# taz.de -- Roma wollen aufklären: Sich nicht mehr schämen müssen
       
       > Roma erleben Ablehnung durch Deutsche und durch andere Einwanderer. Mit
       > einem Informationszentrum wollen Berliner Roma nun selber Vorurteile
       > abbauen.
       
 (IMG) Bild: Auch im vereinten Europa bleibt den Roma Chancengleichheit verwehrt.
       
       Ein Satz bleibt ganz besonders hängen aus der kurzen Eröffnungsansprache,
       die Milan Pavlovic hält: "Wir wollen, dass unsere Kinder sich nicht mehr
       schämen müssen, Roma zu sein", sagt der künftige Geschäftsführer des Rroma
       Informations Centrums.
       
       Elf und sieben Jahre alt sind seine beiden Kinder, Pavlovic ist 35. Und sie
       alle kennen das Phänomen: Dass, wer in der Schule oder im Beruf Anerkennung
       haben will, lieber nicht zugibt, Roma zu sein, habe sich in den letzten
       Generationen nicht geändert, sagt Pavlovic. "Das schmerzt und verletzt
       uns."
       
       Das zu ändern soll nun das Informationsbüro helfen: Zwei kleine Räume in
       der Neuköllner Fuldastraße, hell und einladend eingerichtet, draußen kein
       Schild und kein Hinweis auf den Zweck und das Ziel des Vereins. Seine
       Existenz verdankt der Laden einem anonymen Privatspender, "der sich mit den
       politischen Aktivitäten und dem Engagement der Rroma solidarisiert", heißt
       es in der Einladung zur Eröffnung am vergangenen Freitag.
       
       Auf dem Bürgersteig vor dem Ladenlokal spielt eine Gitano-Band, es gibt
       Wasser, Rotwein, Slivovitz und ein kleines Buffet. Viele haben sich
       eingefunden, die sich schon lange aktiv für mehr Akzeptanz der Roma
       engagieren: VertreterInnen der Selbstorganisation junger Roma Amaro Drom
       etwa, oder Slavisa Markovic vom Rroma Aether Klub Theater, das ebenfalls in
       Neukölln ansässig ist.
       
       Er macht zur Begrüßung ein kleines Spiel mit den Gästen: Jemand aus dem
       Publikum soll einen der anwesenden Roma pantomimisch begrüßen. Erst
       freundlich, dann verzeifelt und irgendwann resigniert versucht die Frau,
       dem Mann die Hand zu schütteln. Der reagiert verständnislos. Erst als
       jemand kommt, der ihn kennt und ihm um den Hals fällt, wird klar, was ein
       kulturelles Missverständnis und seine Folgen sind.
       
       Schon lange leben Roma in Berlin. Mit der Freizügigkeit für BürgerInnen der
       südosteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten hat sich deren Zuzug nach Berlin
       verstärkt. Kinder, die ohne Deutschkenntnisse in die Schulen kommen oder in
       Parks übernachtende Roma-Gruppen erregen seither die Gemüter. Reagiert hat
       Berlin auf den Zuzug bisher eher zwiespältig und ohne eindeutiges Konzept:
       etwa mit Ausreiseprämien, aber auch - wie der Bezirk Neukölln - mit
       speziellen Sommerschulangeboten für Deutsch lernende Romakinder.
       
       Vertreter der Neuköllner Bezirksregierung sucht man bei der Eröffnung des
       Rroma Informations Centrums am Freitag vergeblich. Gekommen ist aber
       Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der die Rollenspiele des Schauspielers
       Markovic interessiert mitmacht. Er finde, man solle die Fragen, die durch
       den Zuzug der Roma entstehen, "so früh wie möglich mit den Roma gemeinsam
       angehen", so Körting, denn: "Probleme löst man nicht durch Aufregung."
       
       Bildungs- und Jugendarbeit, Aufklärung für Roma und Nicht-Roma soll das
       Informationszentrum leisten, erklärt Pavlovic, der den
       Geschäftsführerposten wie alle MitarbeiterInnen des neuen Vereins als
       Ehrenamt übernommen hat und hauptberuflich Familienberater ist. "Wir wollen
       versuchen, der Gesellschaft ein anderes Bild der Roma zu zeigen." Und die
       sollen lernen, auf ihre Kultur, ihre Sprache stolz zu sein, um sich nicht
       mehr verstecken zu müssen.
       
       Denn auch "im vereinten Europa" können die Roma noch kein selbstbestimmtes
       Leben führen: "Chancengleicheit und gesellschaftliche Teilhabe bleiben uns
       bis heute verwehrt", sagt Pavlovic. Und hofft, dass das spendenfinanzierte
       Informationszentrum die Unterstützung findet, die es braucht, dem
       abzuhelfen.
       
       21 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
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