# taz.de -- Europa League Hannover 96 gegen FC Sevilla: Plötzlich modern
       
       > Mirko Slomka galt lange als Trainer ohne große Perspektive. Dann kam die
       > Wende. Heute coacht er Hannover 96 in der Europa League gegen den FC
       > Sevilla.
       
 (IMG) Bild: Hannovers Trainer Mirko Slomka ist derzeit auf Erfolgskurs eingestellt. (<a href="http://www.taz.de/Aktion-der-taz-Sportredaktion/!76172/" target="_top">Ohne Logo</a>)
       
       HANNOVER taz | Die bösen Geschichten sind längst überstanden. Sie handelten
       von diesem Trainer, den die Entscheider von Hannover 96 mit Skepsis
       verpflichtet haben. Von einem Versuch, einen Verein mithilfe eines lange
       Zeit schwer vermittelbaren Übungsleiters vor dem Absturz zu bewahren. Erst
       der Klassenerhalt, dann der Höhenflug, jetzt auch noch die Europa League:
       Wenn die Niedersachsen heute (20.30 Uhr, ZDF) den FC Sevilla empfangen,
       rücken ein Klub und ein Trainer ins Rampenlicht, deren anfängliche
       Zweckgemeinschaft von außerordentlichem Erfolg gekrönt ist.
       
       "Es geht im Fußball ganz schnell. In beide Richtungen", sagt Slomka. Sein
       Karrieresprung über den Abgrund wird bundesweit bestaunt. Aus einem fast
       zwei Jahre lang arbeitslosen Trainer ist ein Erfolgstyp geworden.
       
       Seine Auftritte wirken charmant. Bei dem Parcours durch die Medien, den
       Slomka in diesen Tagen als Anführer einer der derzeit erfolgreichsten
       deutschen Fußballmannschaften absolvieren darf, gibt der Mann eine
       erstaunlich gute Figur ab.
       
       Hinter den Kulissen kann der 43-Jährige aber auch ganz anders und gibt
       einer Mannschaft gegenüber, die ihm bei seinem Amtsantritt im Januar 2010
       mit großer Skepsis begegnet ist, unmissverständlich den Ton vor.
       
       Ein Routinier wie Sergio Pinto, der als raubeiniger Mittelfeldspieler gerne
       auch seinen eigenen Kopf durchsetzt, schwört auf die klare Marschroute des
       Trainers und dessen penible Vorbereitung auf Alltagsarbeit und Höhepunkte.
       Slomka rechnet vor: "In zwei Spielen hat man immer eine Chance."
       
       ## Ein gefährliches Spiel
       
       Das Verblüffende ist: Ganz Niedersachsen und die gesamte Mannschaft glauben
       an diesen Mann und die Chance, auch einem etablierten Klub wie Sevilla im
       Hin- wie im Rückspiel ein Bein stellen zu können.
       
       Es war ein gefährliches Spiel, auf das sich Slomka nach seinem Scheitern
       beim FC Schalke 04 im April 2008 eingelassen hatte. Erst gab es gar keine
       Angebote für ihn. Als sich dann die minderbemittelten Adressen wie Arminia
       Bielefeld meldeten, winkte Slomka ab.
       
       Erst in Hannover konnte eine Einigung erzielt werden, die bis heute kurios
       wirkt. Präsident Martin Kind macht kein Geheimnis daraus, dass Slomka
       mitten in einer schweren Krise des Vereins und der Trauer um den
       verstorbenen Torhüter Robert Enke gar nicht sein Wunschkandidat war. Heute
       muss sich der Klubchef eingestehen, dass seine Sprunghaftigkeit beim
       Einstellen und Entlassen von Trainern sowie Sportdirektoren wenig zur
       Stabilität des Vereins beigetragen hat.
       
       Slomka nicht entlassen, sondern ihm vertraut zu haben, war wohl die beste
       präsidiale Entscheidung, die Hannover in den vergangenen zehn Jahren
       erfahren hat.
       
       ## Strategische Demütigungen
       
       Im Kreis der Spieler kann sich keiner beschweren. Das tägliche Training
       nimmt ihnen jegliche Sorge vor Langeweile und Eintönigkeit. Dank modernster
       Methoden und der Auswertung von Spielerdaten mithilfe von Satellitentechnik
       sind allerdings auch die letzten Nischen zum Verstecken abgeschafft worden.
       
       Einen Profi wie Jan Schlaudraff, der seit einigen Monaten frei von
       Verletzungen ist und seitdem überragend spielt, musste Slomka erst zu
       dessen Glück zwingen. Den früheren Nationalspieler, dessen Lauf- und
       Einsatzfreude nicht immer vorbildlich war, hat der Trainer so lange
       degradiert und gedemütigt, bis wieder erstklassige Leistungen dabei
       herauskamen.
       
       Der wichtigste Schachzug im Erfolgssystem von Hannover 96 bleibt aber:
       Slomka hat einen Teil seines großen Ehrgeizes zurückgestellt und sich mit
       dem Wenigen angefreundet, das zur Verfügung steht. Hannover 96 hat keine
       Stars verpflichtet, sondern mithilfe günstiger Einkäufe wie Mohammed
       Abdellaoue, Didier Ya Konan und Emanuel Pogatetz das Beste aus bescheidenen
       Möglichkeiten gemacht.
       
       Für diese Spielertypen das richtige System gefunden zu haben, bleibt das
       große Verdienst des vor allem in der Öffentlichkeit netten Herrn Slomka.
       
       18 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Otto
       
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