# taz.de -- True-Blood-Werwolf über den Serienhype: "Die kreative Freiheit ist größer"
       
       > In "True Blood" gibt er den Werwolf: Joe Manganiello über den weltweiten
       > US-Serien-Boom, das Monster im Menschen - und eine wichtige Socke.
       
 (IMG) Bild: Unter den Top Ten der Sexiest Men alive: Joe Manganiello.
       
       taz: Herr Manganiello, Sie haben eine klassische Schauspielausbildung und
       spielten Theater, bevor sie nach Hollywood gingen. Heute verkörpern Sie in
       der HBO-Serie "True Blood" einen Werwolf. Hätten Sie gedacht, dass Sie mal
       mit einer TV-Serie erfolgreich sein würden? 
       
       Joe Manganiello: Ich träumte eher davon, in großen Filmen mitzuspielen. Als
       ich noch jünger war und auf die Schauspielschule ging, liebte ich Robert De
       Niro und Gary Oldman. Das waren Filmstars, zu denen ich aufschaute. Aber
       als ich zu schauspielern begann, waren Fernsehen und Film auch noch zwei
       getrennte Sphären. Serien wie "The Sopranos" und auch "True Blood" gab es
       damals noch nicht. In den letzten zehn Jahren hat sich das alles verändert.
       Heute spielen Filmschauspieler in Serien und umgekehrt. Die Trennmauer, die
       es früher zwischen den beiden Sphären gab, existiert heute nicht mehr. Und
       um ganz ehrlich zu sein: Viele Fernsehserien sind besser als 99 Prozent der
       Filme, die gemacht werden.
       
       Wie kam es zu dieser Veränderung? 
       
       In den Serien gibt es mehr kreative Freiheit. Alan Ball, der "True Blood",
       aber auch die Serie "Six Feet Under" oder den Film "American Beauty"
       geschrieben hat, ist das beste Beispiel. HBO vertraut ihm und lässt ihn
       sein Ding machen. Bei Filmproduktionen oder bei größeren Sendern bestimmen
       die Geschäftsführer, die in erster Linie umsatzorientiert denken, den
       Inhalt. Dadurch wird das Ergebnis oft verwässert. HBO lässt Leuten wie Alan
       Ball freien Lauf und das ist in meinen Augen sehr klug.
       
       Wie erklären Sie sich diesen Sinneswandel? 
       
       Ich denke, mit der Serie "The Sopranos" fing alles an. Viele
       Geschäftsführer haben Angst, dass sie Zuschauer verlieren, wenn eine Serie
       inhaltlich zu klug oder zu sexy oder zu gefährlich ist. Aber "The Sopranos"
       haben gezeigt, dass TV-Serien durchaus kreativ sein können und dass man das
       Fernsehpublikum auch herausfordern kann, ohne dabei Zuschauer zu verlieren.
       Die Produzenten haben da erst gesehen, was alles möglich ist.
       
       Mittlerweile haben Serien wie "Mad Men", "True Blood" oder "How I Met Your
       Mother", in der Sie auch zu sehen waren, auch international großen Erfolg.
       Die Fans warten oft nicht bis zum Serienstart in ihrem Land, sondern
       verfolgen die Episoden parallel zu den Fans in den USA im Internet. Wie
       erklären Sie sich den globalen Serienhype? 
       
       "True Blood" zum Beispiel handelt von Vampiren, Feen, Hexen und Werwölfen.
       Und gleichzeitig geht es darum gar nicht. Es geht um uns Menschen. Es geht
       um Liebe und Sex, um den Tod und das Leben. Ich denke, das ist der Grund,
       warum Serien weltweit erfolgreich sind. Wir leben vielleicht an
       unterschiedlichen Orten, aber wir sind alle Menschen und machen ähnliche
       menschliche Erfahrungen, genau wie die Monster im Fernsehen.
       
       Bei einigen Serien schwingt ja auch ein Hauch von Gesellschaftskritik mit.
       "Mad Men" etwa spiegelt den Sexismus und das sorglose Leben im Amerika der
       1960er-Jahre, als alle noch dachten, es ginge wirtschaftlich immer nur nach
       oben. 
       
       Und "True Blood" handelt von Vampiren, die sich von einem künstlichen
       Blutersatzstoff ernähren können, deshalb keine Menschen mehr angreifen
       müssen und sich an die Öffentlichkeit wagen. Sie sind eine Minderheit unter
       den Menschen und kämpfen für ihr Recht auf Gleichberechtigung. Dieses
       Problem verstehen die Menschen auf der ganzen Welt, denn das ist ein Kampf,
       der seit tausenden von Jahren geführt wird.
       
       Sie spielen in der Serie einen Werwolf. Können sich die Zuschauer auch mit
       Ihrer Rolle identifizieren? 
       
       In meinen Augen steckt auch in der Rolle des Werwolfs eine universelle
       Erfahrung. Jeder Mensch trägt bis zu einem gewissen Grad etwas Animalisches
       in sich. Früher gingen wir auf die Jagd. Das müssen wir heute nicht mehr.
       Denn es gibt ja alles im Supermarkt. Die Verwandlung zu sehen, die der
       Werwolf durchmacht, die Verwandlung vom Mensch zu einer Bestie, beinhaltet
       ein kathartisches Element. Die Vorstellung, das Tier in sich nicht zügeln
       und sich nicht an die gesellschaftlichen Regeln halten zu müssen, ist doch
       sehr aufregend. Werwölfe repräsentieren diese animalische, zügellose Seite
       des Menschen. Außerdem hat mein Charakter in der Serie zwei Seiten.
       Äußerlich ist er stark und furchteinflößend, aber eigentlich ist Alcide
       geradezu schüchtern und sensibel. Ich denke, damit können sich viele
       Zuschauer identifizieren.
       
       In einem Interview haben Sie mal gesagt, die meisten männlichen Rollen
       würden Sie langweilen. Ist das bei Ihrer Rolle in "True Blood" anders? 
       
       Ja (lacht). Das stimmt. Viele Drehbücher, die ich in den letzten Jahren zu
       lesen bekam, zeigen Männer in sehr schwachen Rollen. Ich mochte immer
       Schauspieler wie Clint Eastwood und Steve McQueen. Die alten, harten Jungs
       eben. Doch die Rollen haben sich verändert. Für jemanden, der so groß ist
       wie ich (1,96 m, Anm. d. Red.), bedeutete das, dass ich meist Rollen
       spielen sollte, in denen ich mich entweder zum Idioten mache oder
       verprügelt werde - oder beides. Bei "True Blood" spiele ich eine
       vollständige Persönlichkeit mit verschiedenen Aspekten und nicht nur eine
       Cartoonfigur.
       
       Was erwartet die Zuschauer in der 4. Staffel? 
       
       Viel Blut, viele Tote und sehr viel nackte Haut.
       
       Apropos nackte Haut. Weil Sie sich in der Serie immer wieder in einen
       Werwolf und zurück in einen Menschen verwandeln, sind Sie ziemlich oft ohne
       Kleidung zu sehen. Ist es nicht seltsam, ständig nackt am Set
       herumzulaufen? 
       
       Ich glaube, meine Eltern haben es damit schwerer als ich (lacht). Nein, im
       Ernst. Natürlich war es am Anfang komisch, aber mittlerweile habe ich mich
       daran gewöhnt. Außerdem sind viele der anderen Darsteller ja auch nackt.
       Und wir tragen eine Socke.
       
       Eine Socke? 
       
       Ja. Nichts, außer einer Socke.
       
       Ist das nicht noch komischer als ganz ohne was? 
       
       Doch. Vor allem, sie anzuziehen und dafür zu sorgen, dass sie nicht
       verrutscht, ist ziemlich komisch.
       
       Ah ja … Wie darf man sich das denn sonst am Set von "True Blood"
       vorstellen? Es gibt da ja auch noch einen echten Wolf, ihr Alter Ego. 
       
       Ja! Mein Wolf ist natürlich auch am Set. Mittlerweile verstehen wir uns
       sehr gut. Ich darf ihn streicheln und unterm Kinn kraulen und manchmal gehe
       ich mit ihm an einer dicken Eisenkette spazieren. Die Trainer bringen ihn
       mit rohem Fleisch zum Schauspielern. Das sieht vermutlich schon manchmal
       komisch aus: Ich, nackt, mit der Socke an, auf der einen Seite. Der Wolf
       auf der anderen Seite und ihm gegenüber Menschen, die mit großen Stücken
       rohem Fleisch wedeln. Das könnte als ziemlich seltsame Kunstperformance
       durchgehen.
       
       26 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marlene Halser
       
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