
       erst abwärts, später aufwärts zeigen und erklärt dazu sehr kurzweilig, wie
       man Journalisten motiviert, eine Firma mit angekratztem Renommee in ein
       besseres Licht zu rücken.
       
       ## Hilfsbereite Journalisten
       
       Dass Pressesprecher Medien für ihre Zwecke einzuspannen versuchen, ist Teil
       ihres Berufs. Zumindest erklärungsbedürftig ist es aber, wenn Journalisten
       dabei helfen, die PR-Profis jener Firmen, Organisationen oder Verbände
       auszubilden, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Sieben prominente
       Medienvertreter engagieren sich für die Hochschule: im Kuratorium, als
       Mentoren der Studierenden oder Berater der Lehrbeauftragten.
       
       Die Hochschule gehört zum Firmenkonglomerat um die Helios Media GmbH von
       Rudolf Hetzel. Der 37-Jährige hat mit Magazinen, Seminaren, Tagungen und
       Preisverleihungen eine Art Kontakthof für Abgeordnete, Pressesprecher,
       Lobbyisten und Journalisten etabliert. Sein Helios-Verlag (Politik &
       Kommunikation, Pressesprecher) veranstaltet mit viel Pomp und Prominenz
       jährlich einen Politik- und einen Kommunikationskongress.
       
       Die 2009 gegründete Quadriga ist Hetzels neuestes Projekt. Bis zu 26.000
       Euro kostet die 18-monatige Ausbildung zum Kommunikationsmanager. Präsident
       der Hochschule ist Peter Voß. Der langjährige SWR-Intendant hat dafür
       einige Kritik einstecken müssen. Der Hamburger Journalistikprofessor Volker
       Lilienthal zeigte sich "überrascht" ob dieses Engagements.
       
       Voß sieht darin keinen Widerspruch. Pressearbeit sei zwar ein wichtiger
       Teil des Berufes, spiele aber in den Studiengängen keine entscheidende
       Rolle. Im Mittelpunkt der Lehre stünden die Kommunikation mit Mitarbeitern
       oder Investoren. Für Lilienthal ist das schwer nachvollziehbar. "Falls
       Pressearbeit tatsächlich nachrangig ist, stellt sich die Frage, wieso dann
       überhaupt Journalisten engagiert wurden", sagte Lilienthal der taz.
       
       ## Strategie und Spielregeln
       
       In der Vorlesung von Opel-Sprecherin Wegerhoff im Studiengang "Public
       Affairs & Leadership" geht es ausschließlich um Pressearbeit. "Wochenlang
       war nur Betriebsratschef Klaus Franz in den Medien präsent, die
       Konzernspitze kam praktisch nicht vor", sagt die 54 Jahre alte
       Wirtschaftshistorikerin. Der US-Konzern General Motors hatte Opel
       ungebremst an die Wand gefahren. Die finanzielle Lage war prekär, ein
       Verkauf gescheitert und Opel-Chef Nick Reilly hatte den Abbau von Tausenden
       Arbeitsplätzen angekündigt. "Wir waren für viele Redakteure nicht mehr als
       eine billige Headline", sagt Wegerhoff. Dann präsentiert die Managerin ihre
       Gegenstrategie, die sie "Entgiftung" nennt.
       
       Quadriga-Präsident Voß spricht lieber von ethischen Standards wie dem
       Transparenzgebot, das an der Einrichtung gelehrt werde. Dafür, so Voß,
       stehen die im Kuratorium vertretenen Journalisten. Die reagieren auf
       Nachfragen zu ihrem Engagement jedoch meist einsilbig.
       
       Christoph Lanz, Fernsehdirektor der Deutschen Welle, erklärt, er könne an
       der Quadriga seine "journalistischen Erfahrungen sehr gut einbringen". Und
       Thomas Schmid, Herausgeber der Welt-Gruppe, sagte der taz: "Ich habe diese
       Aufgabe angenommen, da ich es nicht für problematisch, sondern für sehr
       sinnvoll halte, wenn angehende PR-Leute lernen, was professionellen
       Journalismus ausmacht und was dessen Spielregeln sind."
       
       ## Namen als Schmuck
       
       Verena Wiedemann ist keine Journalistin, war aber bis zum 30. Juni
       Generalsekretärin der ARD. Einen Interessenkonflikt zwischen ihrer Funktion
       als leitende Angestellte eines öffentlich-rechtlichen Senders und dem
       Einsatz für eine private PR-Hochschule sieht sie nicht. Sie habe zu keiner
       Zeit redaktionelle Verantwortung für Programme der ARD getragen, begründet
       das die Medienrechtlerin gegenüber der taz. Den Vorwurf, dass sich die
       Quadriga mit dem Namen einer ARD-Generalsekretärin nur schmücken will, um
       Seriosität zu suggerieren, kann Wiedemann nicht nachvollziehen.
       
       Einige Journalisten wollen über ihr Engagement an der Quadriga gar nicht
       sprechen. Sven Gösmann, Chefredakteur der Rheinischen Post, teilt mit, dass
       sich Voß zu dieser Problematik "gern und erschöpfend" äußere und er dem
       "wenig bis nichts hinzuzufügen" hat. MDR-Chefredakteur Wolfgang Kenntemich
       erklärt, er sei derzeit nicht an der Quadriga engagiert und werde deshalb
       keine Fragen beantworten. Auch Peter Limbourg, langjähriger Nachrichtenchef
       von Sat.1 und N24, ist nach eigener Aussage nicht mehr im Kuratorium
       vertreten. Zu den Gründen möchte er sich nicht äußern.
       
       ## Einsilbige Journalisten
       
       Die Quadriga wirbt auf ihrer Internetseite allerdings bis heute mit
       Kenntemich und Limbourg. Laut Rene Seidenglanz, Vizepräsident der Quadriga,
       sind beide Journalisten auch weiter an der Hochschule engagiert. Für eine
       Nachfrage der taz zu diesem Widerspruch waren Kenntemich und Limbourg nicht
       zu erreichen. Der Chefredakteur der Financial Times Deutschland, Steffen
       Klusmann, reagierte auf Anfragen erst gar nicht.
       
       Dafür erläutert Präsident Voß seine Sicht auf das Verhältnis von
       Journalismus und PR. "Kenntnis und Verständnis der anderen Seite können von
       Vorteil sein", so Voß. Denn nur so könnten beide Seiten ihre Anforderungen
       artikulieren. Für den Medienexperten Lilienthal profitiert von diesem
       Austausch einzig die PR-Branche, "weil sie besser versteht, wie
       Journalisten ticken". "Namhafte Journalisten, die ihren Erfahrungsschatz
       weitergeben wollen, erwarte ich in der Journalistenausbildung, da werden
       sie bitter benötigt."
       
       Dass Offenheit nicht zwangsläufig zum Handwerkszeug von Pressesprechern und
       PR-Profis gehört, demonstriert Opel-Frau Wegerhoff. "Regelmäßig haben wir
       ausgewählte Journalisten zu diskreten Treffen eingeladen", erklärt sie den
       Studierenden. Vertreter überregionaler Zeitungen wurden zu exklusiven
       Runden mit Opel-Chef Reilly mit Oldtimern am Bahnhof abgeholt. "Männer
       mögen das", weiß Wegerhoff. "Diese Gespräche waren streng vertraulich -
       daran haben sich auch alle gehalten."
       
       Die Medien würden nun deutlich positiver berichten als vor anderthalb
       Jahren. Nur ein Student ist von der Markenpolitur noch nicht restlos
       überzeugt. "Von einem Imagewechsel habe ich nichts mitbekommen", sagt der
       junge Mann. Doch davon lässt sich Wegerhoff nicht provozieren. Lächelnd
       hält sie die aktuelle Ausgabe einer großen Tageszeitung hoch. Darin: ein
       Kommentar zu Opel. "Besser", so die PR-Expertin, "hätte ich das auch nicht
       schreiben können".
       
       Der Beitrag ist Teil einer Recherche über "PR und Medien". Mit einer
       Recherche-Skizze zu diesem Thema gehörte der Autor 2010 zu den Gewinnern
       beim jährlich ausgeschriebenen Otto Brenner Preis für kritischen
       Journalismus. Die Otto Brenner Stiftung hat [1][die Recherche mit einem
       Stipendium gefördert]; das Netzwerk Recherche hat sie inhaltlich begleitet.
       
       13 Aug 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.otto-brenner-preis.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Brunner
       
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