# taz.de -- Libyen-Konferenz in Paris: Gaddafi-Milliarden für Rebellen
       
       > Der Westen hat dem libyschen Übergangsrat Unterstützung zugesagt. Gelder
       > fließen, aktue Hilfe wurde auf der Konferenz versprochen. Nur die
       > Afrikanische Union ist zurückhaltend.
       
 (IMG) Bild: Gastgeber der Konferenz: Großbritanniens Premier David Cameron (l.) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.
       
       PARIS/ TRIPOLIS dpa/afp | Libyen kann auf seinem Weg in eine neue Zukunft
       auf breite Unterstützung der Weltgemeinschaft setzen. Vertreter von rund 60
       Staaten und internationalen Organisationen versprachen den neuen
       Machthabern am Donnerstagabend in Paris Hilfe beim Wiederaufbau des Landes.
       Eingefrorene Gelder des alten Gaddafi-Regimes sollen rasch bereitgestellt
       werden.
       
       Deutschland wird der neuen libyschen Führung eine Milliarde Euro aus
       bislang eingefrorenen Geldern des alten Regimes zur Verfügung stellen. Die
       Vereinten Nationen hätten die Gelder freigegeben, sagte Bundeskanzlerin
       Angela Merkel nach der Libyen-Konferenz in Paris.
       
       Nach Angaben des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der zusammen
       mit dem britischen Premier David Cameron zu der Konferenz im Élysée-Palast
       eingeladen hatte, sind mittlerweile insgesamt rund 15 Milliarden Dollar
       (circa 10 Milliarden Euro) libyscher Gelder freigegeben.
       
       Der Gaddafi-Clan verfügte bis zum Bürgerkrieg über ein riesiges Vermögen im
       Ausland. Allein in Deutschland wurden nach der Verhängung der UN-Sanktionen
       rund 7,3 Milliarden Euro eingefroren. Weltweit sind es schätzungsweise
       mehrere Dutzend Milliarden Euro.
       
       ## Eilanträge
       
       Um einen raschen Wiederaufbau in Libyen zu ermöglichen, sollen die durch
       Sanktionen eingefrorenen Gelder nun so schnell wie möglich wieder
       freigegeben werden. Etliche Staaten wie Deutschland, Frankreich,
       Großbritannien und die USA bemühen sich derzeit darum, der
       Übergangsregierung zumindest Teilbeträge zur Verfügung zu stellen. Eine
       komplette Freigabe der Gelder verhindern derzeit noch die UN-Sanktionen.
       Teilzahlungen können aber durch Eilanträge bewilligt werden.
       
       Merkel sprach sich dafür aus, die Sanktionen gegen Libyen schnell
       aufzuheben. "Ich habe das unterstützt", sagte die Kanzlerin. Man müsse
       wieder eng und ganz normal zusammenarbeiten können. Die Kanzlerin sagte den
       Libyern zu, bei der Ausarbeitung einer Verfassung zu helfen. "Ich habe
       angeboten, dass wir mit unserer Erfahrung einer deutschen Diktatur auch
       helfen können, Vergangenheit friedlich aufzuarbeiten", erklärte Merkel.
       
       ## Infrastruktur
       
       Darüber hinaus will sich Deutschland vor allem beim Wiederaufbau
       engagieren. "Unsere konkrete Hilfe kann darin bestehen, dass wir sehr akute
       Hilfe leisten was Krankenhäuser anbelangt, was die Wasserversorgung
       anbelangt, was Transporte anbelangt", sagte Merkel. Längerfristige Hilfe
       sei beim Aufbau der Infrastruktur möglich.
       
       Die Afrikanische Union (AU) will den Nationalen Übergangsrat der Rebellen
       hingegen vorerst noch nicht als neue libysche Führung anerkennen. Die
       Führung der Aufständischen habe zwar zugesichert, afrikanische Arbeiter in
       dem Land mit Repressalien zu verschonen, sagte AU-Kommissionspräsident Jean
       Ping nach der Libyen-Konferenz. Die Einhaltung dieses Versprechens solle
       zunächst abgewartet werden. Die Bekenntnisse des Übergangsrats, nach dem
       Ende der Herrschaft von Muammar el Gaddafi den Weg der Versöhnung
       einschlagen zu wollen, seien aber "ermutigend", ergänzte AU-Sprecher
       Noureddine Mezni.
       
       Problematisch ist die Lage von Angehörigen anderer afrikanischer Staaten in
       Libyen vor allem wegen des Einsatzes von ausländischen Söldnern im Dienste
       Gaddafis. Laut Mezni sicherte der Übergangsrat auf der Pariser Konferenz
       aber zu, die afrikanischen Arbeiter zu schützen, die fälschlicherweise für
       Söldner gehalten werden könnten.
       
       ## UN-Präsenz in Libyen
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich in Paris für eine UN-Präsenz in
       Libyen aus. "Ich werde eng mit dem Sicherheitsrat zusammenarbeiten, um ein
       Mandat für eine UN-Mission zu entwerfen. Der Einsatz sollte so bald wie
       möglich beginnen", sagte Ban laut Redemanuskript.
       
       Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen unterstrich, dass das
       Militärbündnis entschlossen sei, den Libyen-Einsatz fortzuführen, solange
       es dort Angriffe und Bedrohungen gebe, "jedoch keinen Tag länger als
       nötig". Er unterstrich die erfolgreiche Umsetzung des UN-Mandats. "Gleich
       von Beginn an hat unser Einsatz das libysche Volk geschützt", sagte
       Rasmussen. "Wir haben es geschafft, ein Massaker zu verhindern, und
       zahllose Leben wurden gerettet."
       
       ## Gaddafis Audiobotschaften
       
       Doch während sich der Übergangsrat in Libyen um eine Stabilisierung der
       Lage bemüht, zeigt sich der untergetauchte Diktator Muammar al-Gaddafi
       weiter kämpferisch. In zwei kurz aufeinanderfolgenden Audiobotschaften rief
       er seine Anhänger aus seinem Versteck zum Kampf auf.
       
       "Bereitet euch auf eine lange Schlacht vor", rief Gaddafi seinen Anhängern
       laut dem arabischen Sender Al-Dschsira in einer am Donnerstagabend vom
       syrischen Al Rai TV ausgestrahlten Audiobotschaft zu. Es war das zweite Mal
       innerhalb weniger Stunden, dass er sich zu Wort meldete. "Wir werden in
       jedem Tal, in jeder Straße, in jeder Oase und jeder Stadt kämpfen", habe
       Gaddafi mit Blick auf die Stämme in seiner Geburtsstadt Sirte und der
       Wüstenstadt Bani Walid gesagt. Letztere gilt als mögliches Versteck des
       69-Jährigen und seines Sohnes Saif al-Islam Gaddafi.
       
       Gaddafi warf den "imperialistischen Mächten" vor, das libysche Volk
       unterjochen und sich seiner Bodenschätze bemächtigen zu wollen. "Wir
       sterben lieber als uns unter westliche Kontrolle zwingen zu lassen",
       zitierte Al-Dschasira aus Gaddafis zweiter Audiobotschaft. Wenige Stunden
       zuvor hatte er seine Anhänger in einer ersten Tonbandaufnahme bereits
       aufgerufen, das "Land zu befreien". "Geht, greift zu den Waffen und
       kämpft", rief Gaddafi am 42 Jahrestag seiner Machtergreifung.
       
       ## Wann fällt Sirte?
       
       Derzeit versuchen die libyschen Rebellen, Sirte ohne Blutvergießen unter
       ihre Kontrolle zu bringen. Ein Ultimatum, wonach sich die letzten
       Gaddafi-Getreuen in der 75.000 Einwohner-Stadt bis Samstag ergeben sollen,
       wurde nach Medienberichten um eine Woche verlängert.
       
       Sirte ist die letzte libysche Stadt entlang der Küste von der Grenze zu
       Ägypten bis nach Tunesien, die noch nicht in Hand der Rebellen ist. Über
       weite Teile des dünn besiedelten Südens haben sie dagegen noch keine
       Kontrolle.
       
       2 Sep 2011
       
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