# taz.de -- Neues polnisches Boulevardblatt: Warnung vor geteiltem Vaterland
       
       > Wilde Theorien, gewollte Missverständnisse und vor allem Endzeitstimmung:
       > Eine neue polnische Zeitung will partout Auflage machen.
       
 (IMG) Bild: Was das wohl wieder zu bedeuten hat? Der polnische und der deutsche Präsident als Wassermelonen.
       
       WARSCHAU taz | Die erste Nummer des neuen polnischen Boulevardblatts Gazeta
       Polska codziennie - "tägliche Polnische Zeitung" - wirkt, als hätte der
       rechtsnationale Chefredakteur Tomasz Sakiewicz Angst vor seiner Aufgabe
       bekommen, so bieder wirkt es.
       
       Auf 16 Seiten gibt es Klatsch, der höchst ideologisch und von
       Untergangsstimmung getragen wird. Schon auf der Titelseite irritieren Bild
       und Schlagzeile: Ein bekümmert dreinsehender Präsident Bronislaw Komorowski
       blickt auf den fett und rot gedruckten Satz: "Er ging in den Knast".
       
       Erst bei näherem Hinsehen klärt sich das offenbar gewollte Missverständnis
       auf. Irgendjemand, so erfährt der Leser nun in einem schwarzen Balken mit
       dünnen roten Lettern, habe Dokumente in der Hand, die den amtierenden
       Präsidenten belasten würden. Verhaftet wurde also nicht der Präsident,
       sondern ein "Mitarbeiter der Geheimdienste", dem Präsident Komorowski
       angeblich 100.000 Zloty für eine Information zahlen wollte.
       
       Erst auf Seite drei klärt sich in einem verschwurbelten Text, dass es sich
       bei dem "Geschäftsmann" um einen verhafteten Zigarettenschmuggler handelt,
       der in seiner Zeit als Geheimdienstmitarbeiter offenbar kistenweise
       Dokumente nach Hause schaffte. "Er hatte Papiere gegen den Präsidenten in
       der Hand", heißt es um Text, "jetzt sitzt er im Gefängnis."
       
       ## Sex, Crime, Sport - das übliche Spektrum
       
       Der Verlag, der bereits die rechtsnationale Wochenzeitung Gazeta Polska -
       "Polnische Zeitung" - herausgibt, strebt mit dem Boulevardblatt eine
       Druckauflage von 220.000 Exemplaren und eine verkaufte Auflage von 120.000
       bis 150.000 an. Rentieren würde sich das Projekt aber schon bei 60.000
       Exemplaren, so Chefredakteur Sakiewicz.
       
       Für den Erfolg will der Verlag im ersten Jahr umgerechnet 2,2 bis 5
       Millionen Euro einsetzen. Ob es der Gazeta Polska gelingt, den
       Boulevardblättern Fakt (Springer) und Superexpress (Murator) Leser
       abzuwerben, scheint fraglich. Beide decken das übliche Spektrum von Sex,
       Crime und viel Sport ab. Die Auflagen liegen auf 379.000 (Fakt) und 170.000
       Exemplaren (Superexpress).
       
       Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, versuchen es die Gazeta Polska
       codziennie-Redakteure also mit wilden Theorien. So glaubt der konservative
       Schriftsteller Jaroslaw M. Rymkiewicz auf Seite 8, es stehe eine neue
       Teilung Polens bevor, und warnt deswegen vor den Feinden seiner Heimat, die
       jetzt noch im Dunkeln agierten.
       
       Mit ähnlichen Verschwörungstheorien konnte die Wochenzeitung Gazeta Polska
       ihre Auflage innerhalb eines Jahres um fast 100 Prozent steigern und zur
       sechstgrößten Wochenzeitung Polens aufsteigen. Dennoch geht der
       Medienexperte Wieslaw Godzic von der Warschauer Hochschule für
       Sozialpsychologie davon aus, dass das Boulevardblatt kurz nach den
       Parlamentswahlen am 9. Oktober wieder vom Markt verschwindet: "Ich denke,
       es wird ein Flop."
       
       9 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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