# taz.de -- Kommentar Wikileaks: Neue Technik, neue Risiken
       
       > Ein Leak ist bei den Leakern selbst an die Öffentlichkeit gelangt. Das
       > zeigt, dass auch hinter guter Technik alltägliche Risiken lauern. Lassen
       > sollten wir das Leaken trotzdem nicht.
       
       Das neue Verb "leaken" versetzt Journalisten in Aufregung. Und nicht nur
       sie. Regierungen protestieren, Menschenrechtler diskutieren. Denn wenn zum
       Beispiel Dokumente aus Diktaturen an die Öffentlichkeit gelangen, ist große
       Sorgfalt vonnöten. Sonst sind die Informanten in tödlicher Gefahr.
       
       Die schockierenden Bilder und Informationen aus den Kriegen im Irak und in
       Afghanistan, geliefert durch die Website Wikileaks, gaben in der Diskussion
       den Ausschlag: Enthüllungsplattformen im Internet liefern vertrauliche
       Nachrichten im Dutzend, und die Mächtigen werden besser kontrolliert, so
       die mehrheitliche Hoffnung der Beobachter.
       
       Nun ist ein Leck bei den Leakern selbst an die Öffentlichkeit gelangt.
       Steht das Leaken nun in einem anderen, schlechteren Licht da? Aktuell geht
       es um 250.000 geheime Depeschen der US-Regierung. Sie stehen jetzt mit
       vielen Klarnamen im Netz, obwohl die beteiligten Medien und Wikileaks das
       nicht wollten. Aber Vorsicht mit schnellen Urteilen: Bereits vorher waren
       diese Informationen einer halben Million Menschen innerhalb der
       US-Regierung und des Militärs regulär zugänglich. Dort hat jeder
       Geheimdienst, der etwas auf sich hält, seine Spitzel. Das dürfte den
       wenigsten Informanten klar gewesen sein. Hier hat also Wikileaks durchaus
       für nötige Aufklärung gesorgt, die Informanten waren vorher schon
       gefährdet. Auch die politische Öffentlichkeit profitierte von Detailwissen
       über arabische Diktatoren, Waffendeals oder Klatsch aus deutschen Parteien.
       
       Nun allerdings sind die Klarnamen der US-Gesprächspartner jedem
       Interessierten, jedem Verrückten, jedem Terroristen zugänglich. Das ist
       eine ganz andere Qualität. Es multipliziert die Gefährdung der Informanten.
       
       Der Fehler passierte anscheinend durch eine Kombination von
       Missverständnissen, bei den veröffentlichenden Journalisten wie auch bei
       den Leak-Spezialisten, beides erfahrene Profis auf ihrem Gebiet. Das zeigt:
       Neue Technik hin oder her, Fehler passieren, Menschen können nicht den Mund
       halten. Im Internetzeitalter allerdings erfährt das dann die halbe Welt,
       nicht nur eine Gruppe von Menschen. Sollten wir deshalb die Finger vom
       Leaken lassen? Nein. Denn die Technik hat viel gebracht und offensichtlich
       ganz neue Kreise von Informanten erschlossen. Alle Beteiligten müssen sich
       nur im Klaren sein, dass hinter der hippen Technik alltägliche Risiken
       lauern.
       
       1 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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