# taz.de -- Bombenanschlag in Nigeria: UN-Zentrale im Visier des Terrors
       
       > Bei einem Bombenanschlag auf das UN-Gebäude in der Hauptstadt Abuja gab
       > es zahlreiche Tote und Verletzte. Radikale Islamisten haben ihre
       > Anschläge in jüngster Zeit ausgeweitet.
       
 (IMG) Bild: Mehrere Menschen würden getötet, einige verletzt: Bombenanschlag in Nigeria.
       
       COTONOU taz/dpa | Es ist ein schreckliches Bild, das sich rund um das
       Hauptquartier der Vereinten Nationen in der nigerianischen Hauptstadt Abuja
       auftut. Die unterste Etage des Hochhauses mitten im Diplomatenviertel
       unweit der US-Botschaft ist weitgehend zerstört. Auch am Nachmittag wird in
       den Trümmern weiter nach Opfern gesucht. Die Zahl der Toten wird erst auf
       "mehrere", dann auf "mindestens 10", dann auf 18 geschätzt, es können auch
       noch mehr werden.
       
       "Fürchterlich", beschreibt ein Augenzeuge, der in letzter Minuten aus dem
       Gebäude fliehen konnte, die Ereignisse. "Ich war gerade auf der Toilette,
       als ich es knallen hörte. Aber ich konnte noch flüchten." Auf dem Weg nach
       draußen rannte er an Leichen vorbei, an blutüberströmten Menschen. Ein
       anderer Augenzeuge bestätigt: "Entsetzlich ist das gewesen." Und eine Frau,
       die glücklicherweise unverletzt geblieben ist, kann nur noch eins: weinen.
       Worte findet sie nicht.
       
       Gegen 11 Uhr fuhr ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter mit einem Auto in
       das Gebäude, Sekunden später explodierte es. Doch warum ausgerechnet die
       Vereinten Nationen? Für den katholischen Erzbischof von Abuja, John
       Onayelan, ergibt all das keinen Sinn. "Es ist eine ganz neue Dimension, die
       wir bislang nicht kennen. Es gibt keinen Grund, ausgerechnet die UN
       anzugreifen", sagt er. Spekulieren, wer hinter den Anschlägen stecken
       könnte, will er nicht.
       
       Ein Name wird allerdings überall in Nigeria genannt: Boko Haram. Es ist die
       gefürchtete islamistische Sekte, deren Name "Westliche Bildung ist Sünde"
       bedeutet. Seit Monaten ist sie für unzählige Anschläge in Afrikas
       Riesenstaat mit gut 150 Millionen Einwohnern verantwortlich. Die
       Handschrift passt auch diesmal: Ganz ähnlich wie jetzt auf dem UN-Gelände
       sah es in Abuja auch vor gut 8 Wochen aus, als ein Selbstmordattentäter auf
       dem Parkplatz des Polizeihauptquartiers eine Bombe zündete, wozu sich die
       Sekte bekannte. Damals galt die Form des Anschlags als ungewöhnlich, hatte
       Boko Haram doch zum ersten Mal ein Gebäude in der Hauptstadt ins Visier
       genommen.
       
       ## Anlass für weitere Angriffe
       
       Bis Freitagnachmittag ist allerdings noch kein Bekennerschreiben der Gruppe
       zu dem Anschlag auf die UNO aufgetaucht. Auch Nigerias neuer
       Gesundheitsminister Muhammad Ali Pate will sich nicht äußern. Unmittelbar
       nach der Explosion ist er am Ort des Geschehens. "Eine Tragödie ist es.
       Aber mehr habe ich im Moment nicht zu sagen." Wohl auch um die angespannte
       Lage nicht noch weiter zuzuspitzen. Denn dann könnte es tatsächlich zum
       Chaos kommen, wie Erzbischof Onayelan befürchtet. Der Anschlag könnte
       Anlass für weitere Angriffe sein, warnt er, ohne genauer zu sagen, was er
       damit meint. Gewalt zwischen islamischen und christlichen Gruppen hat in
       Nigeria in den vergangenen Jahren tausende Tote gefordert.
       
       Wenn es wirklich Boko Haram gewesen ist, dann macht die Sekte ihrem Namen
       alle Ehre. Denn sie will einen islamischen Staat einrichten. Westliche
       Organisationen wie die Vereinten Nationen haben dort nichts zu suchen.
       Experten mutmaßen, Boko Haram habe bereits Verbindungen zu al-Qaida
       geknüpft.
       
       Damit will sich Nigerias Politik allerdings nicht abfinden. In den Monaten
       seit Nigerias Wahlen im April hatten verschiedene Politiker Boko Haram
       regelmäßig zu Gesprächen aufgefordert. Sie schlugen beispielsweise ein
       Amnestieprogramm vor. Präsident Goodluck Jonathan richtete eine Kommission
       ein, um Sektenführer mit Staatssicherheit und Politikern an einen Tisch zu
       bringen. Mitte August wollte er erste Erfolge präsentieren.
       
       Im ersten Moment sah es beinahe so aus, als würden die Führungsmitglieder
       von Boko Haram darüber nachdenken. Doch in jüngster Zeit gab es wieder mehr
       Angriffe. Am Donnerstagmittag überfiel gut ein Dutzend maskierter Täter
       eine Bank und das Verwaltungszentrum in Gombi im Bundesstaat Adamawa; laut
       Medienberichten starben dabei 32 Menschen.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte in einem Schreiben an
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon betroffen auf die Bluttat. Die
       Bundesregierung verurteile den Anschlag mit aller Entschiedenheit. Nigeria
       leidet seit langem unter der Gewalt zwischen Muslimen und Christen.
       
       26 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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