# taz.de -- Unfreiwillige Werbung: Mumpitz oder Denkanstoß?
       
       > Die Aktion der taz, Sponsoren-Schriftzüge auf Sportfotos zu verpixeln,
       > hat ein zwiespältiges Echo hervorgerufen. Eine erste Bilanz.
       
 (IMG) Bild: Felix Magath, Trainer des VfL Wolfsburg, vor einer neuen Werbewand (die taz-Aktion "No logo!" nimmt eine Anregung des taz.de-Users "Christopher" auf: "Ich habe einen Vorschlag: Die taz bezahlt in Zukunft die Sportler direkt!")
       
       Verpixelung? Was soll das Ganze eigentlich? 
       
       Zunächst gibt es ein ästhetisches Unbehagen an der überbordenden Werbung im
       Sport. Man könnte auch sagen: Das Ganze nervt ganz schön. Besonders
       anstrengend: LED-Werbebanden und Werbe-Klein-Klein auf Trikots. So etwas
       stört nicht nur uns, die taz-Sportredaktion. Das stört auch die Sportfans,
       die sich fragen, welches Primat denn gilt: das des Sports oder das der
       Werbung. Die Werbung im Fußball, Biathlon oder Handball ist mit den Jahren
       der Kommerzialisierung einfach zu aufdringlich, zu omnipräsent geworden. Da
       müssen intelligentere Lösungen her. Zum Beispiel: Weg mit dieser
       Flimmerbande. Weg mit dem Werbepatchwork auf dem Sportlertrikot.
       
       Die Ästhetik? Das kann doch nicht alles sein? 
       
       Ist es auch nicht. Diese ästhetischen Bedenken sind eigentlich zweitrangig,
       wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich die Zeitungen auf einen
       kostenlosen Abdruck von Werbung auf Sportfotos einlassen. Das ist unser
       zweiter Ansatzpunkt. Auf einem ganz normalen Sportfoto sind im Schnitt zwei
       bis drei Logos zu sehen, manchmal auch sieben oder acht. Die werden einfach
       so abgedruckt. Das geschieht unentgeltlich. Wir wollten aus dieser
       Verwertungskette ausscheren und sagen: Wir sind nicht mehr bereit, Eure
       Werbebotschaft auf Trikots und Werbebanden zu verbreiten. Es kann ja auch
       nicht Aufgabe einer Zeitung sein, die mit kritischer Distanz über Sport
       berichtet, täglich kostenlose Werbung von Vereinen und deren Sponsoren ins
       Blatt zu heben. Wir wollen durch die Verpixelung journalistisch noch
       unabhängiger werden.
       
       Aber das halten doch bestimmt viele Kollegen für einen ziemlichen Mumpitz? 
       
       Na ja, Printkollegen loben in der Mehrheit, die vom Fernsehen eher nicht,
       aber die haben ja als Rechteinhaber auch ganz andere Zwänge. Im Netz wird
       natürlich auch kontrovers diskutiert. Da halten sich Zuspruch und Ablehnung
       in etwa die Waage. An unserer Aktion scheiden sich offenbar die Geister:
       Entweder man findet sie gut oder ziemlich daneben. Zum Teil geharnischte
       Kritik gibt es von der Werbewirtschaft und deren Interessenverbänden. Da
       sind wir dann schon mal die Vaterlandsverräter, die die Mechanismen des
       globalisierten Sports nicht verstanden haben und die mit dem Slogan "No
       Logo!" zum Niedergang des Leistungssports in Deutschland beitragen. Man
       spricht auch von Effekthascherei, Populismus, Bilderstürmerei oder
       Verbohrtheit.
       
       Und was entgegnen Sie denen? 
       
       Dass wir nicht die Werbung an sich abschaffen wollen und auch nicht das
       Sportsponsoring. Beides hat seine Berechtigung. Jedes Unternehmen ist frei
       darin, Millionen von Euro in den Fußball oder sonst wohin zu pumpen. Aber
       wir müssen die Art und die Allgegenwart der Werbung im Sport nicht gut
       finden. Und wir müssen uns nicht instrumentalisieren lassen, nur damit die
       sogenannte Reichweite, ein Parameter der Werbewirtschaft, stimmt. Es heißt
       ja, dass die Zeitungen und Magazine einen Anteil von 20 Prozent an der
       Reichweite haben - weil sie eben brav und unentgeltlich Brustsponsoren
       abdrucken oder gesponserte Stadionnamen im Text nennen. Das ist doch
       absurd. Wir glauben nicht, dass die Deutsche Fußball-Liga kostenlos mit
       einem taz-Logo werben würde - auch wenn es sich nur auf einem Foto
       befindet.
       
       Warum wird erst jetzt verpixelt? 
       
       Gegenfrage: Warum nicht jetzt?
       
       11 Freunde-Chefredakteur Philipp Köster fragt sich, warum die taz erst
       jetzt merkt, welch großen Einfluss die Werbung auf den Sport hat. 
       
       Das war uns natürlich stets bewusst. Aber wir wollten, bevor wir eine neue
       Aktion starten, erst unser letztes Projekt abschließen: den Kampf gegen
       Sicherheitsüberprüfungen von Journalisten im Vorfeld von
       Sportgroßveranstaltungen. Da war es ja Usus, dass sich Journalisten,
       wollten sie eine Akkreditierung erhalten, von Polizei und Verfassungsschutz
       durchleuchten lassen mussten. Wer das nicht wollte, bekam keine
       Akkreditierung. Bei der Frauenfußball-WM war das jetzt anders. Das ist ein
       Erfolg der taz und der Journalistenverbände. Und eine gute Nachricht für
       die Pressefreiheit.
       
       Machen künftig auch andere Zeitungen bei der Verpixelung mit? 
       
       Nein, bis jetzt nicht. Es scheint, dass viele etablierte Medien noch nach
       einer Haltung zu unserer Aktion suchen. Man darf nicht vergessen, dass auch
       sie in der Zwickmühle stecken. Was würde denn passieren, wenn eine große
       bürgerliche Zeitung das "Liga total"-Logo auf der Brust von Arjen Robben
       verpixelt. Vermutlich würde die Telekom in dieser Zeitung nicht mehr so
       gerne inserieren. Da kann die taz natürlich viel freier agieren.
       
       Wie reagieren die Bildagenturen, deren Fotos die taz verpixelt? 
       
       Die Agentur dapd hat verlauten lassen, dass sie überhaupt keine Probleme
       mit der taz-Aktion hat und auf eine konstruktive Diskussion hofft. Eine
       Bearbeitung der Bilder ist grundsätzlich erlaubt. Das Recht, das Bild nach
       Belieben zu bearbeiten, bezieht sich auch auf die Verpixelung.
       
       Ist es nicht so, dass durch diese Aktion extra Aufmerksamkeit auf die
       Sponsoren gelenkt wird? 
       
       Es mag vereinzelt Leser geben, die wissen wollen, was Magdalena Neuner auf
       dem Gewehr stehen hat, aber viel wichtiger ist doch, dass sie sich nun mit
       der Sache selbst beschäftigen: Warum machen sich Medien zu
       Erfüllungsgehilfen von Vereinen und Sponsoren? Warum erwähnen
       TV-Moderatoren immer wieder den Sponsor-Stadionnamen? Wer ist da mit wem
       verbandelt? Wie schon erwähnt hat die taz-Sportredaktion nichts gegen
       Sportsponsoring. Das wird auch immer wieder Thema auf unseren Seiten sein,
       sofern es gesellschaftlich relevant und somit ein journalistisches Thema
       ist. Etwa, warum jetzt fast jeder Bundesligist auf Solarunternehmen steht.
       
       Wie geht es jetzt weiter in den Leibesübungen der tageszeitung: Bleibt es
       bei den zwei Aktionswochen? 
       
       Wir werden weiter verpixeln. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Der Aufwand
       der Verpixelung ist zum Glück auch nicht besonders hoch, die taz-Technik
       unterstützt uns hier nach Kräften.
       
       20 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Rüttenauer
 (DIR) M. Völker
       
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 (DIR) Aktion der taz-Sportredaktion: No Logo!
       
       In den nächsten zwei Wochen soll der Sport bei der taz komplett werbefrei
       bleiben. Alle Fotos ohne Slogans und Firmennamen. Klingt aktionistisch? Ist
       es auch.