# taz.de -- Drohender Streik in Italiens Erstliga: Erhöhter Druck
       
       > Fußballitalien ist in heller Aufregung. Es liegt weiter ein Spielerstreik
       > in der Luft. Darüber würden sich vor allem die Fernsehsender ärgern.
       
 (IMG) Bild: Präsident der Spielergewerkschaft AIC, Damiano Tommasi: "Wir spielen nicht, wenn der Vertrag nicht unterschrieben ist!"
       
       Ein Trainer kettet sich am Verbandstor an. Ein Sportdirektor rät den
       Fußballern zu einer "Spar-Yacht" für nur 1,95 Millionen Euro. Ein Politiker
       versteigt sich zu Drohgebärden. Und eine Sportzeitung macht einen Kniefall.
       Kurz vor dem avisierten Beginn der neuen Saison ist Fußballitalien in
       heller Aufregung, weil dem ersten Spieltag wegen Streikgefahr eine
       Verschiebung blüht.
       
       "Streikt nicht!", bettelte die Gazzetta dello Sport auf ihrer Titelseite am
       Donnerstag. Ganz überraschend hat sich in Italien die Wahrscheinlichkeit
       eines Streiks in der Serie A erhöht. Wollten zunächst die Profis dem neuen
       Rahmenvertragswerk, das seit einem guten Jahr auf Eis liegt, nicht
       zustimmen, so blockierten am Mittwochabend die Vereine.
       
       ## Kein Spielraum für Verhandlungen?
       
       Die Fronten sind verhärtet. "Ich sehe keinen Spielraum für Verhandlungen",
       sagte am Donnerstagmorgen Liga-Präsident Maurizio Beretta, bevor er sich zu
       - na klar - Verhandlungen zurückzog. "Wir spielen nicht, wenn der Vertrag
       nicht unterschrieben ist", machte der Präsident der Spielergewerkschaft
       AIC, Damiano Tommasi, seine Position klar und versuchte gleichzeitig, die
       Tifosi zu beruhigen: "Was macht es denn, wenn der erste Spieltag verschoben
       wird? Da haben die Mannschaften eine Woche mehr Vorbereitungszeit."
       
       Ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Vor allem den Sendern Sky
       und Mediaset, die in diesen Wochen verstärkt um Abonnenten werben, käme
       eine Verschiebung ungelegen. Weil die TV-Rechte mehr als 60 Prozent des
       Budgets aller Serie-A-Klubs ausmachen, haben sie durchaus Einfluss.
       Angesichts des Manipulationsskandals hatte Sky im Frühjahr bereits mit
       einer Kürzung der Zahlungen gedroht, wenn die "Qualität des Produkts" nicht
       aufrechterhalten werden kann. Der Druck der Sender könnte zum Zünglein an
       der Waage werden.
       
       Momentan fetzen sich die Kontrahenten aber noch. Die Vereinspräsidenten
       wollen unbedingt in das neue Vertragswerk den Passus einfügen, dass die
       Spieler allein verantwortlich für das Abführen der von Finanzminister
       Tremonti vorgeschlagenen Besserverdienendensteuer von de facto 5 Prozent
       sind. "Es kommt gar nicht infrage, dass die Vereine das bezahlen. Das ist
       Sache der Spieler. Da können sie ihr Leben lang streiken", polterte Milans
       Vizepräsident Adriano Galliani. Der Lega-Nord-Politiker Roberto Calderoli
       drohte gar: "Diese Kaste der Verwöhnten soll aufpassen, dass wir ihr nicht
       die doppelte Steuer aufbrummen."
       
       ## Steuern und geteilte Trainingsgruppen sind Ursache des Streits
       
       ## 
       
       Inzwischen hat die AIC eingewilligt, dass die Spieler die Steuern zahlen.
       In dem Kompromisspapier vom Mittwoch fehlte aber die Verpflichtung, was die
       Wut der Klubverantwortlichen auslöste. "Die Spieler sollen sich keine Yacht
       für 2 Millionen Euro, sondern eine für 1,95 Millionen kaufen oder am besten
       gleich mit einem einfachen Boot fahren, so wie ich eines habe", tönte
       Parmas Sportdirektor Pietro Leonardi.
       
       Der zweite Streitpunkt betrifft den Versuch der Vereine, die Kader in
       unterschiedliche Trainingsgruppen aufzuteilen. Das solle streng nach
       trainingsmethodischen Vorstellungen geschehen, versichern sie. Die Profis
       und ihre Vertreter vermuten aber, dass vor allem die Spieler aussortiert
       werden sollen, für die der Verein keine Verwendung mehr hat. Sie fürchten
       ein Absinken des Marktwertes dieser Spieler sowie Mobbinggefahr.
       
       Tatsächlich hat sich in den letzten beiden Jahren der Druck auf Spieler,
       einen Vereinswechsel zu schlechteren Konditionen anzunehmen, signifikant
       erhöht. Die Klubs, die wegen des Financial Fairplay nur Geld ausgeben
       dürfen, das sie auch verdient haben, versuchen durch Verkäufe - und das
       Wegfallen der in besseren Zeiten vereinbarten Gehaltszahlungen - Spielraum
       zu gewinnen. Doch weil die potenziellen Käufer ebenso sehr aufs Geld achten
       und die Spieler eher nicht zu Gehaltsabstrichen zu bewegen sind, gibt es
       einen Stau auf den Trainingsplätzen. Der aktuelle Konflikt ist eine direkte
       Folge der Verschwendungspolitik der Vergangenheit. Ein wenig unterzugehen
       in der Aufregung um Steuerlast und Trainingsgruppen drohte ein echter
       Kardinalfehler des neuen Vertragswerks.
       
       Für die unteren Ligen wurde die Verpflichtung gestrichen, nur ausgebildete
       und dem Verband angehörige Trainer zu beschäftigen. Aus Protest dagegen
       kettete sich der Präsident der Trainervereinigung AIAC, Renzo Ulivieri, am
       Sitz des Verbandes an. Das ist doch einmal eine starke Geste. Ulivieri
       verfügt als ehemaliger kommunistischer Kader eben über ein breiter
       angelegtes Protest-Know-how als die Spieler, die sich nur vertreten lassen.
       
       25 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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