# taz.de -- Zombys "Dedication": Hingabe auf dem Dancefloor
       
       > Hymnenhafte Akkorde, darüber ein verrauschter Dauerloop, der die Euphorie
       > einer durchtanzten Nacht beschwört: So klingt Zombys zweites Album
       > "Dedication".
       
 (IMG) Bild: Fotografieren lässt sich Zomby nur mit bedeckten Gesicht.
       
       Manchmal gibt es Momente, in denen Pop wie ein Vorschein der Dinge wirkt,
       die da kommen werden. Irgendwo im gut geschmierten Getriebe aus
       Underground-Hype, Promotion und Hooklines taucht ein Detail auf, das stört.
       Nicht nur weil es nicht recht in die Erzählungen, die Musikjournalisten
       sich gerne zurechtlegen, passen will. Sondern auch weil seine Bedeutung
       sich erst in der Rückschau erschließt. Der britische Dance-Producer Zomby
       ist so ein Fall.
       
       Vor drei Jahren veröffentlichte er seine ersten Maxis. Auf ihnen hörte man
       alte Computerspielsounds, die in den unübersichtlich modulierten Sequenzen
       ihre Niedlichkeit verlieren, oder Beats mit der Dringlichkeit von Grime,
       aber ohne ihre Wuchtigkeit - fast als hätte ein 20-jähriger Rachmaninoff
       Etüden für den Dancefloor der Nullerjahre komponiert.
       
       Kurz darauf erschien sein Debütalbum "Where were you in 92?", eine Pastiche
       aus Jungle und Hardcore, die ihre Historizität offen ausstellte. Schnell
       war das Raunen in den Foren, Blogs und Twitter-Streams der
       Bassmusik-Connaisseure groß. Würde hier jemand das ewige Versprechen
       britischer Clubmusik auf eine Ahnung von Zukunft erneuern, nachdem Dubstep
       in die Sackgasse des kumpeligen Wobblebasses geraten war?
       
       Die Antwort darauf blieb Zomby schuldig. Stattdessen zog er sich zurück,
       erschien nicht zu seinen Gigs und verweigerte Interviews. Wie Burial, der
       andere große Auteur britischer Bassmusik, verschwindet er in der Anonymität
       - bis heute.
       
       Auf Fotos verdeckt er sein Gesicht. Seine Kleidung kennt man von den
       Bildern der CCTV-Kameras, die gerade von Großbritannien aus um die Welt
       gingen: Trainingshose, T-Shirt mit Markenlogo, Sneakers, Goldkette. Zomby
       könnte einer von ihnen sein.
       
       Im Zombie-Randalierer spiegelt sich der Produzenten-Zombie wieder, beide
       eint der Verzicht auf das Spiel mit Zeichen, das die britischen
       Jugendkulturen im 20. Jahrhundert perfektioniert haben. Und eine Ahnung,
       dass man den Anschluss verpassen wird, wenn man nicht schnell
       Aufmerksamkeit auf sich zieht.
       
       Mehrere hundert Tracks hat Zomby in den vergangenen Jahren an seinem
       Macbook produziert, es ist eine Reaktion auf die britischen
       Klassenunterschiede. In einem seiner seltenen Interviews erzählt er, wie er
       sich als Teenager die teuren Sampler nicht leisten konnte und im Studio der
       Musikhochschule keine Dancemusic produzieren durfte. Konsequenz: Er bricht
       sein Studium ab und geht in die Anonymität, um ohne Ablenkung produzieren
       zu können.
       
       ## Naives Spiel mit technischen Möglichkeiten
       
       Sein neues Lebenszeichen ist 13 Stücke lang, er hat es mit "Dedication"
       überschrieben. "Hingabe", das passt gut zu Zombys Musik, die trotz der
       Unterschiede im Sounddesign die drogeninduzierte Paranoia und Emotionalität
       früher Dubstep-Releases nie verloren hat.
       
       Anders als die Schar der Post-Dubstep-Producer, funktionieren seine Tracks
       nicht durch den stilsicheren Zugriff aufs Archiv, sondern durch ein fast
       naives Spiel mit technischen Möglichkeiten. Was im Umkehrschluss die Frage
       aufwirft, ob hier jemand nicht doch ein zeitgenössisches Update des
       authentischen Arbeiterkindes als Markenkern des unternehmerischen Selbst
       perfekt inszeniert.
       
       Zombys Demontage seines frühen Ruhms könnte wie ein Masterplan wirken,
       erführe man jetzt nicht doch noch allzu Privates über ihn. Die verpassten
       Auftritte entschuldigt er mit seinem exzessiven Drogenkonsum in den langen
       Nächten am Laptop. Und der Zerfall, von dem Gastsänger Panda Bear auf
       "Things fall apart" erzählt, ist in erster Linie biografisch.
       
       Zombys Vater starb während der Aufnahmen zu "Dedication", es ist nicht die
       einzige Vorstellung von Verlust auf dieser Platte. "Natalias Song" beginnt
       mit einer Folge von in Hall getränkten, hymnenhaften Akkorden, über denen
       ein verrauschtes Gesangssample im Dauerloop die euphorischen Momente einer
       durchtanzten Nacht beschwört.
       
       "Dedication" ist Ausdruck einer Trauer um das Versprechen von Glück durch
       Dancemusic, das niemals eingelöst wird. Und nur der Glaube daran
       unterscheidet ihn von den Jugendlichen, deren Outfit er trägt.
       
       Zomby: „Dedication“ (4AD)
       
       19 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Werthschulte
       
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