# taz.de -- Krieg in Libyen: Kampfjets schießen auf Gaddafi-Bunker
       
       > Britische Kampfjets schießen auf den Gaddafi-Bunker. Amnesty
       > International beschuldigt beide Seiten der Folter und die Bundesregierung
       > schließt den Einsatz der Bundeswehr nicht aus.
       
 (IMG) Bild: Die Kämpfe in Tripolis dauern an: Rebellen im Viertel Abu Salim.
       
       TRIPOLIS/BERLIN afp/dapd/dpa/rtr | Britische Kampfjets haben einen Bunker
       in Sirte, der Heimatstadt des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi,
       beschossen. Das teilte das Verteidigungsministerium am Freitag in London
       mit. Die Tornados seien aus der englischen Stadt Norfolk gestartet. Es gebe
       keine Hinweise darauf, dass Gaddafi selbst zum Zeitpunkt des Angriffs in
       dem Bunker gewesen sei, hieß es in einem Bericht des Senders BBC.
       
       In dem Bunker sei eine Kommando- und Kontrollzentrale untergebracht
       gewesen. Mit dem Angriff habe man sicherstellen wollen, dass es keine
       andere Befehlszentrale des Regimes außerhalb der Hauptstadt Tripolis gibt,
       sagte Verteidigungsminister Liam Fox der BBC.
       
       Es sei "verfrüht", anzunehmen, dass die Kämpfe in Libyen vorbei seien,
       sagte Fox dem Sender Sky News. Es gebe weiterhin Widerstand. "Es ist
       wichtig, dass wir dem Regime die Möglichkeit nehmen, Gegenangriffe auf den
       Übergangsrat zu unternehmen.".
       
       ## Nationaler Übergangsrat nimmt Arbeit in Tripolis auf
       
       Der Übergangsrat der libyschen Rebellen verlegt nach eigenen Angaben seinen
       Sitz von Bengasi nach Tripolis. Die Gefangennahme des früheren Machthabers
       Muammar Gaddafi sei dafür keine Vorbedingung, sagte der für Finanzen und Öl
       zuständige Vertreter des Rates, Ali Tarhuni am Donnerstagabend. "Gaddafi
       ist im Grunde in der Kanalisation, zieht von einem Abwasserkanal in den
       anderen", fügte er hinzu. "Wir können mit dem Wiederaufbau unseres Landes
       beginnen."
       
       Tarhuni kündigte an, dass der Präsident des Übergangsrates, Mustafa Abdel
       Dschalil nach Tripolis kommen werde, sobald die Sicherheitslage dies
       zulasse. Am Donnerstag waren bereits acht Ratsmitglieder in der Hauptstadt
       eingetroffen, darunter die Verantwortlichen für Gesundheit, Kommunikation,
       Inneres, Justiz und Verteidigung. Am Freitag sollten sechs weitere
       Mitglieder dort eintreffen. Tarhuni appellierte während einer
       Pressekonferenz auch an die Anhänger des abgetauchten Machthabers Muammar
       el Gaddafi, die Waffen niederzulegen. Sie müssten keine Rache fürchten und
       würden nach dem Gesetz behandelt.
       
       ## Sirte neues Ziel der Rebellen - weiter schwere Kämpfe in Tripolis
       
       ## 
       
       Weiter erklärte die libysche Rebellenbewegung, eines ihrer Hauptziele sei
       nun Gaddafis Geburtsstadt Sirte, rund 400 Kilometer von Tripolis entfernt.
       Sie rief die Einwohner der Stadt auf, ihre Stadt kampflos zu übergeben. Im
       Gegenzug dafür sollten nur Rebellenkämpfer aus Sirte in die Küstenstadt
       einrücken, hieß es in einer Erklärung, die die Rebellen am Freitag im
       Internet verbreiteten. "Wir wollen kein Blutvergießen in der Stadt", hieß
       es darin. "Warum all das? Um Gaddafi und seine Söhne an der Macht zu
       halten? Wacht auf!"
       
       Unterdessen dauern die Kämpfe in der Hauptstadt Tripolis an, Aufständische
       und Regierungstruppen lieferten sich am Donnerstag schwere Gefechte.
       Reporter der Nachrichtenagentur AP berichteten aus dem Stadtviertel Abu
       Salim, es habe schwere Explosionen gegeben.
       
       Der frühere Revolutionsführer Gaddafi, dessen Aufenthaltsort weiterhin
       unbekannt ist, rief in einer Audiobotschaft seine Anhänger erneut zum Kampf
       "gegen die Ratten" auf. "Nehmt die Dächer ein, die Moscheen, die
       Seitenstraßen; es gibt keinen sicheren Ort für die Feinde", sagte er in der
       vom Fernsehsender Al-Ouraba TV, einer Satellitenstation mit Sitz in Syrien,
       ausgestrahlten Botschaft.
       
       ## UN geben 1,5 Milliarden Dollar für Libyen frei
       
       In New York haben die Vereinten Nationen eine Milliardensumme aus dem in
       den USA eingefrorenen Vermögen des Gaddafi-Regimes für Libyen freigegeben.
       Nach der Einigung zwischen den USA und Südafrika am Donnerstag beschloss
       das UN-Sanktionskomitee die Freigabe von 1,5 Milliarden Dollar (mehr als
       eine Milliarde Euro). Das Geld soll nach dem Willen Washingtons zu je einem
       Drittel an den Übergangsrat, in die internationale humanitäre Hilfe für
       Libyen und in einen Hilfsfonds fließen, aus dem Treibstoff und andere
       dringend benötigte Güter finanziert werden sollen. Südafrika, das den
       libyschen Nationalen Übergangsrat nicht anerkannt hat, hatte eine Freigabe
       bis dato blockiert. Auch Italien bereitet die Freigabe von 505 Millionen
       Dollar des im Land eingefrorenen Gaddafi-Vermögens vor.
       
       ## Bundesregierung schließt Einsatz von Bundeswehr nicht aus
       
       Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) rechnet nach eigenen
       Angaben nicht mit einer Anfrage zur Beteiligung deutscher Soldaten an einem
       internationalen Stabilisierungeinsatz in Libyen. "Ich gehe davon aus, dass
       die künftige libysche Regierung selbst für die Sicherheit im Land sorgen
       kann und dazu keine Hilfe von außen braucht", sagte de Maizière dem
       "Tagesspiegel" vom Freitag. Ein von manchen westlichen Beobachtern
       vorhergesagter Bürgerkrieg drohe "glücklicherweise wohl nicht".
       
       Dagegen wollte der parlamentarische Staatssekretär im
       Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), einen Bundeswehreinsatz
       in Libyen nicht ausschließen. "Es kann sein, wenn die Vereinten Nationen,
       die EU oder die NATO das für notwendig halten, dass man zu
       Stabilisierungshilfe auch mit militärischen Elementen aufgefordert wird.
       Natürlich würden wir dann im Rahmen unserer eigenen Interessen und unserer
       internationalen Verantwortung nicht abseits stehen können," sagte Schmidt
       der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
       
       Er warnte dabei vor einer deutschen "Ausschließeritis". Zwar dürfe ein
       möglicher Stabilisierungseinsatz keine "reine NATO-Aktion" sein, sagte
       Schmidt. Vielmehr müsse dann "die arabische und nordafrikanische
       Nachbarschaft" Verantwortung übernehmen. "Aber wenn die NATO gefordert ist,
       dann sind auch wir gefordert", sagte Schmidt.
       
       ## Amnesty International beschuldigt beide Seiten in Libyen der Folter
       
       Im Libyen-Konflikt hat Amnesty International beiden Konfliktparteien Folter
       vorgeworfen und die Anerkennung der Rechte von Gefangenen gefordert. Die
       Truppen des langjährigen Machthabers Muammar el Gaddafi beschuldigte die in
       London ansässige die Menschenrechtsorganisation am Freitag unter Berufung
       auf eine Delegation vor Ort, gefangen genommene Jungen im Gefängnis Abu
       Slim in Tripolis seien von Wärtern vergewaltigt worden. Insgesamt seien
       während des Konflikts tausende Männer nach Festnahmen durch die
       Gaddafi-Truppen verschwunden, darunter auch unbewaffnete Zivilisten. Einige
       seien zuletzt freigekommen und hätten von Folter, schlechter Behandlung und
       Hinrichtungen in den Gefängnissen von Sirte und Tripolis berichtet.
       
       Den Rebellen warf die Menschenrechtsorganisation vor, ihre Gefangenen unter
       äußerst problematischen Bedingungen festzuhalten. Beispielsweise würden 125
       Menschen in einer einzigen Zelle eingesperrt, ohne dass sie sich dort
       hinlegen oder bewegen könnten. Ein 14-Jähriger gab an, ein Rebellenkämpfer
       habe ihm ins Knie geschossen und anschließend mit Gewehren verprügelt,
       nachdem er sich zuvor als Freiwilliger für die Gaddafi-Truppen gemeldet
       hatte. Zudem hielten die Rebellen zahlreiche angebliche Söldner Gaddafis
       aus Schwarzafrika fest, die nach eigenen Angaben jedoch Gastarbeiter seien
       und lediglich aufgrund ihrer Hautfarbe gefangen genommen worden seien,
       erklärte die Organisation unter Berufung auf Zeugenaussagen. Die Rebellen
       hätten ihnen mit ihrer "Beseitigung" oder der Todesstrafe gedroht.
       
       26 Aug 2011
       
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